2.5.2022 (zuletzt aktualisiert am 6.5.22 um 21:12, Rufumleitung , VPN-Tunnel und Zusammenfassung ergänzt)
Mobilfunkgespräche sind meistens teuer, besonders wenn es sich um Auslandsgespräche handelt. Wer eine FritzBox betreibt, die Callthrough beherrscht, kann mit seiner Festnetz-Deutschland-Flatrate nahezu umsonst von seinem Smartphone in die deutschen Festnetze telefonieren. Es fallen nur Kosten für den mobilen Datenfunk an, die sehr gering sind, da eine Stunde Telefonieren nur etwa 80 MByte verbrauchen. Von einem WLAN-Hotspot fallen überhaupt keine Gebühren an.
Umgekehrt funktioniert es auch. Wer die eigene Festnetznummer anruft, wird mit Hilfe der Rufumleitung von der FritzBox auf das Smartphone umgeleitet. Dabei fallen abgesehen von den vernachlässigbaren Gebühren für den Datenfunk keine zusätzlichen Kosten an. Der Anrufer bemerkt nichts davon.
Das heißt, wir können im günstigsten Fall von überall auf der Welt jede deutsche Festnetznummer kostenlos erreichen und stundenlang für umsonst telefonieren. Auch können wir in der Regel aus Deutschland kostenlos angerufen werden, egal wo wir uns auf der Welt befinden.
Jeder kann das Verfahren anwenden, der eine eigene FritzBox mit einem öffentlichen Telefonanschluss betreibt und ein Smartphone (Android oder Iphone) besitzt. Programmierkenntnisse sind nicht notwendig. Einen eigenen SIP-Server braucht man auch nicht. Es ist also meistens alles schon vorhanden. Die FritzBox, kostenlose SIP-Server und kostenlose Softphones machen es möglich. Wir brauchen zwei kostenlose SIP-Nummern (SIP-Accounts) desselben Providers, um eine kostenlose Telefonverbindung zwischen der FritzBox und dem Softphone auf dem Smartphone aufzubauen. Weiter und im Text ist beschrieben, wo es diese kostenlosen SIP-Accounts gibt.
Sicherheitshalber sollte man sich erkundigen, ob der eigene Telekommunikationsanbieter in seinen AGBs die Rufumleitung und das Callthrough verbietet. Wenn ja, sollte man den Anbieter wechseln. Mir ist jedenfalls von solchen Verboten nichts bekannt.
Voraussetzungen: Auf der eigenen FritzBox muss eine Festnetznummer registriert sein, was in der Regel bereits der Fall ist. Diese kann z.B. von der deutschen Telekom oder einem anderen Anbieter stammen. Üblicherweise bieten diese Festnetzanschlüsse standardmäßig eine deutschlandweite Flatrate an.
Weiterhin müssen wir noch zwei Nummern (SIP-Accounts) eines kostenlosen SIP-Anbieters besitzen. Diese können zum Beispiel von IpTel, OpenSips, Sip2Sip oder auch vom privaten Asterisk-Server des Autors stammen, der seinen kleinen Server auf einem Raspberry Pi betreibt. Wo wir diese Nummern erhalten können, ist am Ende des Textes zu erfahren. Wir nennen diese beiden Nummern in unserem Beispiel 5001 (auf der FritzBox) und 5002 (auf dem Smartphone). Diese beiden Nummern schaffen eine kostenlose Verbindung zwischen dem Smartphone und der FritzBox ohne in das öffentliche Telefonnetz telefonieren zu können, was auch nicht notwendig ist.
Der entscheidende Punkt ist, dass die Gespräche innerhalb des kostenlosen SIP-Servers immer kostenlos sind. Die SIP-Accounts sind ebenfalls kostenlos erhältlich und es fallen auch sonst keine Gebühren dafür an.
In unserem Beispiel lautet die Festnetznummer, mit der wir in die öffentlichen Netze gelangen, 08912345. Sie ist auf der FritzBox registriert. Weiterhin ist auf der FritzBox die kostenlose 5001 registriert. Weitere Anbieter kostenloser SIP-Accounts sind weiter unten in diesem Beitrag aufgelistet. In unserem Beispiel müssten wir die Nummer 5001 in die FritzBox eintragen.
Softphones für das Smartphone: Die 5002 ist laut unseres Beispiels auf einem Softphone unseres Smartphones registriert. Als Softphone ist zum Beispiel das einfach zu bedienende SessionTalk empfehlenswert. Es ist werbefrei und kostenlos für das Iphone erhältlich. Für Android-Smartphones ist es im Google Playstore ebenfalls kostenlos vorhanden. Ich bin damit sehr zufrieden. In meinem eigenen Asterisk-Netz leistet es hervorragende Dienste und benötigt nur wenig Speicherplatz. Leider kann man nur einen SIP-Account abspeichern.
Falls Verbindungsprobleme auftreten: Leider gab es bei mir Probleme mit SessionTalk. Die Verbindung riss nach 30 Sekunden ab, wenn das Mobiltelefon über den mobilen Datenfunk angerufen wurde. Inzwischen konnte ich das Problem durch folgenden Eintrag in der sip.conf lösen. Der nachfolgende Hinweis ist nur für Betreiber von Asterisk-SIP-Server interessant:
; Nur für Asterisk-Betreiber interessant! ; Auszug aus der sip.conf. In dieser ist auch der Account für das SessionTalk konfiguriert. ; [general] canreinvite=no ; hatte in [general] gefehlt qualify=yes ; empfehlenswert nat=force_rport,comedia ; hieß früher nat=yes, hier stand vorher nur nat=comedia ; https://stackoverflow.com/questions/4743298/nat-configuration-for-sipasterisk
Es lag also an der Einstellung für NAT. Mein SIP-Server ist hinter einem NAT-Router geschaltet.
Weitere Softphones: Bei dem Softphone Sipnetic trat dieses Problem nicht auf. Unter Softphone Sipnetic für für Android-Smartphones ist es ausführlich beschrieben. Es ist ebenfalls kostenlos. Allerdings erzeugt es einen etwas höheren Stromverbrauch. Falls also rätselhafte Verbindungsabbrüche auftreten, sollte man versuchsweise zu Sipnetic wechseln. Sipnetic sollte man auf jeden Fall als Backup auf seinem Smartphone installiert haben. Bei mir ist es deaktiviert. Der große Vorteil von Sipnetic besteht darin, dass selbst in seiner kostenlosen Version mehrere Accounts gleichzeitig aktiv sein können.
Das SIP-Softphone Linphone ist kostenlos und werbefrei. Es ist für Android und das Iphone erhältlich und ermöglicht neben dem ganz normalen Telefonieren auch Videotelfonate und Textübermittelungen. Allerdings ist die Einrichtung etwas kompliziert. In der Praxis lässt sich nur ein SIP-Account betreiben.
Verbindungsaufbau mit Callthrough: Wir können von unserem Smartphone mit der Nummer 5002 unsere Festnetznummer 08912345 “fernsteuern”. Wir rufen dazu von der 5002 auf unserem Smartphone die 5001 auf der FritzBox an. Das kostet nichts. Es ist ein melodischer Ton zu hören. Wir geben dann eine Pin-Nummer ein, z.B. 8899, und dann gleich danach die 0 in einem Zug. Nun warten wir ab, bis wir das Freizeichen hören. Es ist ein durchgehender Pfeifton. Jetzt können wir die Festnetz- oder Mobilfunknummer wählen, die wir erreichen wollen und schließen sie mit der Raute-Taste (#) ab.
Beispiel: Wir möchten die Festnetznummer 033 87654 von unserem Smartphone von der 5002 anrufen. Dann wählen wir 5001 – Wahlpause – 88990 – Wahlpause – 033 87654#. Die Raute könnten wir uns übriens sparen, aber mit der Raute geht es etwas schneller.
Wenn wir das Softphone PhonerLite für Windows verwenden, können wir die Wahlpausen durch Kommatas erzeugen und müssen nur 5001,,,,88990,,,,03387654 in einem Rutsch eingeben. Diese Zeichenfolge können wir auch in PhonerLite abspeichern, um uns mit einem Mausklick verbinden zu lassen.
Bares Geld besonders im Urlaub gespart: Man stelle sich vor man ist im Urlaub irgendwo in der Südsee. Wir verbinden unser Smartphone mit dem kostenlosen WLAN des Hotels und können dann mit unserer Deutschland-Festnetz-Flatrate jede deutsche Festnetznummer kostenlos erreichen und stundenlang telefonieren. Innerhalb der EU gelten auch meistens die kostengünstigen Tarife für den mobilen Datenfunk.
Warum nicht die Telekom-Nummer direkt in das Softphone eintragen? Übrigens klappt es nicht die Telekom-Nummer gleich in das Softphone einzutragen. Sie funktioniert nur daheim im eigenen WLAN-Netz. Die meisten Telekommunikations-Anbieter werden ebenfalls diesen Schutzmechanismus eingebaut haben.
Eigener Asterisk-Server vorhanden? Wer einen eigenen Asterisk-SIP-Server betreibt, kann dies alles mit entsprechenden Programmierkenntnissen viel eleganter lösen. Mit der FritzBox bekommt es aber jeder Anwender auch in den Griff. Die FritzBox ist im Grunde genommen auch ein SIP-Server.
Was tun, wenn das WLAN oder der Datenfunk-Anbieter SIP-Telefonate gesperrt hat? Dies kommt zwar selten vor, lässt sich aber mit einem VPN-Anbieter umgehen. Man kann sich zum Beispiel einen kostenlosen Zugang bei ProtonVPN besorgen. Man erhält dann eine OVPN-Datei für den VPN-Tunnel. OVPN-Dateien sind kleine Konfiguarions-Dateien für VPN-Tunnel. Mit dieser OVPN-Datei konfiguriert man dann die Android-App „OpenVPN Connect“ aus dem Google Playstore. „OpenVPN Connect“ gibt es auch für das Iphone. Nicht die ähnlich klingende „OpenVPN“ nehmen!
Aktivert man in „OpenVPN Connect“ die OVPN-Datei, laufen alle Internet-Verbindungen über den gewählten VPN-Tunnel und somit auch die Telefonate, die mit dem SIP-Softphone geführt werden. Durch diesen Tunnel ist die Sperrung des SIP-Protokolls umgangen. Freifunk Rhein-Neckar hat offenbar SIP gesperrt. Mit einem VPN-Tunnel konnte ich die Sperrung umgehen.
Was bedeutet eigentlich SIP? Laut Wikipedia ist das „Session Initiation Protocol (SIP) ein Netzprotokoll zum Aufbau, zur Steuerung und zum Abbau einer Kommunikationssitzung zwischen zwei und mehr Teilnehmern. Das Protokoll wird u. a. im RFC 3261 spezifiziert. In der IP-Telefonie ist das SIP ein häufig angewandtes Protokoll“. Es regelt also den Verbindungsablauf (Anrufen, Auflegen, Besetzt, Unerreichbar u.s.w.) für Telefonate. Nicht beschrieben im SIP-Protokoll sind die verschiedenen Audio-Codecs, die für die Telefonate zum Einsatz kommen können. Dies macht das SIP-Verfahren für Telefonate sehr flexibel. Mit SIP sind auch Videotelefonate und Textnachrichten möglich. Die meisten Telefongesellschaften verwenden das SIP-Protokoll. Die FritzBoxen beherrschen ebenfalls SIP, wenn sie für Telefonie ausgelegt sind. Wer es ganz genau wissen, möchte erfährt unter https://en.wikipedia.org/wiki/Session_Initiation_Protocol mehr.
Alte Telefone mit Wählscheiben an der FritzBox: Wer übrigens noch Wählscheiben-Telefone betreiben möchte, muss darauf achten, dass die neueren FritzBoxen das Impulswahlverfahren, welches Wählscheiben-Telefon verwenden, nicht mehr beherrschen. Meine alte und gebraucht erworbene FritzBox 7360 kann noch das Impulswahlverfahren verstehen.
Sinn und Zweck des hier beschriebenen Verfahrens ist es kostengünstiges Telefonieren für alle jene anzubieten, die einfach nur einen Telefonanschluss für das Festnetz besitzen und sonst kein Interesse an WhatsApp, Telegram oder Skype hegen. Nicht jeder besitzt ein Smartphone oder weiß die Möglichkeiten seines Smartphones auszuschöpfen.
Was noch alles möglich ist: Wer dauerhaft im Ausland lebt, hat dort sicherlich einen Internetanschluss mit Router. Es kann in diesem Fall eine FritzBox hinter dem Router betrieben werden, in der die Nummer des kostenlosen SIP-Anbieters (in unserem Beispiel die 5002) eingetragen ist. Diese Fritzbox können wir dann mit DECT-Telefonen verbinden. Wer will, kann sogar sein gutes altes Wählscheibentelefon anschließen. Es gelten weiterhin die deutschen Verbindungstarife. Man muss nur eine vertrauensvolle Person in Deutschland kennen, welche die Verbindung zum deutschen Festnetzanschluss über die FritzBox in Deutschland erlaubt. Da die meisten Telefongesesellschaften mehrere Telefonnummern anbieten, lässt sich eine dieser Nummern für das Callthrough und die Rufumleitung reservieren.
Es gibt übrigens FritzBoxen, die mit einer SIM-Karte sich mit LTE (Mobilfunk) verbinden können. Der Hotelgast kann es dann auf die Spitze treiben und im Hotelzimmer sein eigenes Wählscheibentelefon betreiben. Mit einem Softphone auf dem Smartphone geht es natürlich einfacher.
Alternativen: Man kann sich vom selben kostenlosen SIP-Provider noch eine dritte oder vierte Nummer besorgen, diese in seine heimische FritzBox eintragen und einem Endgerät zuordnen. Ruft man die dritte Nummer an, kann man ohne Umwege kostenlos nach Hause telefonieren. Der Angerufe merkt noch nicht einmal, über welchen Provider er angerufen wurde.
Das Softphone Sipnetic erlaubt die Registrierung mehrerer SIP-Accounts, die auch gleichzeitig aktiv sein dürfen. Zur Sicherheit kann im Softphone Sipnetic eine Nummer von z.B. Sipgate registriert sein. Weiterhin kann zusätzlich eine Nummer von z.B. EinfachVoip eingetragen sein. Mit einer Nummer von EinfachVoip lassen sich allerdings nur abgehende Telefonate ausführen. Dafür sind die Tarife sehr günstig. Sipnetic ist bei mir auf dem Smartphone in der Regel deaktiviert und kommt nur als Ausweichlösung zum Einsatz.
Erfahrungen eines aufmerksamen Lesers (gekürzt und leicht abgeändert): „Es war nicht möglich, z.B. für OpenSips, ein Softphone zu finden, was die Verbindung herstellt. Der Alias, wo der Buchstabe wegfällt, führt zu keiner Verbindung als Username. Die FritzBox macht es aber richtig.
Dann habe ich sip2sip.info ausgewählt. Als Softphone hab ich nach anderen (die nicht so gut liefen) das SessionTalk Softphone (aus dem Google PlayStore) installiert. Da gab es auch Probleme: Keine Verbindung mehr, wenn man WLAN ein/ausschaltet. Zu großer Stromverbrauch (ca. 20%), weil kein Push Service. Die anderen schlucken ja noch mehr! Für geringe Akkubelastung braucht man unbedingt den Push-Service. Viele kümmert’s nicht, täglich ihr Handy zu laden. Bei mir muss das mindestens 3 Tage durchhalten.
Nach vielem Herumtesten nun die Lösung: Man muss in-app purchases aktivieren und dann in der App SessionTalk Softphone Push and Business wählen. Jetzt läuft alles bestens!
sip2sip.info TLS, Audio verschlüsseln, wenn möglich.
Eingehende Anrufe: Push
Call Integration: System UI
Mehrere SIP-Konten möglich
WLAN Ein/Aus trennt nicht mehr die Verbindung. Rufweiterleitung aufs Handy OK. Videoanrufe lassen sich auch aktivieren, hab ich aber nicht getestet.“