Reparaturbericht eines Röhrenradios Grundig 2460

Vonvorne

Reparaturbericht eines Röhrenradios Grundig 2460 für den Einsatz an Schulen

Am Beispiel der Reparatur dieses Radios möchte ich zeigen, wie man ein Röhrenradio repariert. Das Radio selbst ist ungewöhnlich, da es in einem großen Lautsprechergehäuse für den Schuleinsatz untergebracht ist. Es war gewissermaßen als „Aktivbox“ für die Tonwiedergabe bei 16mm-Filmvorführungen im Einsatz. Im Gehäuse verbirgt sich dennoch ein ganz normales Röhrenradio mit der Typenbezeichnung Grundig 2460 aus dem Jahre 1963 / 1964. Der Hauptfehler war jedoch nicht leicht zu finden.

Die Fehlersuche und die Hilfestellungen wurden bereits hier im Wumpus-Gollum-Forum ausführlich beschrieben. Meinen Dank gilt deshalb allen, die mir bei der Reparatur geholfen haben. Nun möchte ich an dieser Stelle eine Zusammenfassung liefern.

Allgemeine Hinweise zur Reparatur von Röhrenradios sind unter den folgenden Links zu finden: 

Tipps und Anleitungen zum Restaurieren von Gehäusen:

Beachten Sie wegen der tödlichen Spannungen in einem Röhrenradio die Sicherheitshinweise in den obigen Links. Lesen Sie sich auch durch, wie Sie ein altes und unbekanntes Radio zum ersten Mal nach langer Zeit wieder Einschalten, damit es Ihnen buchstäblich nicht um die Ohren fliegt. Die Elkos im Netzteil können zum Beispiel explodieren. Besonders vorsichtig bei Allstromgeräten sein, da die volle Netzspannung am Chassis anliegen kann.

Das Aussehen des alten Röhrenradios: Das Radio kommt in einem monströsen Gehäuse daher, welches links und rechts zwei Tragegriffe hatte. Das Netzkabel war etwa 6 m lang und mit Gummi isoliert. Auf der Rückseite sind vier Lautsprecher angebracht. Auf der Vorderseite fehlen diese.


Vorderseite des Röhrenradios für den Schuleinsatz.


Die Rückseite mit den Lautsprechern.


Die Rückseite von innen mit vier Lautsprechern.


Das Gehäuse von unten, nach dem das Chassis ausgebaut wurde. Vorne war Platz für zwei Lautsprecher vorgesehen, die aber nicht eingebaut waren. Der Metallrahmen steckt noch im Holzgehäuse.


Nahaufnahme der Front. Das Chassis hat eine Front aus Stahlblech. Darunter ist ein Blechprofil für weitere Anschlüsse. Der Hammerschlageffektlack wurde nach dem Ausbau mit Autolackreiniger gereinigt und poliert.

Das Chassis: Beim Chassis handelt es sich um das eines ganz normalen Grundig 2460, welches normalerweise in einem Holzgehäuse für die gute Stube eingebaut ist. Das Chassis ist mit den Röhren ECC85, ECH81, EF89, EABC80, EL84 und EM87 bestückt. Dies war der übliche Röhrensatz der damaligen Zeit von Mitte der 50er bis Mitte der 60er Jahre. Nur das magische Auge in Form der EM87 kam etwas später auf dem Markt, wahrscheinlich um das Jahr 1960.


Chassis von vorne.


Das Skalenglas.


Einige Tasten hatte typische Risse. Nach dem Reinigen mit Zahnbürste und Glasreiniger fielen sie nicht mehr auf. Von einem Ausbau der Tasten ist abzuraten, da diese dann endgültig zerstört sind. Übrigens klemmte die Tastenmechanik durch Verharzungen. Mit Kriechöl aus der Spraydose konnte auch dieser Fehler behoben werden.


Das Chassis von hinten.


Chassis von oben.

Chassis reinigen: Die Chassis reinige ich mit Pinsel, Glasreiniger, Zahnbürste, jede Menge Wattestäbchen und Toilettenpapier. Die Röhren werden vorsichtig mit Glasreiniger und Wattestäbchen gereinigt. Die Beschriftung der Röhren darf keinesfalls mit dem Glasreiniger in Berührung kommen, da sie sonst verwischt wird. Alle gängigen Teile werden mit harzfreiem Kriechöl geschmiert. Klemmende Tasten waren dann wieder gängig. Das Öl darf nicht an das Skalenseil kommen. Vorsicht bei den dünnen Drähten, wenn der Staub mit dem Pinsel entfernt wird. Keinen Staubsauger verwenden, der saugt, da er sonst Röhren und andere Teile wegsaugt.

Knöpfe reinigen: Sie können zum Beispiel mit der Zahnbürste in einem Sprudelbad für die Zahnersatzreinigung wieder auf Glanz gebracht werden.

Skalenglas reinigen: Nur von vorne mit Glasreiniger. Die Rückseite ist extrem empfindlich und sollte noch nicht einmal berührt werden, denn der Aufdruck lässt sich sehr leicht verwischen.

Kontakte reinigen: Die meisten Kontakte alter Radios sind schlecht oder unzuverlässig. Ein vorsichtiges Besprühen mit Tunerspray beseitigt viele Defekte durch Kontaktprobleme und das Kratzen der Potenziometer. Zu den Kontakten gehören auch die Röhrensockel und die Stifte der Röhren.


Das gereinigte Chassis von hinten.


Das gereinigte Chassis von vorne. Die Risse in den Tasten fallen durch die Reinigung nicht mehr auf.
Die elektrischen Fehler: Nach der Reinigung kann die eigentliche Reparatur in Angriff genommen werden. Insgesamt spielte das Radio zu leise, insbesondere auf Langwelle bis Kurzwelle war der Klang auch zu dumpf, während der Klang auf UKW normal war. Das magische Auge funktionierte noch gut. In den meisten Fällen ist das magische Auge bei alten Radios verbraucht.

Fehlerbehebung: Das Radio war mit den Papierkondenstoren ER0 100 bestückt, welche altersbedingt die Neigung zu hohen Leckströmen haben. Dient so ein Papierkondensator als Koppelkondensator, verstellt er den Arbeitspunkt der Röhren. Bei der NF-Endröhre kann der Anodenstrom dann so weit ansteigen, dass das Anodenblech glüht. Deshalb werden solche Koppelkondensatoren obligatorisch erneuert. Hochohmige Widerstände und Elkos sind auch eine Fehlerursache. Deshalb habe ich alle Widerstände, die höher als 2 Megohm gewechselt. Zudem habe ich alle Elkos außer den Siebelkos gewechselt.

Aus diesem Grunde habe ich auch zuerst den Koppelkondensator (ERO 100) zum Gitter der NF-Endstufe gewechselt. Da das Radio immer noch leise und dumpf Klang, habe ich auch die Kondensatoren der Klangregelstufe getauscht. Es ist nämlich oft so, dass das Radio schlecht klingt, weil sich die Kapazitätswerte der Kondensatoren des Klangreglers verändert haben.


Sämtliche Papierkondensatoren wurden nach und nach durch moderne Kunststofffolienkondensatoren ersetzt, weil der Fehler nicht zu finden war. Es ist allerdings normalerweise nicht notwendig alle Papierkondensatoren zu ersetzen.

Da diese Maßnahme auch keine wesentliche Verbesserung brachte, hatte ich im Laufe der Zeit sämtlich ERO 100-Papierkondensatoren gewechselt. Das Radio klang auf den AM-Bereichen trotzdem immer noch sehr dumpf. Dann verfolgte ich das AM-Signal von der Antenne bis zur AM-Demodulation. Der Fehler musste irgendwo in der AM-Demodulation liegen und ich schaute mir das Schaltbild bei der EABC80 genauer an und fing dort auch im Radio an zu messen.

Ein Verdrahtungsfehler war die Ursache: Dort in der Nähe der EABC80 entdeckte ich einen Fehler in der Verdrahtung! Ein Kondensator war an der falschen Stelle angelötet.


Die Verdrahtung ab Werk.


Das eine Beinchen des Kondensators wurde im Werk zu weit nach links eingelötet. Blau markiert die richtige Verdrahtung.


Durch die falsche Verdrahtung wurden durch den rot eingezeichneten 47nF-Kondensator die hohen Frequenzanteile der NF direkt hinter dem AM-Demodulator gedämpft und deshalb klang das Radio so dumpf.


Nach dem Umlöten war der Kondensator C32 wieder an seinem richtigen Platz und konnte die Regelzeitkonstante der Schwundregelung bestimmen. Ohne diesen Kondensator reagiert die Schwundregelung viel zu schnell und regelt die Amplitudenmodulation teilweise aus. Auch deshalb klang das Radio so leise.

Nach dem Umlöten des Kondensators war der Fehler verschwunden. Der Empfang war lauter und der Klang war so hell, wie er sein sollte. Damit war die Reparatur abgeschlossen. Ich nehme an, der Fehler wurde nie bemerkt, weil das Radio ausschließlich in einer Schule eingesetzt worden ist und hauptsächlich Radio auf UKW gehört wurde. Ansonsten wurden die schlechten Empfangseigenschaften einer fehlenden Antenne in die Schuhe geschoben.

Neues Gehäuse: Das Restaurieren des großen Gehäuses habe ich auf später verschoben. Stattdessen habe ich mich entschlossen das Radio in meiner Werkstatt einzusetzen. Dafür hat es ein selbst gebautes Gehäuse aus Fichtenregalbrettern als sicheren Hafen bekommen.


Aus Platzgründen hat das Radio ein neues Gehäuses aus Fichtenholz-Regalbrettern als vorübergehende Unterkunft bekommen. Angeschlossen wird eine externe Lautsprecherbox.

Zwei Videos zum Abschluss: Nachfolgend zwei Videos, welche den wunderschönen Klang auf Kurzwelle und die Mechanik des Grundig 2460 demonstrieren.


Der reparierte Grundig 2460 empfängt in Schweden die Deutsche Welle auf dem 31m-Rundfunkband. Inzwischen hat die Deutsche Welle ihr deutschsprachiges Programm auf Kurzwelle eingestellt.


Die Mechanik des Grundig 2460. Innenansichten des Radios.