Restaurierung eines Röhrenradios Luxor Applåd 3891W

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Restaurierung und Reparatur eines Röhrenradios Luxor Applåd 3891W

Auf einem Flohmarkt kaufte ich ein Röhrenradio Luxor Applåd 3891W, welches als defekt beschrieben wurde. Nachfolgend der Bericht über die Reparatur und Restaurierung, die ein schönes Beispiel dafür ist, wie kleine Defekte durch Schmutz und geringen Verschleiß große Wirkungen zeigen könnten. Der rissige Lack des Holzgehäuses ließ sich mit wenig Aufwand wieder aufpolieren. Fast alle Bilder können durch einen Mausklick auf das entsprechende Foto in sehr hoher Auflösung betrachtet werden!

Das Wichtigste in Kürze: Die Hauptschwierigkeit war der defekte Tastensatz. Ein Einsprühen mit Tunerspray (Markenprodukt für TV-Tuner) erzeugte Kriechströme, die sämtliche AM-Bereiche lahmlegten. Der Tastensatz musste danach mit viel Elektronikreiniger entfettet werden. Danach klemmte auf Grund der fehlenden Schmierung die Mechanik, welche mit ganz wenig Silikonöl wieder gängig gemacht werden musste. Nur Silikonöl war das einzig geeignete Schmiermittel, da es keine Kriechströme erzeugte. Ein Kontakt wurde durch Verkohlung des Pertinax unbrauchbar und musste mit Hilfe einer Relaisschaltung ersetzt werden. Da die Mechanik ausgeleiert war, rutschten die beweglichen Kontaktträger manchmal zu weit heraus, was die AM-Bänder ebenfalls lahmlegte. Eine nachträglich eingebaute Kunststoffplatte verhinderte dies. Es hat sehr viele Stunden gebraucht, um das alles herauszufinden.

Röhrenbestückung: ECC85, ECH81, EBF89, EBF89, ECL82, EM80
Wellenbereiche: Langwelle, Mittelwelle, Kurzwelle, UKW 87 – 108 MHz.
Baujahr: 1958
Damaliger Preis: 335.- schwedische Kronen
Hersteller: Luxor AB, Schweden
Reparaturverlauf: http://www.wumpus-gollum-forum.de/forum/

Die genaue Bezeichnung des Radios lautet Luxor 3891W, Baujahr 1958, damaliger Listenpreis 335,- Kronen. Ein Angestellter hatte damals etwa 1000 Kronen nach Steuern verdient. Ich habe mal im Internet geforscht und festgestellt, dass viele nach dem Schaltbild vergebens gesucht haben. Das Radio habe ich auch im Radiomuseum von Jönköping entdeckt.

Nach der Reparatur war das Radio auf allen Wellenbereichen empfindlich und trennscharf, weshalb ich auf einen Neuabgleich verzichtete. Ein Netzbrumm war nur bei voll aufgedrehter Lautstärke zu hören. Die Glättungs- und Siebelkos des Netzteils haben demnach noch ausreichende Kapazität.

Für den Betrieb auf UKW muss etwa 1 Meter Draht als Antenne angeschlossen werden. Andernfalls ist nichts zu empfangen. Für den Betrieb auf den AM-Wellenbereichen reichen ein paar Meter Draht als Antenne. In den Abendstunden geht es auch nur mit der Ferritantenne. Ohne angeschlossene Antennen ist das Radio bei schwachen Sendern wie tot. Dies und die Defekte im Tastensatz war wahrscheinlich auch ein Grund, warum das Radio als defekt verkauft wurde.


Das Radio nach der Reparatur und Restaurierung.


Vor der Restaurierung. Auf dem Skalenglas klebt noch das Preisschild, das sich mit Kriechöl aus der Spraydose entfernen ließ.

Das Design und seine Zeit: Die Farbgestaltung ist auch für ein schwedisches Radio eher ungewöhnlich. Die Konstruktion und Befestigung des Skalenglases und die runden Ecken des Gehäuses sind allerdings typisch für schwedische Radios aus dieser Epoche am Ende der 1950er Jahre. Ich nehme an, das Radio war als Zweitgerät gedacht. Ende der 1950er Jahre erlebte Schweden einen ungeahnten Wohlstand mit dem höchsten Lebensstandard in Europa. Alles musste modern sein. Der Fortschrittsglaube war ungebremst. Die Innenstadt Stockholms wurde abgerissen, vollkommen umgestaltet und neu aufgebaut. Viele hatten bereits eine statussymbolträchtige Musiktruhe im Wohnzimmer und zusätzlich noch einen Fernseher, der ab 1956 mit der Einführung des Fernsehens in Schweden Einzug in die Wohnzimmer nahm. Oft stand das Zweitgerät in der Küche. Die Jugendlichen wollten aber auch ein Radio haben und hörten abends gerne ausländische Mitttel- und Kurzwellensender ab. Radio Luxembourg, englische Stationen und AFN waren besonders bei den jüngeren Zuhörern wegen ihrer Musiksendungen beliebt. Das schwedische Radioprogramm war eher konservativ und zu textlastig und hatte mehr die Volksaufklärung zum Wohle der schwedischen Gesellschaft zum Ziel. Dies ist zum Teil auch heute noch so.

Besonderheiten: Die meisten Röhren stammten von Philips und der UKW-Tuner stammte von Telefunken. Dieser UKW-Tuner ermöglicht eine Kurzwellenlupe. Bei Kurzwellenempfang dient der Drehknopf für die UKW-Stationswahl für die Feineinstellung.

Zustand und Reparatur: Das Radio war nach dem Einschalten tot. Der Grund war eine Netzsicherung, die nicht richtig in ihrer Fassung saß. Desweiteren wurde ein NTC-Widerstand (Heißleiter), welcher beim Hantieren zerbrach durch eine Drahtbrücke ersetzt.

Ausbau des Chassis: Dazu sind nur die vier unteren Schrauben am Boden des Chassis zu entfernen. Dann gibt es noch einen oder zwei leicht gebogene Stahlstäbe von etwa 2 mm Durchmesser, die wie eine Feder den oberen Teil der Frontplatte gegen das Gehäuse drücken. Diese zwischen Gehäuse und Fronplatte eingeklemmten Stahlstäbe müssen ebenfalls entfernt werden. Danach kann das Gehäuse mit seiner Frontplatte und dem Lautsprecher nach hinten herausgezogen werden.

Probleme mit der Tastenmechanik: Danach lief das Radio allerdings nur auf UKW. Die anderen Wellenbereiche waren tot. Der Oszillator der ECH81 zeigte keine Schwingungen. Nach einer Reinigung des Tastensatzes mit Elektronikreinigunssspray funktionierten wieder alle Wellenbereiche. Allerdings klemmten die Tasten danach. Ein Schmieren mit Kriechöl machte die Tasten wieder gängig, aber dann fuktionierte das Radio nur noch auf UKW. Deshalb wurden die Kontakte mit Elektronikreinigungsspray wieder vom Kriechöl befreit, einige Kontakte wurden nachgebogen und einige Stellen wurden gezielt mit einigen Tröpfchen Motoröl geschmiert. Danach funktionierte wieder alles einwandfrei. Nur die Mittelwellentaste musste mit dem Öl geschmiert werden. Ohne Öl klemmte sie, wenn von der Stellung "Mittelwelle" das Radio ausgeschaltet wurde.

Die endgültige Lösung war wie folgt: Offenbar erzeugten Kriechströme im dreilagig aufgebauten Pertinaxträger die Probleme in Verbindung mit Mineralölen. Der Tastensatz wurde mit reichlich Elektronikreinigungssspray entfettet. Damit der nun klemmende Tastensatz wieder leichtgängig wird, wurde die Mechanik mit wenigen Tropfen Silikonöl geschmiert.

Da später zwischen zwei Kontakten das Pertinax verkohlte und eine leitende Brücke bildete, musste als Ersatz ein Relais eingebaut werde, wie es weiter unten im Text beschrieben ist.

Magisches Auge: Als Magisches Auge kommt die EM80 zum Einsatz. Sie leuchtete durch den Verschleiß bedingt nur noch schwach. Deshalb habe ich als Notlösung die EM80 mit der Spannung am Ladeelko (250 Volt) versorgt, wodurch sie etwas heller leuchtete.


Das Radio empfängt UKW nach der Restaurierung des Gehäuses mit einer Schellackpolitur. Der volle Klang trotz des kleinen Lautsprechers ist dem Holzgehäuse zu verdanken.

Weitere elektrische Maßnahmen: Die beiden Skalenlampen 7 Volt / 300 mA waren wie üblich durchgebrannt und wurden durch neue ersetzt. Der Koppelkondensator zum Steuergitter der Endpentode wurde als obligatorische Maßnahme ersetzt. Das Netzkabel wurde ausgetauscht.

Mechanik: Alle beweglichen Teile wurden mit Kriechöl behandelt, darunter die Rollen der Seilführung, die Lager des Drehkos und das Potentiometer. Alle Kontakte des Tastensatzes wurden gereinigt, wie bereits beschrieben. auch die Kontakte der Röhrenfassungen und Röhrensockel wurden gereinigt. Der Ferritstab musste mit Alleskleber festgeklebt werden, da er wackelte.

Einstellen der Bremse: Zwei ineinandergesteckte Achsen ermöglichen die unabhänge Frequenzwahl von UKW und den AM-Bändern. Damit sie sich nicht gegenseitig mitschleppen können, ist für die äußere Achse eine Bremse in Gestalt einer Filzpackung vorgesehen. Mit einer Spannschraube kann die Reibunug eingestellt werden. Vorher hatte ich die Filzpackung durch Einsprühen mit Elekronikreiniger entfettet. Mit dem selben Mittel wurde der Spalt zwischen den beiden Achsen von Verharzungen gelöst.


Aufbau der Bremse und die zwei ineinander gestecken Achsen für AM und FM.

Verbesserung der Helligkeit des Skalenglases: Das Skalenglas wird durch zwei seitlich angebrachte Glühbirnen ausgeleuchtet. Die Glühbirnen sitzen in braunen Kunststoffröhrchen, auf den Messingkappen aufgeschraubt sind. Diese Konstruktion habe ich innen mit weißem Lackstift lackiert, damit das Licht besser auf die seitlichen Kanten des Skalenglases reflektiert wird. Der Effekt ist deutlich zu sehen.

Reinigung des Chassis: Das Chassis wurde mit Wattestäbchen, Zahnbürste, Pinseln, kleinen Lappen und Glasreiniger geputzt. Mit einem kleinen Holzstab vom Chinarestaurant kann der Lappen auch schwer zugängliche Ecken erreichen. Die Röhren wurden mit Wattestäbchen und Glasreiniger geputzt, wobei um die Bedruckung zu wischen ist.

Reinigung der Knöpfe und Tasten: Dies geschah mit Zahnersatzreinigungs-Tabletten für die dritten Zähne und einer Zahnbürste. Die Knöpfe der Tastatur wurden ebenso behandelt. Um in die Ritzen zwischen den Tasten zu gelangen, half ein dünner Kunststoffstreifen und ein mit Glasreiniger getränktes Läppchen.

Reparatur einer Kunststofftaste: Das Kunststoffteil der Langwellentaste brach unten aus und musste neu verklebt werden. Ich nahm UHU-Alleskleber. Die Bruchkanten wurden vor dem Verkleben mit Elektronikreiniger entfettet und die Klebestelle wurde mehrere Stunden zusammengepresst. Es hielt nur einen Tag. Wahrscheinlich besteht die Taste aus Polystyrol. Deshalb kam im nächsten Versuch als Kelber UHU Plast zum Einsatz. Es ist eigentlich ein Lösungsmittel, welches das Polystyrol an den Bruchkanten auflöst. Nach dem Verdunsten des Lösungmittel ist die Klebestelle wie aus einem Guss.

Reinigung der Front: Sie besteht aus lackiertem Aluminium und wurde mit Glasreiniger und einem Lappen behandelt.

Reinigung des Skalenglases: Die Außenseite wurde mit Glasreiniger behandelt. Die Innenseite wurde nicht gereinigt, um die Bedruckung zu schonen.


Da hätte ich mir noch mehr Mühe geben können beim Polieren. Die feinen Kratzer auf dem Messingknopf sind aber nur direkt von vorne sichtbar.

Messingknöpfe: Die beiden Messingknöpfe für die Befestigung des Skalenglases wurden mit der Polierscheibe und einem blauem Polierstein poliert, anschließend mit Chromglanz auf einer rotierenden Lammfellscheibe, die vom Abrieb schwarz wurde, zum Schluss Autolackreinger (Cleaner).

Holzgehäuse behandeln: Der Lack war war rissig und wurde mit 600er Schleifpapier nass angeschliffen. Anschließend wurde die Oberfläche gereinigt und mit dem Möbelpflegemittel Baolin mehrfach behandelt. Den braunen Frontrahmen habe ich oben mit Holzleim geklebt und mit braunschwarzer Lasurfarbe nachlackiert. Diese Farbe passte einigermaßen und ich hatte sie für das Streichen von Holzfassaden vorrätig.

Schellackpolitur: Nachträglich entschied ich mich für eine Schellackpolitur (Anleitung Schellackpolitur hier). Dazu musste noch nicht einmal das Radio aus dem Gehäuse genommen werden. Das war sogar besser so, weil dann das Radio stabiler auf dem Tisch stand und das Polieren besser ging. Die Schellackpolitur verteilte sich auf einen Abend. Eine Trockenzeit von 10 Minuten zwischen den Schichten reichte meistens. Der alte Lack wurde mit 600er Schleipapier angeschliefen.


Nachdem die Oberseite und die Seiten poliert wurden, musste Tage später das Radio auf den Kopf gestellt werden, damit auch die unteren Ecken poliert werden können. Wenn dies nicht vorgenommen wird, würde man leider einen Farbunterschied erkennen können.


Das Radio nach der Schellackpolitur auf dem angeschliffen, alten Lack.


Ansicht von der anderen Seite. Auf der Oberseite, wo an einigen Stellen der Lack beschädigt war, sind die Flächen dunkler. Durch die Spiegeleffekte fällt es jedoch kaum auf.

Wie zu sehen ist, spiegeln sich die Gegenstände der Umgebung in der polierten Holzoberfläche. Den ursprünglichen Lack hatte ich nur angeschliffen. Beim Polieren hatte sich der Lack nicht gelöst. Bei einem Radio aus den 40er Jahren ist mir dies allerdings passiert, aber das hier ist Baujahr 1958. Ganz perfekt ist es nicht geworden, denn dort, wo der Lack beschädigt war, sind die Stellen dunkler. Durch die Spiegeleffekte fällt dies aber kaum auf. Ob das Radio ursprünglich so geglänzt hatte, ist die Frage. Ich nehme aber an, dass die Oberfläche glänzend war.

Die Bilder:


Rückseite mit Rückwand.


Chassis, gereinigt.


Chassis von hinten, ausgebaut.


Linke Seite, NF-Endröhre, Netzteil.


Rechte Seite mit UKW-Tuner, Ferrit-Antenne und AM-Drehkondensator.


Ansicht von oben.


Ansicht von unten.


Einbau eines neuen Koppelkondensators für die NF-Pentode, damit sich der Arbeitspunkt durch einen eventuellen Leckstrom des Koppelkondensators nicht verstellt.


Etwa 20 Wattestäbchen und etwas Glasreiniger wurden für die Chassisreinigung benötigt.


Ausgebautes Chassis von vorne, Skalenglas entfernt. Dieses wird mit zwei Messingschrauben gehalten. Diese Messingschrauben wurden mit der Polierscheibe poliert.


Hinter den Messingschrauben sitzen die Skalenlampen, welche das Skalenglas seitlich beleuchten, wodurch dieses durch Reflexionen gleichmäßig leuchtet.


Gereinigte Tasten des Tastensatzes.


Dünne Plastikstreifen und dünner Stoff, der mit Glasreiniger getränkt ist, wurde zur Reinigung der Zwischenräume zwischen den Tasten verwendet.


Mit Gebissreiniger und Zahnbürste gereinigter Drehknopf.


Verdreckte, demontierte Drehknöpfe. Das Material scheint PVC zu sein und war an einigen Stellen gerissen.


Rissiger Lack auf der Oberseite.


Nass anschleifen mit 600er Schleifpapier. Anschließend sollte noch mit 1000er Schleifpapier nachgeschliffen werden, aber das hatte ich nicht.


Danach den Schleifdreck abwaschen, trocknen und mit Baolin einreiben. Das sieht schon besser aus.


Die Leiste hatte oben in der Mitte einen Riss und musste mit Holzleim neu verklebt werden.


Über Nacht blieb die Klebestelle eingespannt. Danach wurde die braune Farbe der Zierleiste erneuert.


Das fertige Radio im Nachtdesign. Das Magische Auge muss noch erneuert werden.

Der nachfolgende Werdegang ist in einer Art Tagebuch festgehalten.

Eine kleine Explosion und ein kleines Feuerwerk im Radio: Nach einer erneuten Reinigung blitzte und zischte es im Tastensatz. Erklärung: Verkohltes Pertinax sorgte für einen Kurzschluss zwischen der Anodenspannungs-Versorgung und der Masse im Tastensatz eines Röhrenradios. Da der Kontakt für die Umschaltung zwischen der Anodenspannung für die ECH81-Triode und dem UKW-Tuner deshalb nicht mehr funktionierte und zudem der Tastensatz überall ausgeleiert und stark korrodiert ist, habe ich mich entschlossen das Radio nur auf UKW laufen zu lassen. Der orangene Draht wurde neu verlegt und versorgt nun den UKW-Tuner unter Umgehung des defekten Umschalters. Wenn man bedenkt, dass solche Radios zu 90% für den UKW-Empfang genutzt werden, kann ich mit diesem Kompromiss leben.

Bei dem Tastensatz habe ich wirklich alles mit diversen Reinigungs- und Schmiermitteln versucht. Entweder klemmte der Tastensatz oder die Tasten rasteten nicht mehr ein oder die Kontakte versagten.  Auf diese Weise funktioniert das Radio wenigstens auf UKW zuverlässig. Der Tastensatz ist vernietet, so dass eine Reparatur fast unmöglich ist und extrem zeitaufwändig wäre.


Es funkt und qualmt im Tastensatz und das verkohlte Pertinax bildet eine elektrisch leitende Brücke zwischen der Anodenspannung und der Masse.

Mögliche Reparatur: Da es praktisch nicht möglich ist, die verkohlte Stelle und somit die elektrisch leitende Stelle auszufräsen und durch neues Pertinax oder Epoxid-Material zu ersetzen, könnte ein Relais 6 Volt 2 x UM ersatzweise eingesetzt werden. Mit dem verbliebenen Kontakt wird das Relais gesteuert, das über eine gleichgerichtete Heizspannung gespeist wird. Weitere defekte Kontakte des Tastensatzes könnten auf diese Weise ebenfalls ersetzt werden. Es besteht also Hoffnung, dass dieses Radio auf allen Wellenbereichen wieder funktionieren wird.

Silikonöl ist die Lösung: Ich habe weiter an dem Problem gebohrt in der Hoffnung, dass auch die AM-Bänder wieder spielen. Folgende Maßnahmen waren Fehlversuche:

1. Erhöhung der Anodenspannungen an der ECH81

2. Erhöhung der Schirmgitterspannung an der ECH81

3. Reinigen der Kontakte mit Benzin.

4. Aus einer PET-Flasche schnitt ich einen schmalen Kunststoffstreifen, denn ich zwischen die Kontakte schob, um diese zu reinigen.

5. Mit der Schraubenzieherklinge versuchte ich die einzelnen Kontakte durch Überbrückung zu schließen. Es zeigte sich dabei keine Reaktion

Es war immer so: Reinigen mit reichlich ölfreiem Elektronikreiniger half, weil das ganze Mineralöl, welches in den ölhaltigen Kontaktsprays enthalten ist, ausgeschwemmt wurde. Nach einer Weile klemmten dann allerdings die Tasten total, nachdem auch der restliche Elektronikreiniger verdunstet war, der nämlich auch schmierte.

Die Konstruktion der Tasten ist wie folgt: Die unbeweglichen Kontakte sitzen auf einem dreilagigen Pertinaxträger, wobei die drei Lagen durch Nieten zusammengehalten werden. Zwischen zwei Kontaktreihen wird ein Kunststoffschieber geschoben, der etwa einen quadratischen Querschnitt von 5 mm Kantenlänge hat. An den Seiten sind Kontaktfedern eingelassen. Diese Kunststoffschieber gleiten also auf dem dreilagigen Pertinax und an den Kontakten auf den gegüberliegenden Seiten.


Der Tastensatz: Die schwarzen Kunststoffschieber bewegen sich nach vorne und hinten. In ihnen sind federnde Kontakte eingelassen. Die Gegenkontakte sitzen auf einer Grundplatte aus dreilagigem Pertinax, das zusammengenietet ist.

Das Dilemma: Sprüht man alles mit ölhaltigen Kontaktspray ein, geht die Mechanik perfekt, aber kein AM-Wellenbereich funktioniert. Entfettet man alles, funktionieren die Kontakte wunderbar, doch wenn das Lösungsmittel nach fünf Minuten verdampft ist, dann klemmen die Tasten hoffnungslos.

Und nun kommt die Lösung: Im Autozubehör gibt es Silikonöl in der Spraydose mit einem Schwämmchen darauf, um damit die Gummidichtungen an den Autotüren einzuschmieren, damit sie nicht festfrieren oder quietschen. So eine Döschen habe ich mir gekauft und eine kleine Menge in ein Schälchen gedrückt. Die Flüssigkeit wurde dann mit einem Wattestäbchen vorne an die Schieber aufgetupft, damit sie in die Mechanik hineinfließen. Eine kleine Menge reicht. Nach einer Weile löst sich der verklemmt Tastensatz und die Kontakte funktionieren trotzdem noch. Meine Sorge war nämlich, dass das Silikon die Kontakte isoliert.

Seit einer Stunde funktioniert das Radio einwandfrei. Meines Wissens soll Silikonöl nicht verdampfen. Ich gehe davon aus, dass der Zustand so bleiben wird. Eine kleine Menge Silikonöl an den Händen macht diese ja für Tage geschmeidig, obwohl man ständig die Hände wäscht. Ich mag eigentlich nicht Silikonöl, weil es schlecht zu entfernen ist und isoliert, wo es nicht isolieren soll. Aber in der Not greift man zu jedem Strohhalm und ich hatte ja auch nichts mehr zu verlieren.

Meine Vermutung ist, dass es keine Kontaktprobleme waren, sondern Kriechströme zwischen den drei Lagen Pertinax. Diese Kriechströme haben ausgereicht, um den Oszillator am Schwingen zu verhindern. Für diese These spricht auch das verbrannte und verkohlte Pertinax, wie ich es im Video zeigt.

Der nächste Schritt ist der Einbau des Relais, welches den verkohlten Kontakt ersetzt, damit auch UKW wieder geht.

Einbau des Relais: Das Radio spielt wieder auf allen Wellenbereichen von Langwelle bis UKW. Ein Relais 5 Volt / 2 x UM ist eingebaut.

Die Schaltung: Aus den 6,3 Volt AC habe ich 5 Volt DC erzeugt mit einer Gleichrichterdiode 1N4007 oder ähnlich, einem 100 uF /25 Volt Elko, parallel zum Gleichrichter 10 nF, damit es nicht brummt auf den AM-Bändern. Ein Vorwiderstand aus 82 und 56 Ohm parallel ergab genau 5 Volt an der Relaiswicklung. Parallel zu dieser Wicklung noch eine Diode 1N4007, um beim Abschalten die Spannungspitze zu unterdrücken.


Schaltbild der Ansteuerung des Relais. Der 100 uF-Kondensator ist ein Elko.

Am Tastensatz für UKW habe ich einen intakten Kontakt gefunden, der in Stellung UKW geöffnet ist und bei den AM-Bändern geschlossen ist. Damit habe ich das Relais gesteuert, so dass die Spannung von etwa 200 Volt für die ECH81 und den UKW-Tuner umgeschaltet wird. Der andere Kontakt des Relais legt das Steuergitter der ECH81-Triode auf Masse bei UKW-Empfang.


Das Relais von oben auf der Lochrasterplatte.


Von der Bestückungsseite.


Relais im Chassis eingebaut.


Nahaufnahme der eingebauten Lochrasterplatine.

Die kleine Lochrasterplatine ist durch zwei dicke Drähte, welche die Zuleitung zur Heizspannung bilden, mechanisch fixiert. Das erspart eine Verklebung, die vielleicht nach vielen Jahren nicht mehr hält.

Es ist zwar nicht mehr wie ursprünglich, aber die volle Funktionalität des Radios ist wieder hergestellt und darum geht es mir neben der optischen Erscheinung auch. Ich bin jetzt um einige Erfahrungen reicher nach der Reparatur.

Übrigens habe ich einen Tropfen Silikonöl auf die Messspitzen eines Ohmmeter gelegt. Schließt man die beiden Messspitzen zusammen, ist der Kontakt trotzdem voll hergestellt. Das Silikonöl macht die Kontakte also nicht unbrauchbar.

Im Radio stehen jetzt 7 bis 8 Volt DC zur Verfügung. Damit könnte man ja einen kleinen, Halbleiter-UKW-Vorverstärker betreiben, der noch gut ins Chassis passt.

Und noch ein Problem mit der Tastensatzmechanik: Die schwarzen Kunststoffschieber drücken sich durch das Umschalten manchmal zu weit heraus, wodurch die AM-Bänder nicht funktionieren. Der Hebel der Taste greift in eine Aussparung des Kunststoffschiebers, der zu viel Spiel bekommen hat und dadurch rutscht der Kunststoffschieber manchmal zu weit raus. Drückt man ihn durch leichtes Antippen zurück, spielt das Radio wieder. Es muss sich um wenige Zehntel mm handeln.

Ich habe nun eine 2 mm dicke, durchsichtige Kunststoffscheibe angefertigt, welche die Kunststoffschieber zurückhält. Dies Scheibe ist auf die Unterseite des Tastensatzes geschraubt:


Eine Kunststoffplatte auf dem Tastensatz verhindert, dass die schwarzen Schieber auf Grund des Verschleißes zu weit herausfahren können, was zu Kontaktproblemen führte, welche die AM-Bänder zum erlahmen brachten.

Zum Befestigen konnte glücklicherweise ein passende, selbstschneidende Schraube verwendet werden, die im Radio einst eine Kabelschelle befestigte.

Danach stellte sich ein weiteres Problem ein. Die AUS-Taste rastete nicht mehr ein und das Radio ließ sich nicht mehr abschalten. Durch die Platte hatte sich die Mechanik leicht verformt. Eine Unterlegscheibe für die Schraube zwischen dem Tastensatz und der Platte löste auch schließlich dieses Problem. Die Schraube wurde noch mit Lack gesichert.

Einbau eines Netzfilters: Ein Netzfilter aus einem alten PC-Schaltnetzteil verbessert den AM-Empfang besonders dann, wenn eine Rahmen- oder Ferritantenne zum Einsatz kommt, da Störsignale über das Stromnetz nicht mehr in das Radio eindringen können oder besser gesagt stark gedämpft werden. In den 1950er Jahren war das Stromnetz noch nicht so stark mit Störsignalen belastet, wie dies heute der Fall ist. Deshalb halte ich den nachträglichen Einbau eines solchen Filters für sinnvoll.


Nachträglicher Einbau eines Netzfilters aus einem alten PC-Schaltnetzteil.

Ersatz der des Magischen Auges EM80 durch eine 6E2: Die 6E2 stammt aus chinesicher Produktion und ist für ein paar Euro erhältlich. Die Umbaumaßnahmen sind hier beschrieben.


Das Radio mit einer 6E2 an Stelle einer EM80.