Wie funktionieren Elektronenröhren und ihre Schaltungstechnik?

Überarbeitet am 14.11.2023

Der nachfolgende Artikel beschreibt die Funktionsweise der Elektronenröhre und ihre Schaltungstechnik auf eine vereinfachte Weise, wie sie für das Verständnis und die Reparatur von Röhrenradios und Röhrenverstärkern ausreichend ist. Deshalb wird auch auf die Fehlerbilder von Röhren eingegangen.  Die Grundlagen der elementaren Elektronik und Elektrotechnik werden vom Leser vorausgesetzt. Da man für die Rundfunkgerätereparatur nicht alles über Röhrenphysik wissen muss, erfolgt hier eine stark vereinfachte Darstellung mit dem Blick auf das Wesentliche. Da es hauptsächlich um die Reparatur alter Radios geht, wurde der Artikel um einige praktische Tipps ergänzt, um alles zu erfahren, was man für die Radioreparatur über Röhren wissen sollte.

Obwohl die Elektronenröhre bereits im ersten Jahrzehnt des letzten Jahrhunderts erfunden wurde, setzte sich erst ab etwa 1920 mit der Entwicklung verbesserter Hochvakuumpumpen die Hochvakuum-Elektronenröhre im großen Stil durch, die eine große Bedeutung in der drahtlosen Nachrichtentechnik sowohl auf der Sender als auch auf der Empfängerseite erlangte und zudem zuverlässige Ferngespräche in der der Fernmeldetechnik ermöglichte.  Erst ab 1920 gelang es in Serienfertigung ein hohes Vakuum zu erzeugen, um störende Gasreste beseitigen zu können. Bis in die 1960er-Jahre hinein waren Röhren Stand der Technik, die ab Mitte der 1950er-Jahre allmählich durch Transistoren ersetzt wurden. Elektronenröhren haben im Zeitraum von etwa 1920 bis 1960 die Welt wie kaum ein anderes Bauteil fundamental geprägt. Radios, Fernseher, Sender, Radar, Rechenanlagen und Transatlantik-Fernsprechkabel wurden mit Röhren bestückt. Das Aufkommen des Amateurfunks als Hobby und als Lebensstil war hauptsächlich der Elektronenröhre zu verdanken. Die Geschichte der Elektronenröhren und viel Wissenswertes über Elektronenröhren kann unter

http://de.wikipedia.org/wiki/Elektronenr%C3%B6hre

nachgelesen werden. Der Link ist sehr empfehlenswert, um sich einen Überblick über Elektronenröhren zu verschaffen. Nachfolgend möchte ich erklären, wie Elektronenröhren funktionieren, um die Schaltungstechnik mit Röhren verstehen zu können. Dieses Wissen ist die Grundlage dafür, um in alten Röhrenradios auf systematische Fehlersuche gehen zu können.

Zusammenfassung: Eine einleitende Zusammenfassung trägt zum besseren Verständnis bei. Dieser Artikel orientiert sich weitgehend an die Entwicklungsgeschichte der Elektronenröhre, um die verschiedenen Röhrentypen zu erklären. Angefangen hatte es tatsächlich mit der Kohlefaden-Glühbirne, in der 1884 Thomas Alva Edison eine zusätzliches Blech aus Platin einschmolz. Dabei entdeckte er, dass der Strom nur von diesem Draht zum Glühfaden fließen kann aber nicht umgekehrt (Edison-Richardson-Effekt). Der Gleichrichtereffekt war entdeckt. Ein Bild von dieser ersten Diode, dessen Bedeutung damals noch nicht erkannt wurde, ist unter http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Edison_effect_bulb_1.jpg abgebildet.


Mit dem Edison-Richard-Effekt konnten Wechselspannungen gleichgerichtet werden (Bildquelle: Wikipedia).

Erst viele Jahre später kam man 1906 auf die Idee zwischen diesen beiden Elektroden noch ein Gitter einzubauen. Dadurch konnte der Strom zwischen den beiden äußeren Elektroden gesteuert werden. Die Triode war geboren, mit der endlich ein Verstärkerelement in der Hand war. Allerdings funktionierte sie noch nicht zufriedenstellend. In der Anfangszeit waren noch Gasreste in der Röhre. Dies führte zu nichtlinearen Kennlinien und Verzerrungen. Außerdem war die Steuerung des Stroms nicht ganz leistungslos. Doch mit der Einführung der Hochvakuumröhre bekam man auch dieses Problem in den Griff und konnte unter anderen durch verbesserte Pumpen ab 1916 ein sehr hohes Vakuum schaffen.

Mit der Hochvakuum-Triode war man immer noch nicht zufrieden. Sie hat ausgangsseitig einen relativ niedrigen Innenwiderstand. Der Wunsch war es eine spannungsgesteuerte Stromquelle zu erhalten, wie dies zum Beispiel bei einem FET der Fall ist. Damit sich eine Röhre wie eine gesteuerte Stromquelle verhält, wurde ein weiteres Gitter eingebaut. Die Tetrode entstand. Allerdings hatte sie noch gewisse Nachteile, die durch ein weiteres Gitter beseitigt wurden. Damit war die Pentode geschaffen, mit der die Entwicklung der Verstärkerröhre ihren Abschluss fand. Wie dies zusammenhängt und welche Folgen dies für die Schaltungsentwicklung hat, beschreibt dieser Artikel. Schließlich werden noch die Mischröhren erwähnt, die durch den Einbau zusätzlicher Steuergitter das Mischen von verschiedenen Wechselspannungen erlauben, um das Prinzip des Überlagerungsempfängers realisieren zu können. Schade nur, dass Mehrgitterröhren ein höheres Eigenrauschen erzeugen. Deshalb wurden Trioden neben den Mehrgitterröhren weiterhin in Empfängern eingesetzt.


Röhrensatz der E-Reihe eines typischen Radios der späten 1950er-Jahre mit Pressglassockeln des Typs “Noval”.


Röhren aus den späten 1930er-Jahren eines Volksempfängers mit Röhrensockeln aus Bakelit. Zum Ziehen der Röhren diese an den Sockeln anfassen und nicht am Glaskolben, weil man sonst den Glaskolben vom Sockel abreißt. Klappert es im Röhrensockel, stammt dies von abgebrochenen Kittresten, mit dem die Glaskolben auf die Sockel geklebt wurden. Dies ist nicht weiter schlimm.


Röhrenfassungen. Fassungen und Sockel alter Röhrenradios stellen oft Wackelkontakte dar und können mit Elektronik-Kontaktspray gereinigt werden.

Das Prinzip der Elektronenröhre: Grundlage aller Hochvakuum-Elektronenröhren ist die Röhrendiode. Sie besteht aus einer während des Betriebs zur bis zur Glut erhitzten Kathode und einer Anode. Durch die Hitze der Kathode lösen sich die Elektronen von der Kathodenoberfläche ab und werden von der positiv aufgeladenen Anode angezogen. Dabei durchfliegen sie das Vakuum. Die Details kommen später im Text.

Im Prinzip ist es egal, wie die Kathode aufgeheizt wird. In ihrer einfachsten Form handelt es sich wie bei einer Glühbirne um einen Glühfaden, der in einem Glas- oder Metallkolben untergebracht ist, in dem sich ein sehr hohes Vakuum befindet. In einem gewissen Abstand zu dieser Kathode befindet sich ein Metallblech, das Anode genannt wird. Der Aufbau ist meist konzentrisch. Die Anode ist wie ein Blechrohr aufgebaut und in der Mitte sitzt als Kathode der wendelförmige Glühfaden. Durch den konzentrischen Aufbau können möglichst viele Elektronen das Anodenblech ereichen.

Je mehr Elektronen die Anode erreichen, desto mehr Strom fließt und desto mehr Leistung wird gesteuert. Deshalb haben Leistungsröhren immer große Abmessungen. Sie haben einfach mehr Anodenblech und größere Kathoden, die mehr Elektronen abgeben können. Damit viel Strom fließt, braucht die Röhre auch hohe Anodenspannungen. Röhren funktionieren allerdings schon bei wenigen Volt. Dies hat man sich in Autoradios zu nutze gemacht. Die Audioendstufe war dann allerdings mit Transistoren aufgebaut. Die HF-Stufen waren noch mit Röhren bei 12 Volt Anodenspannung aufgebaut, weil es damals geeignete HF-Transistoren noch nicht gab. Mit 12 Volt Anodenspannung reichte aber die Leistung für den Betrieb einer mit Röhren bestückten NF-Endstufe mit genügend Lautstärke auch nicht aus.

Direkt geheizte Kathode: Der Glühfaden als Kathode wird “direkt geheizte Kathode” genannt. Schaltungstechnisch kann das Probleme mit sich bringen, wenn alle Glühfäden über eine gemeinsame Batterie oder Spannungsquelle geheizt werden. Dann bedeutet dies, dass alle Kathoden auf gleichem Potential liegen müssen, womit die Schaltungsentwicklung recht verzwickt werden kann. Will man diese Kathoden mit Wechselspannung heizen, dann kann sich diese Wechselspannung als Brumm auf den Anodenstrom teilweise übertragen. Es müssen dann wieder Schaltungstricks eingesetzt werden, um diesen Brumm zu vermeiden. Dazu schaltet man parallel zum Heizfaden ein Poti von etwa 100 Ohm, dessen Schleifer mit der Kathode verbunden ist. Nun verdreht man das Poti bis der Brumm ein Minimum erreicht.

Indirekt geheizte Kathode: Um diese Nachteile zu umgehen, wurde die indirekt geheizte Kathode eingeführt. Wie bereits erwähnt, ist es egal, wie die Kathode aufgeheizt wird. Hauptsache ist, dass sie glüht. Deshalb wurde als Kathode ein schlankes Rohr gewählt, in dem ein isolierter Heizfaden steckt, der dieses Rohr zum Glühen bringt. Der Heizfaden ist mit Aluminiumoxid isoliert. Solche indirekt geheizten Kathoden glühen dunkelrot. Diese Kathoden dürfen nun unterschiedliche Potenziale besitzen, obwohl zum Beispiel alle Glühfäden parallel oder in Serie geschaltet sind. Die Heizfäden können problemlos mit Wechselspannung betrieben werden, weil die thermische Trägheit der indirekt geheizten Kathode für eine fast gleichbleibende Temperatur sorgt. In der Praxis hört man keinen Brumm oder fast keinen Brumm.


Das obere Stück einer indirekt geheizten Kathode einer russischen 6P14P (EL84).

Batterieröhren: Die indirekt geheizte Kathode hat den Nachteil, dass sie mehr Energie zum Heizen benötigt als die direkt geheizte Kathode. Deshalb wurden in batteriebetriebenen Radios weiterhin direkt geheizte Röhren eingesetzt, obwohl die indirekt geheizten Kathoden bereits Standard waren. Diese Röhren werden Batterieröhren genannt und fangen meistens mit einem “D” an. Große Senderöhren sind auch oft direkt geheizt, weil es nicht möglich ist, mit indirekt geheizten Kathoden den erforderlichen Elektronenfluss zu erzeugen.


Grundsätzlicher Aufbau einer Röhrendiode mit indirekt geheizter Kathode.  Diese besteht aus einem Röhrchen (heated cathode), in der ein isolierter Heizfaden steckt, so dass das  Röhrchen zu glühen anfängt. Um die Kathode sitzt als weiteres Rohr das Anodenblech. Die Anordnung ist im Hochvakuum untergebracht (Bild-Quelle: Wikipedia).


Allgemeines Symbol für eine Röhrendiode mit vereinfachter Darstellung der Kathode.


Links das Symbol für eine Röhrendiode mit direkt geheizter Diode. Der Glühfaden muss nur mit einer Spannungsquelle verbunden werden und stellt die Kathode dar. Rechts das Symbol für eine Diode mit indirekt geheizter Kathode.


Verschiedene Arten der Heizung: 1) Direkt geheizte Kathode mit einer Batterie als Heizquelle. 2) Indirekt geheizte Kathode mit einer Batterie als Heizquelle. Eine Wechselspannungsquelle wäre auch möglich. 3) Eine direkt geheizte Kathode, dessen Heizfaden eine Mittenanzapfung besitzt. 4) Vergleich einer Röhrendiode mit einer Halbleiterdiode.

Elektronenwolke und Raumladung: Erhitzt man nun die direkt oder indirekt geheizte Kathode, was aus praktischen Gründen mittels Strom geschieht, und legt man ein Ampere-Meter zwischen Kathode und Anode an, wird man einen geringen Stromfluss feststellen können, der um so größer wird, je heißer der Glühfaden ist. Es fließen Elektronen vom Anodenanschluss über das Amperemeter zum Kathodenanschluss. Eine Spannung zwischen Anode und Kathode haben wir noch nicht angelegt. Der Effekt lässt sich wie folgt erklären. Von der Oberfläche des Glühfadens lösen sich Elektronen ab, die unterschiedliche Geschwindigkeiten haben. Je heißer dieser Glühfaden ist, desto höher ist ihre durchschnittliche Geschwindigkeit. Die meisten Elektronen “fallen” aber wieder zurück auf den Glühfaden. Die Ursache dieses Zurückfallens ist selbstverständlich nicht die Schwerkraft, sondern die elektrische Anziehungskraft. Immer dann, wenn sich ein Elektron, das bekanntlich eine negative Ladung besitzt, vom Glühfaden ablöst, bedeutet dies, dass der Glühfaden positiv geladen ist, denn ihm fehlt ja eine negative Ladung. Also wird das Elektron wieder vom Glühfaden angezogen.

Nun kommt noch ein weiterer Effekt hinzu. Die Elektronen selbst, welche im Vakuum umherfliegen, stoßen sich durch ihre negative Ladung ab. Gleiche Ladungen stoßen sich bekanntlich ab. Die Elektronen im Vakuum gehen sich also aus dem Weg. Dieser Effekt wird negative Raumladung genannt und führt dazu, dass sich um den Glühfaden eine Elektronenwolke bildet, dessen Elektronendichte mit zunehmendem Abstand von der Kathode dünner wird. Deshalb schafft es nur ein Bruchteil der Elektronen zum Anodenblech zu fliegen. Je höher die Temperatur der Kathode, desto höher ist die durchschnittliche Geschwindigkeit der Elektronen und desto mehr Elektronen schaffen es zum Anodenblech und fließen dann wieder über das Ampere-Meter zurück zur Kathode.


Elektronenwolke um die geheizte Kathode (links). Die Elektronendichte ist in der Nähe der Kathode höher.


Negative Raumladung: Die aus der Kathode mit unterschiedlicher Geschwindigkeit herausgeschleuderten Elektronen werden einerseits von der Kathode angezogen und andererseits von den anderen Elektronen abgestoßen. Nur wenige Elektronen schaffen es bis zur Anode, wenn keine Anodenspannung angelegt worden ist. Die meisten Elektronen werden durch die negative Raumladung von der Anode abgehalten.


Obwohl keine Anodenspannung angelegt ist, fließt bei geheizter Kathode ein geringer Strom zwischen Anode und Kathode. Die technische Stromrichtung ist zur Verwirrung leider entgegengesetzt zu der Elektronenbewegung.

Die Diode als Gleichrichter: Eine Röhre mit einer Kathode und einer Anode nennt man also Diode. Dass zwischen Anode und Kathode keine Spannung anliegt, ist ein Sonderfall. In der Praxis wird eine positive Spannung an die Anode angelegt. Dann werden die Elektronen regelrecht von der Anode angesaugt. Ich habe mir die positiv geladene Anode immer als einen “Elektronenstaubsauger” vorgestellt. Je höher die Anodenspannung, desto mehr Elektronen erreichen die Anode. Der Anodenstrom steigt mit der Anodenspannung, die der negativen Raumladung entgegenwirkt. Gäbe es nicht die Raumladung, würden alle Elektronen sofort zur Anode fliegen.

Ab einer bestimmten Anodenspannung steigt der Anodenstrom kaum mehr an. Der Grund liegt darin, dass die Kathode einfach nicht mehr Elektronen abgeben kann. Wir müssten dann die Temperatur der Kathode erhöhen, was die Lebensdauer des Glühfadens deutlich reduziert.


Strom-Spannungskennlinie einer Röhrendiode. IA = Anodenstrom, UA = Anodenspannung. Beachte, dass bereits ohne Anodenspannung ein Strom fließt. Ab einer bestimmten Anodenspannung kann der Strom nicht mehr ansteigen. Die gestrichelte Linie zeigt den Anodenstrom, wenn die Temperatur der Kathode erhöht wird. Ab einer bestimmten negativen Spannung fließt kein Anodenstrom mehr (Ventilwirkung der Röhrendiode).


Kennlinie der der Gleichrichter-Röhre AZ1. Bei 75 mA Anodenstrom, was etwa ein Radio verbraucht, fallen bereits über 35 Volt zwischen Anode und Kathode ab. Ist die Röhre verbraucht, fällt noch mehr Spannung ab.


Eine Doppelgleichrichter-Diode AZ1 von 1938/1939, auf der noch der Garantieaufkleber des Rundfunkgeräteherstellers befestigt ist. Im Glaskolben stecken zwei getrennte Röhrendioden für die Vollweggleichrichtung.

Röhrendiode in Sperrrichtung betrieben: Legen wir an die Anode eine negative Spannung an, dann werden die (negativ geladenen) Elektronen von der Anode abgestoßen, denn gleiche Ladungen stoßen sich bekanntlich ab. Es fließt dann ab einer bestimmten negativen Spannung kein Strom. Die Diode ist ein elektronisches Ventil und lässt den Strom in nur einer Richtung durch. Allerdings ist dieses Ventil nicht ideal. Ein ausgeprägter Kennlinienknick, wie er bei der 0,7 Volt hohen Schwellenspannung einer Silizium-Diode vorkommt, fehlt. Bei einer Röhrengleichrichter-Diode fallen bei 70 mA (üblicher Anodenstromverbrauch eines Radios) durchaus 20 bis 40 Volt ab. Das entspricht einer Verlustleistung von etwa 3 Watt. Wollte man eine Röhrendiode durch eine Siliziumdiode ersetzen, müssen die 20 bis 40 Volt durch einen zusätzlichen Vorwiderstand vernichtet werden. Arbeitet die Röhre als Netzgleichrichter, darf der Lade-Elko nicht beliebig groß gemacht werden, um den zulässigen Anodenspitzenstrom nicht zu überschreiten. Mehr steht im Datenblatt der Gleichrichterröhren. Meistens darf der Ladeelko nicht größer als 50 uF sein.

Zur Schaltungstechnik der Netzgleichrichter: Röhrennetzgleichrichter werden gerne in Zweiwegegleichrichtung aufgebaut. Dazu hat die Anodenwicklung eine Anzapfung in der Mitte und oft sind zwei Dioden in einem Röhrenkolben untergebracht. Ein Brückengleichrichter mit vier Röhrendioden wäre auch möglich. Das hätte aber den Nachteil, dass immer zwei Dioden in Reihe in Durchlassrichtung geschaltet sind, womit sich der ohnehin schon hohe Spannungsabfall verdoppeln würde. Außerdem wäre es teuer 4 statt 2 Diodensysteme herzustellen. Schließlich brauchen 4 Röhrendioden mehr Heizleistung als zwei. Das würde den Netztrafo vergrößern und verteuern.  Deshalb hat sich die Zweiwegegleichrichtung beim Einsatz von Röhrendioden weitgehend durchgesetzt. Sie ist besser als die Einweggleichrichtung, die einen größeren Ladeelko benötigen würde. Vorsicht! Beim Vorhandensein einer Mittenanzapfung hat die Anodenwicklung insgesamt über 700 Volt, also 2 x 350 Volt. Bei Allstromempfängern, die ohne Netztrafo auskommen, war nur eine Einweggleichrichtung möglich. Ab etwa 1955 wurden in Röhrenradios mit Netztrafos die Gleichrichterröhren nach und nach durch Selengleichrichter in Brückenschaltung abgelöst.


Zweiwege-Netzgleichrichtung, Vollweggleichrichtung mit zwei Röhrendioden und einer Anodenwicklung 2 x 350 V mit Mittenanzapfung. (Bildquelle: Wikipedia).

Anodenverlustleistung: Übrigens prallen die Elektronen tatsächlich auf das Anodenblech. Die Elektronen haben eine Geschwindigkeit und eine bestimmte Masse. Sie haben also eine kinetische Energie, die beim Aufprall auf das Anodenblech größtenteils in Wärme umgesetzt wird, welche Anodenverlustleistung genannt wird. Diese kann so hoch werden, dass das Anodenblech zu glühen anfängt. Das ist ein schlechtes Zeichen, denn die allermeisten Röhren sind nicht dafür ausgelegt, dass das Anodenblech im normalen Betrieb glüht. Die Röhre muss durch diese Überlast allerdings noch nicht automatisch defekt sein. Röhren halten kurzzeitige Überlastungen in der Regel aus. Zur Kühlung ist die Anode auch meistens mit Kühlflächen oder Kühlfahnen versehen, um die Wärme abzuführen. Röhren können so heiß werden, dass bei Überlastung der Glaskolben anfängt sich zu verformen. Wer sich einmal die Finger an einer heißen Röhre verbrannt hat, hat die  Anodenverlustleistung am eigenen Leibe verspürt. Die Anodenverlustleistung lässt sich leicht berechnen. Sie ist mit sehr guter Genauigkeit das Produkt aus dem Anodenstrom und der Spannung zwischen der Kathode und der Anode. Wir kennen ja hoffentlich die Formel P = I x U (Leistung = Strom x Spannung).

Rechenbeispiel: Die bekannte Audio-Endpentode EL84 wird bei einem Anodenruhestrom von 40 mA bei einer Anodenspannung von 200 Volt betrieben. Die Anodenverlustleisung (PA) ist dann überschlägig 40 mA x 200 Volt = 8 Watt. Die Röhre wird also heiß. Der Glaskolben heizt sich mit weit über 100 °C auf.  Schließlich kommt noch die Heizleistung des Glühfadens hinzu. Sie beträgt bei der EL84 etwa 4,5 Watt. Das sind dann zusammengerechnet über 12 Watt, wobei die eventuelle Verlustleistung von weiteren Elektroden vernachlässigt werden kann. Auf jeden Fall reicht diese Leistung, um sich seine Finger an den Röhren ordentlich zu verbrennen. Wir spritzen deshalb auch keine Flüssigkeiten jeglicher Art auf die heißen Röhren, weil sonst das Glas zerspringt.

Sekundärelektronen: Wie bereits erwähnt, prallen die Elektronen gegen das Blech der Anode. Einige Elektronen werden sogar etwas zurückgeschleudert. Ein aufprallendes Elektron kann dafür sorgen, dass mehrere Elektronen herausgeschleudert werden. Dieser Sekundärelektronen-Effekt wird später bei der Behandlung von Verstärkerröhren interessant, denn er ist nicht erwünscht. Als Ausblick sei verraten, dass man bei bestimmten Röhren  dicht vor der Anode ein weitmaschiges Bremsgitter eingebaut hat, das auf dem Potenzial der Kathode liegt. Dieses Bremsgitter hat die Aufgabe die relativ langsam fliegenden Sekundärelektronen wieder zur Anode zurück zu drängen. In einer Gleichrichterdiode macht das Bremsgitter aber keinen Sinn.

Beschichtung der Kathode: Wie gut sich die Elektronen vom Heizfaden ablösen, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Je heißer die Kathode, desto mehr Elektronen lösen sich ab. Deshalb kommt Wolfram als Draht zum Einsatz, das einen hohen Schmelzpunkt hat. Allerdings ist der Energieverbrauch für das Aufheizen erheblich. Irgendwann stellte man fest, dass die Temperatur stark herabgesetzt werden kann, wenn der Glühfaden mit Bariumoxid oder anderen geeigneten Metalloxiden beschichtet wird. Das spart Energie, weil die Elektronen sich leichter von der Oberfläche der Kathode lösen können. Details sind für die Reparatur eines Radios unwichtig. Das Rohr der indirekten geheizten Kathoden ist ebenfalls außen mit Bariumoxid oder anderen Metalloxiden beschichtet, um die Temperatur senken zu können.

Nachlassen der Elektronenemissionsfähigkeit der Kathode: Allerdings muss man wissen, dass die Elektronen-Emissionsfähigkeit einer Kathode im Laufe der Betriebsstunden nachlässt. Es fließt dann weniger Strom bei gleicher Spannung. Die Verstärkung lässt nach. Der Vorgang ist schleichend. Die Röhre wird “taub”, heißt es im Werkstatt-Jargon. Es gibt aber noch mehr Gründe für das Taubwerden von Röhren, deren Lebensdauer meistens zwischen 5000 bis 10.000 Stunden angesetzt wird. Dass der Glühfaden durchbrennt, ist eine ganz ganz seltene Erscheinung. Schwache Röhren müssen nicht gleich ausgetauscht werden. Wann dies notwendig ist, hängt von der Schaltung selbst ab und wie gut die anderen Röhren eines Radios noch sind. Angaben auf den Röhrenprüfern sind nur Anhaltspunkte. Es kommt auf den Einzelfall an. Verbrauchte Röhren können regeneriert werden. Dazu werden sie für eine gewisse Zeit mit erhöhter Heizspannung bei bestimmten Elektrodenspannungen betrieben, wodurch die Röhren noch eine gewisse Zeit eingesetzt werden können. Diese Verfahren wurde gerne in Notzeiten, zum Beispiel während es 2. Weltkriegs und in der Nachkriegszeit eingesetzt.

Feinschluss zwischen Kathode und Heizfaden: Dies ist ein nicht ganz so seltener Defekt. Ist die Audio-Endstufenröhre davon betroffen, dann fängt das Radio in den ersten Minuten immer lauter an tief zu brummen, weil mit zunehmender Temperatur der Kathode ein Strom zwischen Kathode und Heizfaden fließt. Ob es tatsächlich an der Röhre liegt, kann am einfachsten durch einen Tausch der Röhre festgestellt werden.

Der Brumm hat aber in der Regel bei alten Radios eine andere Ursache. Meistens brummt das Radio aber gleich nach dem Aufheizen, weil die Elkos des Netzteils durch Austrocknung an Kapazität verloren haben, oder sie haben einen zu hohen Leckstrom, der das Netzteil so stark belastet, dass der Gleichrichter und der Netztrafo überlastet werden. Durch die Überlast entlädt sich der Ladeelko zu schnell und dann brummt es natürlich auch. Deshalb kann ein unbekanntes Radio nicht einfach so zum ersten Mal nach Jahrzehnten des Stillstands eingeschaltet werden. Zur Sicherheit kann bei einem alten Radio eine 60-Watt-Glühbirne in Reihe zum Netzanschluss geschaltet werden. Glüht die Birne dunkel, ist das ein gutes Zeichen. Glüht sie hell, dann liegt ein Defekt vor. Elkos mit zu hohen Leckströmen können formiert werden, wenn man Glück hat. Aber das ist hier nicht das Thema.


Nachträglich eingebaute Entbrummschaltung bei einer direkt geheizten Kathode mit Feinschluss zwischen Kathode und Heizfaden. Das Poti hat etwa 100 Ohm. Diese “Entbrummer” gibt es auch bei direkt geheizten Kathoden.

Röhren mit Feinschluss werfen wir nicht weg, denn in anderen Schaltungen müssen sie nicht brummen, weil dort die Spannungsverhältnisse zwischen Kathode und Heizfaden anders gestaltet sein können. Abgesehen davon gibt es eine weitere Möglichkeit der Brummkompensation. Eine Spule mit wenigen Windungen, durch die der Heizstrom fließt, wird in die Nähe des Steuergitters (wird noch erklärt) gebracht. Durch Verdrehen und Verbiegen der Spule mit einem Holzstäbchen können wir die Spule so anbringen, dass der  Brumm ein Minimum erreicht.

Röhrenschlüssel für die Bezeichnung der Kathoden: Der erste Buchstabe der europäischen Röhrenbezeichnungen kennzeichnet die Art der Kathode. Nachfolgend ein unvollständiger Überblick.

E-Reihe: Beginnt die Röhrenbezeichnung mit einem E (z.B. EF80, EL84, ECH81), dann sagt dies aus, dass dies Röhren mit 6,3 Volt indirekt geheizt werden. Toleranzen von plus minus 5 oder 10% der Heizspannung sind erlaubt. Diese E-Reihe wird gerne in Rundfunkgeräten eingesetzt, welche einen Netztrafo besitzen. Alle Heizfäden sind dann parallel geschaltet. Der Strom kommt über eine spezielle Heizwicklung des Trafos.

U-Reihe: U-Röhren werden in Allstromgeräten eingesetzt. Sie haben keinen Netztrafo. Die Anodenspannung wird ohne galvanische Trennung direkt aus dem Stromnetz gewonnen. Deshalb geht auch Gleichstrom. Je nach dem wie der Netzstecker bei Wechselspannung in der Steckdose steckt, kann die volle Netzspannung auf dem Metallchassis anliegen. Also vorsichtig bei der Reparatur und am besten einen Trenntrafo dafür verwenden. U-Röhren haben indirekt geheizte Kathoden, deren Heizfäden immer 100 mA benötigen. Dadurch können die Heizfäden in Serie geschaltet werden. Die Spannungsdifferenz zwischen der Serienschaltung der Heizfäden und der Netzspannung muss über einen Vorwiderstand vernichtet werden. Dieser Widerstand kann sehr heiß werden. Allstromgeräte können für verschiedene Netzspannungen umgeschaltet werden. Es ist darauf zu achten, dass die richtige Spannung eingestellt ist. In Serie zu den Heizfäden liegt auch die Skalenlampe. Deshalb ist es wichtig eine genau passende Skalenlampe mit dem vorgeschriebenen Strom und der korrekten Spannung zu verwenden.

P-Reihe: Die P-Röhren besitzen alle einen Heizstrom von 300 mA und sind indirekt beheizt. Sie kommen vorwiegend in Fernsehern zum Einsatz. Wie bei der U-Reihe kann am Chassis die volle Netzspannung anliegen, denn solche Fernseher arbeiten fast immer ohne Netztrafo, weil dies Kosten und Gewicht spart. Übrigens wird man die EF80 sehr oft als Bild-ZF-Verstärkerröhre in alten Fernsehern vorfinden. Sie benötigt nicht ohne Zufall bei 6,3 Volt Heizspannung (E-Reihe) einen Heizstrom von 300 mA.

D-Reihe: Das sind Batterieröhren mit direkt geheizten Kathoden für batteriebetriebene Radios. Die Heizspannung beträgt 1,4 Volt. Oft haben die Heizfäden eine Mittenanzapfung. Deshalb ist ein Blick in das Datenblatt zwingend. Die übliche Anodenspannung liegt zwischen 70 und 90 Volt.

A-Reihe: Dies sind Röhren mit 4 Volt Heizspannung. Oft sind es Röhren vor 1940 oder Netzgleichrichterröhren, die entweder direkt oder indirekt geheizt sind.

Aufheizphase: Die meisten Leser werden wissen, dass es oft ein paar Minuten dauert, bis nach dem Einschalten etwas aus einem Röhrenradio zu hören ist. Die Fähigkeit der Kathode Elektronen auszusenden, hängt mit ihrer Temperatur zusammen. Je heißer, desto besser. Allerdings dauert es ein paar Minuten, bis sich die Kathode aufgeheizt hat. Das ist wie bei einer Herdplatte, die auch nicht sofort nach dem Einschalten heiß ist. Direkt geheizte Kathoden brauchen wenige Sekunden. Indirekt geheizte Röhren benötigen teilweise einige Minuten. Besonders lang dauert es bei Allstromgeräten, da ihre Heizfäden in Serie geschaltet werden. Heißleiter als Vorwiderstand schützen die in Serie geschalteten Heizdrähte beim Einschalten vor dem Durchbrennen. Der Heizfaden selbst ist ja ein Kaltleiter. Deshalb fließt durch den noch kalten Heizfaden ein besonders hoher Strom kurz nach dem Einschalten. Dies sieht man auch durch ein kurzes, besonders helles Aufleuchten mancher Röhren.

Ist der Glühfaden auf Zimmertemperatur, kann überhaupt kein Strom durch die Röhre fließen. Das ist interessant zu wissen, wenn bei einem abgeschalteten und spannungsfreien Röhrenradio die Bauteile mit dem Ohm-Meter durchgeprüft werden. Sie müssen deshalb meistens nicht ausgebaut oder noch nicht einmal einseitig ausgelötet werden.

Was passiert, wenn die Röhrendiode ein schlechtes Vakuum erhalten hat? Dann fließt ein erhöhter Strom durch den positiv aufgeladen Ionenstrom, der dann die Röhre sogar zu einem hellen, blaugrünen Leuchten bringen kann. Bei manchen mit Gas gefüllten Dioden ist dies sogar normal. Wenn eine Hochvakuum-Röhre allerdings Luft gezogen hat, dann zerstören die Ionen, welche auf die Kathode prallen, recht schnell die Kathode und das Ende der Röhre naht. Es fließt dann kein Anodenstrom mehr. Eine tief dunkelblaue Leuchterscheinung an kleinen Stellen ist übrigens normal bei  Röhren und stammt von aufprallenden Elektronen.

Der Getter: Röhren besitzen eine silberglänzende Schicht aus Metall (meistens Legierungen aus Barium, Aluminium oder Magnesium) auf der Glasinnenseite. Dies ist der Getter, der durch Verdampfen restliche Gasmoleküle aufgenommen hat und so zur Verbesserung des Vakuums beigetragen hat. Ist der Getter weiß oder milchig, hat die Röhre ebenfalls Luft gezogen.


Intakter Getter einer Elektronenröhre.


Braune Flecken oder Schlieren auf der Innenglasseite einer Elektronenröhre sind harmlos.

Wolkenartige Flecken und Schlieren durch Glaselektrolyse: Braune, wolkenartige Flecken auf der Innenseite wurden von Elektronen erzeugt, die auf das Glas prallten. Dies bedeutet nur, dass die Röhre lange in Betrieb war. Eine weitere Aussage über den Zustand der Röhre kann daraus nicht geschlossen werden. Der Effekt nennt sich Glaselektrolyse und tritt besonders bei Leistungsröhren mit hohen Anodenspannungen auf, die bereits viele Betriebsstunden hinter sich haben.

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Die Triode: Richtig spannend wird es, wenn wir den Elektronenstrom einer Diode leistungslos mit einer relativ kleinen Spannung steuern könnten. Das würde ungeahnte Möglichkeiten eröffnen. Die Idee ist einfach. Zwischen Kathode und Anode wird ein Gitter angebracht. Das Gitter ist konstruktiv oft als eine Spirale gestaltet, die mit zwei Stegen festgehalten wird. Dieses Gitter wird Steuergitter genannt, weil sich damit der Anodenstrom steuern lässt. Eine Triode hat eine recht große Ähnlichkeit mit dem Verhalten eines Feldeffekttransistors.


Symbol einer Triode, Zwischen Anode (A) und Kathode (K) befindet sich das Steuergitter (G).


Eine der ersten Trioden des US-amerikanischen Erfinders Lee De Forest aus dem Jahr 1906. Wahrscheinlich handelt es sich um die erste Röhre, die verstärken konnte, wobei sein Erfinder zugab das Funktionsprinzip noch nicht zu verstehen. Unterhalb des Anodenblechs befindet sich das Steuergitter in Form eines gebogenen Drahtes. Als direkt geheizte Kathode befand sich unter diesem Steuergitter ein Glühfaden, der bereits durchgebrannt ist. Es wurden üblicherweise gleich zwei Glühfäden eingebaut, wobei der zweite als Ersatz dient, wenn der erste durchgebrannt war. Die ersten Trioden hatten noch einen relativ hohen Gasanteil, was zu sehr gekrümmten Kennlinien und zu einem instabilen Betrieb führte. Erst ab 1916 gelang es ein Hochvakuum für die Röhren zur Verfügung zu stellen. Der österreichische Physiker Robert von Lieben entwickelte die Triode von Lee de Forest weiter. (Bildquelle: Wikipedia)
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Eine Triode in einem Nuvistor-Gehäuse im Größenvergleich zu einer Münze. Nuvistoren kamen 1959 auf dem Markt. Sie wurden später durch die Halbleiterentwicklung verdrängt und nicht mehr weiterentwickelt. Nuvistoren wurden noch bis 1971 in TV-Tunern von RCA eingesetzt. (Bildquelle: Wikipedia).

Das Steuergitter lässt sich auf verschieden Arten ansteuern, um den Anodenstrom zu beeinflussen:

1. Fall: Wenn dieses Gitter positiv geladen ist, dann fließt ein kleiner Teil des Elektronenstroms über das Gitter ab. Der Großteil der Elektronen fliegt beschleunigt durch die Maschen des Gitters hindurch und erreicht die Anode. Je positiver das Steuergitter, desto mehr Anodenstrom fließt. Nachteil: Es fließt ein Gitterstrom. Eine leistungslose Steuerung des Anodenstroms ist nicht möglich. Dieser Zustand wird vermieden.

2. Fall: Wir schließen an das Gitter überhaupt nichts an. Der Gitteranschluss hängt in der Luft. Die Folge ist, dass sich das Gitter durch die Elektronen negativ auflädt. Durch die negative Ladung des Steuergitters fließen weniger Elektronen zur Anode.

3. Fall: Wir schließen an das Steuergitter eine negative Spannungsquelle an. Es fließt (fast) kein Strom weder in das Gitter hinein noch heraus, so lange das Gitter negativ gegenüber der Kathode ist. Ändern wie die negative Spannung, ändert sich der Anodenstrom. Je negativer das Gitter, desto weniger Anodenstrom fließt. Eine nahezu leistungslose Steuerung des Anodenstroms ist gelungen. Und das hat ab etwa 1920 die Welt dramatisch verändert.

4. Fall: Wir verändern die Abmessungen des Steuergitters und ihren Abstand zu den anderen Elektroden mechanisch. Dadurch ändert sich auch der Strom. Klopfen wir auf die Röhre, dann hören wir manchmal ein Klingen aus dem Lautsprecher. Dieser Effekt wird Mikrofonie genannt und ist natürlich nicht erwünscht. Im schlimmsten Fall kann eine Rückkopplung zwischen Lautsprecher und einer Röhre entstehen, wodurch Pfeiftöne entstehen. Eine akustische Entkopplung ist dann notwendig. Dazu dienen dann zum Beispiel Gummilager.

Der Begriff Röhrensteilheit S: Angenommen, der Anodenstrom ändert sich um 0,5 mA, weil die Gitterspannung um 0,1 Volt geändert wurde. Dann hat die Röhre eine Steilheit von 5 mA/Volt. Je steiler die Röhre, desto höher ist die Verstärkung.

S = Anodenstrom-Änderung / Steuergitterspannungs-Änderung (bei konstanter Anodenspannung)

Allerdings hängt diese Steilheit vom gewählten Arbeitspunkt ab. Je negativer der Arbeitspunkt, desto geringer die Steilheit. Bei Regelröhren wird dieser Effekt noch bewusst übertrieben, um über eine Regelspannung die Verstärkung zu steuern. Je negativer die Regelspannung, desto geringer die Verstärkung.


Eingangskennlinie einer Triode. Anodenstrom IA in Abhängigkeit der negativen Gitterspannung UG. Ist das Steuergitter negativ gegenüber der Kathode, fließt kein Gitterstrom.


Links die Eingangskennlinie. Rechts wird um den Arbeitspunkt A mit einer kleinen Wechselspannung UG die Gitterspannung verändert. Die Folge ist, dass sich auch der Anodenstrom verändert.


Prinzip der Regelröhre: Im Arbeitspunkt A, also bei hoher negativer Gittervorspannung, verläuft die Eingangskennlinie relativ flach. Der Anodenstrom ändert sich relativ wenig. Im Arbeitspunkt B, also bei geringer negativer Steuergittervorspannung, ist die Kennlinie steiler und der Anodenstrom ändert sich mehr. Über den Arbeitspunkt kann die Verstärkung der Röhre eingestellt werden. Dies funktioniert aber nur bei kleinen Auslenkungen der Wechselspannungen und der Wechselströme.

Spanngitterröhre: Je dichter wir das Steuergitter an die Kathode anbringen können, desto höher wird die Steilheit. Das ist logisch, denn das Steuergitter befindet sich dann in dem Bereich der Elektronenwolke, in der die Elektronendichte höher ist. Dort können also besonders viele Elektronen durch das Gitter beeinflusst werden. Leider verformt sich das Gitter durch die Hitze der Kathode. Erst durch die Spanngittertechnik konnte das Steuergitter mechanisch so stabil gestaltet werden, dass sich das Gitter nicht verformt. Die PCC88 ist ein typischer Vertreter der Spanngitterröhren. Diese Doppeltriode (2 Trioden in einem Glaskolben) wurde für die VHF-Fernsehtuner entwickelt und dort auch eingesetzt.

Erzeugung der Arbeitspunkteinstellung mit einer negativen Vorspannung für das Steuergitter: Meistens wollen wir eine kleine Eingangswechselspannung verstärken. Für die leistungslose Steuerung muss die kleine Eingangswechselspannung einer negativen Gleichspannung überlagert werden. Im Prinzip könnte das eine Batterie in Serie zur Eingangswechselspannung erledigen. Das ist aber sehr unpraktisch. Die nachfolgenden Bilder erklären die üblichen und unüblichen schaltungstechnischen Methoden.

Prinzip der Spannungsverstärkung mit einer Triode: Mit der Spannungsquelle UG wird eine negative Steuergitterspannung von etwa 4 Volt erzeugt, der eine kleine Wechselspannung von etwa 10 bis 100 mV überlagert ist. Dadurch ändert sich die negative Gitterspannung im Takt der Wechselspannung. Dies bedeutet auch, dass sich der Anodenstrom im Takt der Wechselspannung ändert. Die Anodenbatterie UA liefert etwa 100 bis 300 Volt. Steigt der Anodenstrom, dann fällt mehr Spannung am Anodenwiderstand Ra (etwa 100 k) ab.  Die Anodenspannung sinkt dann. Die Anodenspannung ändert sich also im gegenphasigen Takt der Eingangswechselspannung. Über den Koppelkondensator Rk kann die Wechselspannung frei von Gleichspannungsanteilen ausgekoppelt werden.


Negative Vorspannungserzeugung mit einem Gitterableitwiderstand RG, der oft 22 Meg-Ohm oder noch höher ist. Wie bereits im 2. Fall beschrieben, lädt sich das Steuergitter negativ auf, wenn es nicht angeschlossen ist. Durch den hohchohmigen Gitterableitwiderstand können nur ein Teil der Elektronen abfließen und es stellt sich eine negative Gittervorspannung ein. Man beachte, dass hochohmige Widerstände altersbedingt die Tendenz haben noch hochohmiger zu werden. Ist RG zu hochohmig oder unterbrochen, würde, wenn es sich hier um eine NF-Vorröhre handelt, der Ton verzerrt oder leise aus dem Lautsprecher klingen, weil sich der Arbeitspunkt geändert hat. Problematisch wird diese Schaltung, wenn die  Röhre ein schlechtes Vakuum besitzt oder zu Gitteremission neigt. Dann reicht schon der geringe Gitterstrom, um den Arbeitspunkt zu verschieben, so dass ein höherer Anodenstrom fließt. Diese Art der Gittervorspannungserzeugung wird oft in Röhrenradios für die NF-Eingangs-Triode (z.B. bei der EABC80) verwendet.


Negative Gittervorspannung mit einem Kathodenwiderstand RK. Durch den Anodenstrom bzw. Kathodenstrom fällt ein Spannung an RK ab. RK liegt je nach Röhre, Arbeitspunkt und Schaltung zwischen 100 Ohm und einigen kOhm. Der Gitterableitwiderstand RG hat meistens 1 MegOhm und leitet alle Elektronen vom Steuergitter ab. Der Kondensator CK schließt den Kathodenwiderstand RK wechselspannungsmäßig kurz. Ohne diesen Kondensator sinkt durch eine Gegenkopplung die Wechselspannungsverstärkung.

Das Problem mit dem leckenden Koppelkondensator: Im nachfolgenden Bild sind zwei Verstärkerstufen über einen Koppelkondensator CG gekoppelt. An diesem Koppelkondensator liegt eine Gleichspannung von 154 Volt an. Ist dieser Koppelkondensator alt und hat eine Isolation aus Papier, was bis in die 1960er Jahre üblich war, dann fließt altersbedingt höchstwahrscheinlich ein kleiner Leckstrom durch diesen Kondensator. Dieser Leckstrom nimmt mit zunehmender Spannung zu allem Überdruss auch noch überproportional zu. In Verbindung mit dem hohen Ableitwiderstand von 22 MegOhm verschiebt sich der Arbeitspunkt der rechten Röhre nach oben. Es fließt ein höherer Anodenstrom. Handelt es sich um eine Endstufenröhre, kann dies dramatische Folgen haben und das Anodenblech zu Glühen bringen. Die Folge: Zerstörung der Endstufenröhre, schlechter Klang, Überlastung des Netztrafos und des Gleichrichters. Koppelkondensatoren mit Papierisolation, welche hohe Spannungen von den Gittern fernhalten lassen sollen, gehören immer ausgetauscht, auch dann, wenn für die negative Vorspannung ein Widerstand in der Kathodenzuleitung eingesetzt wird.


Hat der Koppelkondensator CG einen Leckstrom, dann verändert er den Arbeitspunkt der zweiten Röhre. Der Anodenstrom kann so hoch werden, dass sie zerstört wird. Solche alten Koppelkondensatoren mit Papierisolationen (Papierkondensatoren gehören obligatorisch gegen moderne Kunststofffolienkondensatoren getauscht. Alternativ kann in Serie zum Papierkondensator ein moderner Kondensator geschaltet werden.


In Teer vergossene Papierkondensatoren mit der Bezeichnung “Wima Tropydur” sind für ihre hohen Leckströme bekannt und sollten an kritischen Stellen vorsorglich ausgetauscht werden. Sie werden wegen ihres Aussehens auch “Malzbonbons” genannt und hatten schon in der Röhrenzeit durch ihren Austausch zahlreiche Arbeitsplätze in den Reparaturwerktstätten gesichert.


Papierkondensatoren mit der Bezeichnung “ERO100” gehören an kritischen Stellen wegen ihrer möglichen hohen Leckströme ebenfalls ausgetauscht.

Unter “Typische Defekte der Bauteile alter Röhrenradios” sind weitere, bebilderte Beispiele von problematischen und unproblematischen Kondensatoren aufgelistet.

Schwingneigung verhindern: Das nachfolgende Bild zeigt einen beliebten Schaltungstrick, um wildes Schwingen von NF-Röhren (Röhren im Audio-Teil oder NF-Teil, Niederfrequenz-Teil) zu verhindern. Der Vorwiderstand Rv (meiste um die 10 kOhm) bildet zusammen mit der Kapazität zwischen Steuergitter und Kathode einen Tiefpass. Der Trick hilft übrigens auch bei FETs, insbesondere dann, wenn Leistungs-MOSFETs anfangen zu schwingen.


Vorwiderstand Rv zur Unterdrückung von wilden Schwingungen in NF-Stufen. Rv hat etwa 10 kOhm. Werte von 1 MegOhm sind wegen eines möglichen Gitterstroms ungeeignet.

Gitterstrom: Gitterstrom kann auch auftreten, obwohl das Steuergitter mit negativer Vorspannung betrieben wird, was durch den betriebsbedingten Verschleiß der Röhre unter anderem folgende Ursachen haben kann:

1. Verschlechterung des Vakuums: Positiv aufgeladene Ionen fliegen auf das Steuergitter. Es fließen zum Ausgleich Elektronen in den Steuergitteranschluss hinein.

2. Gitteremission: Das Steuergitter ist, um eine hohe Röhrensteilheit zu ereichen, sehr dicht an der Kathode angebracht und wird heiß. Hat sich durch die Betriebszeit etwas von der Beschichtung der Kathode auf das Steuergitter niedergeschlagen, fängt es selbst an Elektronen auszusenden. Dadurch wird das Steuergitter positiver oder weniger negativ, weil ja Elektronen wegfliegen. Es fließen wieder Elektronen in den Steuergitteranschluss hinein.

3. Durch einen Metallniederschlag auf den isolierten Teilen haben sich hochohmige Widerstände zwischen den Elektroden gebildet.

Schaltet man in die Steuergitterzuleitung einen hochohmigen Widerstand von 500 kOhm bis 1000 kOhm, fällt durch das schlechte Vakuum oder durch die Gitteremission eine Spannung ab, die der negativen Vorspannung entgegenwirkt. Das Steuergitter wird weniger negativ. Der Anodenstrom steigt an. Dieser Effekt wird in Röhrenprüfern verwendet, in dem einfach ein hochohmiger Widerstand in die Zuleitung zum Steuergitter eingefügt wird.

Das Zusammenspiel von vier verschleißbedingten Faktoren (nachlassende Kathodenemission, Verschlechterung des Vakuums, Gitteremission, nachlassende Isolation zwischen den Elektroden) kann dazu führen, dass die gleiche Röhre in der einen Schaltung nicht funktioniert, in der anderen Schaltung aber noch einwandfrei arbeitet.  Vor diesem Hintergrund ist die Vergoldung von Röhrenstiften eher ein Marketingtrick, der nichts über die tatsächliche Fertigungsqualität und Langlebigkeit einer Röhre aussagt. Hinter einem vergoldeten Armbanduhrengehäuse kann sich ja auch die mieseste Uhrenmechanik verstecken. Ein gutes Schaltungsdesign berücksichtigt übrigens die verschleißbedingten Veränderungen der Röhrenparameter.

Warum hohe Anodenversorgungsspannungen? Wir hatten gelernt, dass auch schon bei niedrigen Anodenspannungen ein Anodenstrom fließt. Bei hohen Anodenversorgungsspannungen können wir aber auch den Arbeitswiderstand an der Anode höher wählen. Je höher der Arbeitswiderstand, desto mehr Spannung fällt an ihm ab. Dadurch sinkt aber die Spannung an der Anode. Aber es fällt auch mir Wechselspannung am Arbeitswiderstand ab.

Die NF-Endstufe muss einen entsprechend hohen Anodenstrom liefern können, damit genügend Leistung für den Lautsprecher vorhanden ist. Ein hoher Anodenstrom gelingt nur mit hohen Anodenspannungen. Hohe Anodenspannungen sorgen dafür, dass ein Radio mit weniger Verstärkerstufen auskommen kann. Das spart Röhren und somit Geld. Röhren waren teuer. Anodenspannungen zwischen 200 und 300 Volt wurden deshalb gewählt, weil sie hinsichtlich der Isolationseigenschaften der Bauteile noch gut in den Griff zu bekommen sind. Bei höheren Anodenspannungen müssten auch die Elektrodenabstände der Röhren größer gemacht werden.

Niederspannungsröhren: Wenn es aber nicht gerade um Leistungsverstärkung geht, dann arbeiten die meisten Röhren auch gut mit nur 10 bis 30 Volt Anodenspannung. Es gibt spezielle Niederspannungsröhren, wie sie in Autoradios eingesetzt wurden. Damals konnte man schon transistorisierte NF-Endverstärker für eine 12 Volt hohe Versorgungsspannung aufbauen. Allerdings waren die HF-Transistoren noch nicht ausgereift. Deshalb wurden die HF-Stufen mit Niederspannungsröhren betrieben, wobei die Anodenspannung direkt aus der Autobatterie bezogen wurde. So sparte man sich den Zerhacker für die Erzeugung einer hohen Anodenspannung, die für eine mit Röhren bestückte NF-Endstufe notwendig geworden wäre. Am Ende der Entwicklung war nur noch eine einzige Doppeltriode für den UKW-Tuner in den Autoradios, bis auch diese Röhre durch Transistoren verdrängt wurde. Niederspannungsröhren bezogen ihren Heizstrom direkt aus der Autobatterie. Die Kathoden waren indirekt geheizt. Genügend Strom konnte die Autobatterie dafür ja liefern.

Für gefahrlose Röhrenexperimente brauchen wir keine ausgesprochenen Niederspannungsröhren. Die weit verbreitete EF80 z.B. arbeitet gut mit 30 Volt Anodenspannung als Audionschaltung. Wer anfangen will mit Röhren zu basteln, der sollte zur Sicherheit mit Niederspannungen arbeiten, weil dann die Gefahr eines Stromschlags nicht besteht. Ab 60 Volt wird es unter Umständen gefährlich für die Gesundheit.

Altersbedingte Röhrenprobleme: Die Röhre kann durch nachlassende Emission der Kathode an Verstärkung verlieren, was auf einem statischen Röhrenprüfer festgestellt werden kann. Andere Ursachen sind unter http://de.wikipedia.org/wiki/Gitterstrom beschrieben. Häufig bildet sich im Laufe der Zeit ein schlechtes Vakuum. Dadurch bildet sich ein Ionenstrom, der einerseits einen Gitterstrom erzeugt und andererseits die Beschichtung der Kathode nachteilig verändert.

Und dann gibt es noch die ganz banalen altersbedingten Kontaktprobleme zwischen den Röhrenstiften und den Fassungen, die mit HF-Kontaktspray behoben werden können. Kontaktprobleme sind die häufigste Fehlerursache bei den Röhren alter Radios.

Einsatz der Triode: Die Triode ist vergleichsweise rauscharm und wird gerne in UKW- und UHF-Stufen eingesetzt. Sie dient auch als Eingangsröhre in NF-Verstärkern. Für Oszillatorschaltungen werden Trioden ebenfalls eingesetzt.

Durchgriff D: Der Anodenstrom lässt sich nicht nur durch die Gitterspannung ändern. Er ist auch abhängig von der Anodenspannung. Wir können eine Anodenstromänderung durch eine Gitterspannungsveränderung ausgleichen, in dem wir die Anodenspannung verändern.

D = (Gitterspannungs-Änderung / Anodenspannungs-Änderung) (bei konstantem Anodenstrom)

Der Durchgriff D liegt meistens zwischen 0,1 bis 0,3 bei Trioden. 0,1 bedeutet, dass z.B. 1 Volt Gitterspannungsänderung durch 10 Volt Anodenspannungsänderung ausgeglichen werden muss, um den Anodenstrom konstant zu halten. Je dichter das Steuergitter gewickelt ist, desto kleiner wird der Durchgriff.

Das kann man sich praktisch vorstellen. Wenn ich den Elektronenstrom durch eine negativere Gitterspannung anfange abzuwürgen, dann muss ich einfach “durchgreifen”, um das auszugleichen, indem ich die Anodenspannung aufdrehe, also meinen “Elektronenstaubsauger” auf mehr Leistung stelle, bis wieder der gleiche Anodenstrom fließt. Dann flutschen selbst durch ein engmaschiges Gitter mehr Elektronen durch. Ist das Gitter ganz ganz engmaschig, dann hat mehr “Staubsaugen” kaum einen Einfluss auf den Elektronenstrom. Was das Ganze soll, muss man jetzt noch nicht kapieren. Auf jeden Fall ist dieser Durchgriff störend. Der Durchgriff soll möglichst klein sein.

In der angelsächsischen Literatur wird mit dem Kehrwert des Durchgriffs gearbeitet, welcher sich Verstärkung nennt und mit dem griechischem Buchstaben µ abgekürzt wird.

Innenwiderstand Ri: Jede Spannungsquelle hat einen Innenwiderstand. Das merken wir, wenn wir eine Batterie belasten, weil dann die Spannung in die Knie geht. Die Ursache ist ein Widerstand, den wir uns in der Batterie vorstellen können. Beispiel: Wir haben eine Batterie, die im Leerlauf 10  Volt abgibt. Belasten wir sie mit 5 Ampere, stellen wir fest, dass die die Spannung auf 8 Volt sinkt, also 2 Volt weniger liefert. Der Innenwiderstand Ri ist ganz einfach Ri = Spannungsänderung / Stromänderung. In unserem Beispiel also 2 Volt / 5 A = 0,4 Ohm.

Bei der Röhre ist der Innenwiderstand nicht viel anders:

Ri = Anodenspannungsänderung / Anodenstromänderung (bei konstanter Gitterspannung)

Barkhausensche Röhrenformel: Wir kennen jetzt die drei Begriffe Steilheit S, Durchgriff D und Innenwiderstand Ri. Nach der Barkhausensche Röhrenformel ist

S * D * Ri = 1

Im Moment können wir damit vielleicht nicht viel anfangen. Das kommt aber noch. Dass die Formel stimmen muss, können wir leicht daran erkennen, wenn wir S, D und Ri als Brüche hinschreiben und kürzen. Es kürzt sich nämlich alles raus und 1 bleibt dann übrig.


Barkhausensche Röhrenformel: Alles kürzt sich raus und die 1 bleibt übrig.


DDR-Briefmarke zu Ehren von Heinrich Barkhausen mit einer Eingangskennlinienschar und der Barkhausenschen Röhrenformel (Quelle: Wikipedia).

Spannungsverstärkung V: Wir wollen meistens Verstärker mit hoher Spannungsverstärkung bauen. Die Spannungsverstärkung V eines Verstärkers ist definiert als

V = Ausgangswechselspannung / Eingangswechselspannung

Beispiel: In einer Röhrenstufe gebe ich 2 Volt rein und hinten kommen 10 Volt raus. Dann ist V = 10 / 2 = 5. Also ganz einfach. Schauen wir uns nochmals das nachfolgende Bild an, was wir schon einmal hatten:


Triode als Spannungsverstärker.

Je höher Ra ist, desto höher ist auch die Spannungsverstärkung. Ändert sich nämlich der Anodenstrom um einen bestimmten Betrag, dann ändert sich auch der Spannungsabfall an Ra um so mehr, je größer Ra ist. Dem Ra ist allerdings wechselspannungsmäßig noch der Innenwiderstand Ri der Triode parallel geschaltet.

Je höher die Steilheit S der Röhre ist, desto mehr ändert sich der Anodenstrom durch eine Spannungsänderung am Steuergitter. Je höher also S ist, desto höher ist auch die Spannungsverstäkung V. Und je höher die Parallelschaltung aus Ri und Ra ist, desto höher ist die Spannungsverstärkung V.

V = S * ((Ri * Ra) / (Ri + Ra))

Was in der großen Klammer steht, ist nur der Gesamtwiderstand der Parallelschaltung aus Ri und Ra. Also dadurch bitte nicht abschrecken lassen.

Was machen wir also, um eine hohe Spannungsverstärkung zu bekommen? Wir wählen ein hohes Ra, was mit einer hohen Anodenspannung möglich ist. Wir suchen uns außerdem eine Röhre mit einem hohen Ri und einem hohen S aus.

Steile Trioden gibt es ja. Leider ist das Ri bei der Triode relativ niedrig. Vielleicht können wir die Triode verbessern? Dazu schauen wir uns die Barkhausensche Röhrenformel noch einmal an, um das Problem mit der Triode einzukreisen:

S * D * Ri = 1

Wir wollen bei einer Röhre auf jeden Fall eine hohe Steilheit S und einen hohen Innenwiderstand Ri. Das schaffen wir zum Beispiel, wenn wir den Durchgriff D kleiner machen könnten. Wenn S weitgehend unverändert bleibt, sich aber der Durchgriff verkleinert, dann muss laut der Gleichung der Innenwiderstand Ri ansteigen. Aber wie mach wir das? Wir müssen es hinbekommen, dass eine Anodenspannungsänderung kaum Einfluss auf den Anodenstrom hat. Um den Durchgriff der Anode auf das Steuergitter zu verkleinern, müssten wir das Steuergitter von der Anode abschirmen. Das geht vielleicht mit einem weiteren Gitter zwischen Steuergitter und Anode? Die Antwort kommt später.

Kennlinien der Triode: Nachfolgend das Eingangs- und das Ausgangskennlinienfeld einer Triode (ECC81).


Eingangskennlinienfeld: X-Achse = Schirmgitterspannung, Y-Achse = Anodenstrom. Es werden verschiedene Eingangskennlinien bei unterschiedlichen Anodenspannungen dargestellt. Niedrige Anodenspannungen schaffen Nachteile. Die Steilheit ist etwas geringer und es lassen sich nur geringe Anodenströme erzeugen.


Ausgangskennlinienfeld einer Triode: Verschiedene Ausgangskennlinien bei unterschiedlichen Gitterspannungen: X-Achse = Anodenspannung, Y-Achse = Anodenstrom. Die Kurven verlaufen schräg, was auf einen niedrigen Innenwiderstand schließt. Würden die Ausgangskennlinien parallel zur X-Achse verlaufen, dann hätten wir einen hohen Innenwidertand, wie das zum Beispiel bei einem Feldeffekttransistor der Fall wäre, welcher als spannungsgesteuerte Stromquelle betrachtet werden könnte.


Zur Verdeutlichung noch ein Ausgangskennlinienfeld einer Triode. Dargestellt ist der Anodenstrom in Abhängigkeit von der Anodenspannung. Die einzelnen Kurven wurden bei verschiedenen Gitterspannungen aufgenommen. Der Anodenstrom nimmt zu, wenn die Anodenspannung steigt, wie am schrägen Verlauf der Kurven zu sehen ist. Besser wäre es, wenn die Kurven parallel zur X-Achse waagrecht verlaufen würden. Dann würde sich der Anodenstrom nicht ändern, wenn sich die Anodenspannung ändert. So ist dies der Fall beim einem FET, der eine spannungsgesteuerte Stromquelle darstellt oder bei einem bipolaren Transistor, der eine stromgesteuerte Stromquelle darstellt (Bildquelle: Wikipedia).

Millereffekt bei der Triode: Zwischen den einzelnen Elektroden einer Röhre existieren Kapazitäten, die selbstverständlich nicht erwünscht sind, selbst wenn sie sehr klein sind und nur wenige pf betragen. In HF-Schaltungen können sie sich störend bemerkbar machen und die obere Grenzfrequenz herabsetzen oder zu unerwünschten Schwingungen führen.

Nun hat eine Triode auch eine solche Kapazität zwischen dem Steuergitter und der Anode. Damit liegt sie in den meisten Verstärkerschaltungen zwischen dem Ausgang und dem Eingang der Verstärkerstufe. Dadurch erscheint diese Kapazität nach dem Millereffekt sogar noch vergrößert. Angenommen die Spannungsverstärkung der Verstärkerstufe beträgt 10 und die Kapazität zwischen Anode und Steuergitter beträgt 5 pF. Dann wirkt sich dies nach dem Millereffekt in der Gestalt aus, als ob zwischen Steuergitter und Kathode eine Kapazität von  5 pF * 10 + 5pF = 55 pF angebracht wäre. Dies würde die obere Grenzfrequenz erheblich senken. Das ist ein großer Nachteil der Triode.

Ausblick auf die Mehrgitterröhren: Von Vorteilhaft ist das geringe Rauschen der  Triode. Ein Nachteil der Triode ist die schlechte Entkopplung zwischen Eingangs- und Ausgangskreis. Das macht in ZF-Verstärkern eine Neutralisation nötig, damit eine unerwünschte Oszillation unterbunden wird. Auch hat die Triode einen relativ niedrigen Innenwiderstand. Mit zusätzlichen Gittern wurden diese Nachteile gelöst. Mit weiteren Gittern können auch mehrere Wechselspannungen gemischt werden.

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Die Tetrode: Durch den zusätzlichen Einbau eines weiteren Gitters, dem Schirmgitter, zwischen Steuergitter und Anode, können viele Nachteile der Triode beseitigt werden. Das Schirmgitter schirmt, wie der Name schon sagt, die Anode vom Steuergitter ab. Dadurch verringert sich der Durchgriff D, der Innenwiderstand Ri wird höher und der Millereffekt ist praktisch verschwunden. Tetroden werden in älteren Radios als NF-Endstufen-Verstärker und ZF-Verstärker eingesetzt, bis sie durch Pentoden ersetzt wurden, welche eine Weiterentwicklung der Tetrode darstellen.


Symbol einer Tetrode. G1 ist das Steuergitter und neu hinzugekommen ist G2, das Schirmgitter, das auch früher Schutzgitter genannt wurde.

Wirkungsweise des Schirmgitters: Das Schirmgitter erhält ein festes positives Potenzial gegenüber der Kathode. Dadurch sind die Feldeigenschaften, in welchem sich das Steuergitter befindet, weitgehend konstant und unabhängig von der Anodenspannung. Deshalb hat eine Anodenspannungsänderung fast keinen Einfluss mehr auf den Anodenstrom. Bei richtig gewähltem Arbeitspunkt hat nur noch die Steuergitterspannung Einfluss auf den Anodenstrom. Die Tetrode verhält sich fast wie eine spannungsgesteuerte Stromquelle.

Geschichtliches: Der Hiroshi Ando baute 1919 ein zusätzliches Gitter zwischen Anode und Steuergitter ein, um die Gitter-Anoden-Kapazität zu reduzieren. Die ersten brauchbaren Tetroden wurden 1926 etwa zeitgleich von General Electric und Philips entwickelt. Im selben Jahr wurde von Philips die Pentode, eine Weiterentwicklung der Tetrode, patentiert.

Schaltungstechnik für das Schirmgitter: Das Schirmgitter erhält eine feste Gleichspannung, die knapp unterhalb der Anodenspannung liegt. Die genauen Werte sind dem jeweiligen Datenblatt zu entnehmen. Es wäre wieder zu aufwändig ein extra Spannungsquelle für das Schirmgitter zu bauen. Deshalb schließt man das Schirmgitter einfach über einen Vorwiderstand mit der Anodenspannungsversorgung an. Damit die Spannung am Schirmgitter konstant gehalten wird, kommt noch ein Abblockkondensator zwischen dem Steuergitter und der Masse oder manchmal auch direkt an die Kathode. Dieser Abblockkondensator hat in ZF-Stufen 50 bis 100 nF. Der Wert ist unkritisch. All das, was hier über das Schirmgitter geschrieben ist, gilt übrigens auch für die Schirmgitter in anderen Röhren, zum Beispiel Pentoden, die eine Verbesserung der Tetroden darstellen.

Manche Audioendstufen-Röhren brauchen keinen Vorwiderstand für das Schirmgitter. In NF-Stufen benötigt der Abblockkondensator höhere Kapazitätswerte, weil ja mit Niederfrequenz gearbeitet wird. Bei einer NF-Endstufe-Röhre wird das Schirmgitter oft einfach hinter dem Siebwiderstand des Netzteils direkt mit Siebelko verbunden. Es lohnt sich die Schaltbilder alter Röhrenradios zu studieren, um herauszufinden, wie die Schirmgitter geschaltet wurden.


Fiktive Spannungsverstärkerstufe mit einer Tetrode. Der Bauteilewerte sind nur Anhaltspunkte. Gegenüber einer Schaltung mit einer Triode sind nur das Schirmgitter, der Schirmgittervorwiderstand Rs und der Schirmgitter-Abblockkondensator Cs neu hinzugekommen.  Sonst hat sich nichts verändert. Der Lastwiderstand Ra kann in Rundfunkempfängern z.B. auch die Primärwicklung eines NF-Ausgangs-Übertragers sein oder ein Parallelschwingkreis in den ZF-Stufen.

Schauen wir uns die obige Schaltung an. Die konstante Spannung des Schirmgitters ist so gewählt, dass sie knapp unterhalb der minimalen Spannung der Anode liegt. Dafür sorgen Rs und Cs. Halten wir uns nochmals vor Augen: Die Schirmgitterspannug wird mit Rs und Cs konstant gehalten. Dadurch ist die Spannung zwischen Kathode und Schirmgitter konstant. Das Steuergitter arbeitet nun in einem (weitgehend) konstanten elektrischen Feld. Der Einfluss der Anodenspannung auf den Anodenstrom ist nun weitgehend verschwunden. Der Durchgriff ist sehr klein geworden und der Innenwiderstand sehr hoch. Wir können bei der Tetrode nun von einer spannungsgesteuerten Stromquelle ausgehen, jedenfalls für einen weiten Bereich des Arbeitsbereichs. Einen kleinen Haken hat noch die Tetrode, auf den ich später zu sprechen komme.

Übrigens könnten wir den Anodenstrom und damit die Spannungsverstärkung über die Schirmgitterspannung steuern. Dies wird in manchen Audionschaltungen so gemacht. Vergrößern wir Rs, dann sinkt die Schirmgitterspannung und die Verstärkung sinkt. Ein hochohmig gewordener Rs setzt zum Beispiel die Verstärkung herab. Würde Cs wegfallen, würde dies die Verstärkung ebenfalls herabsetzen, wobei der Wert von Cs relativ unkritisch ist. Wenn vorher ein 47nF-Kondensator eingebaut war, dann können wir getrost den doppelten oder dreifachen Wert einsetzen. Nur die erforderliche Spannung muss stimmen. Cs besteht in alten Radios meist aus Papierkondensatoren, die wegen ihrer Leckströme gefürchtet sind. Angenommen dieser Kondensator würde durchschlagen und einen Kurzschluss bekommen. Dann liegt das Schirmgitter auf Massepotenzial. Es würde kein Anodenstrom mehr fließen und das Radio würde nicht mehr funktionieren. An Rs liegt nun die volle Spannung von 200 Volt an. Die Verlustleistung des Rs wäre dann in unserem Beispiel 800 mW. Er wird also heiß und wir können den Fehler vielleicht schon mit der Nase finden.

Soll man den Kondensator Cs, der in ZF-Stufen ein Papierkondensator ist, austauschen? Das kommt darauf an. In einem alten Funkschau-Artikel, der während der Notzeit des Zweiten Weltkriegs geschrieben worden ist, wird empfohlen ihn trotz seines geringen Leckstroms zu belassen. Ein Ausfall ist sehr unwahrscheinlich. Der meist geringe Leckstrom setzt die Schirmgitterspannung nur unmerklich herab. Im Vergleich dazu hat die Toleranz des Widerstands Rs einen viel größeren Einfluss. Ich persönlich messe die Schirmgitterspannungen einfach mit dem Voltmeter nach. Wer einfach nur die Papierkondensatoren austauscht, ist nicht auf der sicheren Seite, denn er könnte ja einen hochohmigen Rs übersehen haben. Bei ganz alten Radios, die über Jahrzehnte in feuchten Räumen gelagert waren, wäre es allerdings eine Überlegung wert sämtliche Papierkondensatoren gegen moderne Kunststofffolien-Kondensatoren auszutauschen. In NF-Endstufen ist der Cs in der Regel ein Elko, der wie üblich hinsichtlich seiner Kapazität und seines Leckstroms zu prüfen ist.

Der Haken mit der Tetrode: Die Tetrode kommt noch nicht ganz der Idealvorstellung einer Verstärkeröhre nahe. Betrachten wir das nachfolgende Ausgangskennlinienfeld der Tetrode 24A. Es fällt sofort auf, dass bei niedrigen Anodenspannungen der Innenwiderstand Ri sogar negative Werte annimmt. Es gibt nämlich einen Abschnitt in Form einer Delle, in welchem der Anodenstrom abnimmt, wenn die Anodenspannung steigt:


Ausgangskennlinienfeld der Tetrode 24-A. Alle Kurven sind bei einer Schirmgitterspannung von 90 Volt aufgenommen. Auffallend ist der Bereich eines negativen Innenwiderstands bei niedrigen Anodenspannungen. Ansonsten verlaufen die Kurven ab einer bestimmten Anodenspannung viel flacher als bei einer Tetrode. Der Innenwiderstand Ri einer Tetrode ist viel höher als bei der Triode.

Wie kommt es zu dieser Delle im Ausgangskennlinienfeld der Tetrode? Die Tetrode weist einen Nachteil auf: Wenn die Anodenspannung bei hoher Leistung aussteuerungsbedingt unter die Schirmgitterspannung sinkt, so werden die unvermeidlichen Sekundärelektronen, die von den auftreffenden Elektronen aus der Anode herausgeschlagen werden, vom (positiveren) Schirmgitter angezogen und gelangen nicht zur Anode zurück. Das zeigt sich in einer charakteristischen Delle des Anodenstromes im Kennlinienfeld: Der Anodenstrom nimmt ab, obwohl die Anodenspannung zunimmt. Das entspricht rechnerisch einem negativen differentiellem Widerstand. Durchfährt die Anodenspannung diesen Bereich, führt das zu Verzerrungen, da der Anodenstrom hier nicht proportional zur Gitterspannung ist. Das Schirmgitter wird durch den zusätzlichen Elektronenstrom zudem thermisch belastet.

Eine Maßnahme, dieses Problem in den Griff zu bekommen, ist, den Abstand zwischen Anode und Schirmgitter möglichst groß auszulegen – so groß, dass das elektrische Feld der Anode möglichst alle Sekundärelektronen wieder einfangen kann und nur eine unbedeutende Menge zum Schirmgitter gelangt. Das ist zum Beispiel bei manchen Ausführungen der Endröhre EL11 und ECL11 aus DDR-Produktion der Fall (Quelle:Wikipedia).

Das Problem mit der Delle lässt sich mit einem weiteren Gitter beheben, wodurch eine Pentode entsteht.

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Die Pentode: Das Problem bei der Tetrode sind also die Sekundärelektronen, die beim Aufprallen der Elektronen auf die Anode aus dieser herausgeschlagen werden und von dem positiveren Schirmgitter eingefangen werden, womit diese Sekundärelektronen nicht mehr zur Anode gelangen und damit nicht mehr für die Verstärkung zur Verfügung stehen.

Abhilfe: Man muss es schaffen die von der Anode herstammenden Sekundärelektronen vom Schirmgitter fern zu halten und wieder zur Anode zurück zu lenken. Das ist durch ein weiteres, ziemlich weitmaschiges Gitter gelungen, welches dicht vor der Anode sitzt. Dieses Gitter wird Bremsgitter genannt. Die von der Kathode herstammenden, relativ schnell fliegenden Elektronen werden durch das Bremsgitter praktisch nicht abgebremst. Es sind die langsam fliegenden Sekundärlelektronen, die durch das Bremsgitter in Richtung Anode zurückgedrängt werden. Mit dem Bremsgitter ist aus einer Tetrode eine Pentode geworden. Das Bremsgitter wird direkt mit der Kathode verbunden. Oft ist der Anschluss für das Bremsgitter überhaupt nicht aus dem Kolben herausgeführt und intern mit der Kathode verbunden.


Schaltsymbol der Pentode mit herausgeführten Bremsgitter g3. Wenn das Bremsgitter nicht herausgeführt ist, dann ist das Bremsgitter innerhalb des Kolbens durch einen Strichführung verbunden (Bild-Quelle: Wikipedia).

Durch das Bremsgitter ist im Ausgangskennlinienfeld die Delle verschwunden, wie in der nachfolgenden Ausgangskennlinienschar zu sehen ist:


Ausgangskennlinienfeld der Pentode (Bildquelle: Wikipedia). Man vergleiche die Ausgangangskennlinie mit der eines n-Kanal-JFET.

Durch das Fehlen der Delle kann die Anodenspannung der Pentode viel weiter nach unten ausgesteuert werden als dies bei der Tetrode der Fall wäre. Das Bremsgitter ermöglicht somit einen Betrieb mit geringeren Anodenspannungen. Schaltungstechnisch besteht jedoch prinzipiell kein Unterschied zwischen einer Pentode und einer Tetrode.


Nach dem Entfernen des Anodenblechs kommen bei dieser NF-Endstufen-Pentode EL84 die verschiedenen Gitter zum Vorschein. Man achte genau auf die Abstände der Gitter. Das Steuergitter liegt sehr eng an der Kathode, um eine hohe Steilheit zu erreichen. Das Schirmgitter liegt ziemlich genau in der Mitte zwischen Steuergitter und Bremsgitter. Das Bremsgitter ist weitmaschig. Deutlich zu sehen ist der herausgeführte Bremsgitteranschluss (Bildquelle: Wikipedia).


Das Anodenblech einer EL84. Die Spuren des Elektronenbeschusses sind durch Verfärbungen auf der Innenseite erkennbar (Bildquelle: Wikipedia).

Mit der Pentode ist die Entwicklung der Verstärkerröhren abgeschlossen. Sie bildet die letzte Stufe einer langen Entwicklungsreihe. Röhren mit noch mehr Gittern haben den Zweck Wechselspannungen verschiedener Frequenzen zu mischen, wie des in Empfängern nach dem Superhetprinzip notwendig ist. Diese Röhren werden Mischröhren genannt.

Ein Nachteil der Pentode ist ihr relativ hohes Rauschen, was sich aber nur bei schwachen Signalpegeln bemerkbar macht. Wenn es auf geringes Rauschen ankommt, kommen Trioden zum Einsatz.

Einsatz von Pentoden: Pentoden werden gerne in ZF-Verstärkern eingesetzt, weil sich ihr hoher Innenwiderstand sich gut zur Ansteuerung von Bandfiltern eignet. Der hohe Innenwiderstand einer Pentode bedämpft kaum den Parallelschwingkreis eines Bandfilters, welcher als Arbeitswiderstand dient. Außerdem gibt es keine Probleme mit der Millerkapazität. Die weit verbreitete Pentode EF80 wurde hauptsächlich in Fernseh-ZF-Verstärkern eingesetzt. Mit der preisgünstigen EF80 lassen sich übrigens zum Experimentieren auch sehr gut Audione aufbauen, die bereits bei Anodenspannungen von etwa 30 Volt funktionieren.

Die EF85 und die EF89 sind Regelpentoden mit einer krummen Eingangskennlinie, um über den Arbeitspunkt die Verstärkung zu steuern. Sie werden in Rundfunk-ZF-Verstärkern eingesetzt. Je negativer Arbeitspunkt, desto geringer fällt die Spannungsverstärkung aus. Die negative Regelspannung wird direkt für die Steuergittervorspannung genutzt und den Steuergittern über hochohmige Widerstände zugeführt.

Pentoden dienen auch in den NF-Endstufen als NF-Endstufenröhren, wovon die EL84 zu den bekanntesten gehört.

Spannungsverstärkung: Um die Spannungsverstärkung V einer Kathodenbasisschaltung ohne Gegenkopplung zu berechnen, kann der Innenwiderstand Ri der Pentode vernachlässigt werden. Dann gilt:

V = S * Ra

Dabei ist V = Spannungsverstärkung, S = Röhrensteilheit, Ra = Arbeitswiderstand. Da der Innenwiderstand Ri der Pentode im Gegensatz zu Triode keine Bedeutung mehr hat, ist die Spannungsverstärkung der Pentode höher als bei der Triode. Schade nur, dass die Pentode mehr Eigenrauschen erzeugt als die Triode.


Kathodenbasisschaltung mit einer Pentode.

Die obige Schaltung nennt sich Kathodenbasisschaltung, weil die Kathode wechselspannungsmäßig auf Masse liegt. Der Kondensator C3 wurde so groß gewählt, dass für Wechselspannung R2 kurzgeschlossen ist. Es liegt also keine Gegenkopplung, weshalb die einfache Faustformel V=S*Ra Anwendung finden kann. Ra kann zum Beispiel die Primärwicklung eines NF-Ausgangsübertragers sein oder ein Parallelschwingkreis in einem ZF-Verstärker.

Ausgangswiderstand: Der Ausgangswiderstand dieser Schaltung entspricht mit guter Nährung dem Arbeitswiderstand Ra. Angenommen der Arbeitswiderstand Ra hätte 50 kOhm, dann hätte der Ausgangswiderstand dieser Verstärkerstufe ebenfalls 50 kOhm. Dies bedeutet zum Beispiel, dass die Ausgangsspannung auf die Hälfte sinken würde, wenn wir einen Verbraucher mit einem Widerstand von 50 kOhm anschließen würden. Für den direkten Anschluss eines Lautsprechers, der 5 bis 8 Ohm Impedanz hat, ist diese Schaltung also vollkommen ungeeignet. Deshalb ist zur Impedanzanpassung ein Ausgangsübertrager notwendig.

Warum rauschen Pentoden und Tetroden mehr als Trioden? Das kann man sich bildhaft dadurch erklären, dass die Elektronen auf dem Weg von der Kathode zu Anode sich an verschiedenen Gittern “vorbeischlängeln” müssen, wobei sie von ihrer geraden Bahn abgelenkt werden. Manche Elektronen erreichen die Anode früher als andere. Mit der Summe dieser Unregelmäßigkeiten lässt sich das Rauschen teilweise erklären. Ein natürlicher Bach mit vielen Steinen in seinem Wasserlauf rauscht ja auch mehr als ein kerzengerader, betonierter Bewässerungskanal. So lässt sich das Elektronenrauschen unwissenschaftlich erklären.

Gerade bei schwachen Signalen im Eingangsbereich eines Empfängers ist das Eigenrauschen besonders störend, denn dieses Eigenrauschen würde durch die nachfolgenden Verstärkerstufen weiter verstärkt. Am Anfang versuchte man tatsächlich Pentoden in UKW-Tunern einzusetzen, bis man herausfand, dass es mit Trioden besser geht. In ZF-Verstärkern fällt das Eigenrauschen der Pentoden kaum mehr ins Gewicht, weil die Eingangspegel bereits durch die Vorstufen angehoben worden sind.

Das Problem mit dem Rauschen der Eingangsstufen kann ich mir auf folgende Weise gut einprägen. Meine bessere Hälfte steht unter der laufenden Dusche und möchte sich mit mir unterhalten. Ich verstehe sie kaum, weil das Rauschen der Dusche stört. Ein Hörgerät zur Verstärkung würde in dem Fall bei mir auch nicht helfen, denn es würde gleichermaßen das Rauschen und die Stimme anheben. Das Signal-Rausch-Verhältnis ändert sich nicht. Selbst rauscharme Transistoren im Hörgerät helfen nichts, denn sie verstärken das Eingangsrauschen auch. Es gibt im Wesentlichen zwei Lösungen. Entweder die Dusche – also die Rauschquelle – abstellen, oder lauter sprechen, also das Nutzsignal gegenüber dem Störsignal durch eine höhere Senderleistung anheben. Mit diesem Beispiel versteht man auch, warum ein rauscharmer UKW-Vorverstärker den Empfang nicht verbessern kann, wenn das Signal an der Antenne durch viele Störquellen der Umgebung bereits verseucht ist.

Strahlpentode (Beam-Power-Tetrode): Das ist eine Pentode, bei der das Bremsgitter durch eine speziell gebogenes Blech ersetzt wurde ( http://de.wikipedia.org/wiki/Strahlpentode ). Die Strahlpentode wurde erfunden, um patent-rechtlichen Problemen aus dem Weg zu gehen. Die Pentode ist auf  Grund des zusätzlichen Bremsgitters 1926 von Philips patentiert worden. Die Strahlpentode wurde 1932 von EMI patentiert. Die Strahlpentode wurde nur deshalb Beam-Power-Tetrode genannt, um lizenzrechtliche Probleme aus dem Weg zu gehen. Für Strahlpentoden wird dasselbe Schaltsymbol verwendet wie für Pentoden. Auch gibt es keine prinzipiellen schaltungstechnischen Unterschiede. Siehe auch “Innenaufbau der Beam-Power-Tetrode im Vergleich zur Pentode“.

Mechanischer Aufbau einer Pentode, Fabrikation von Röhren: Faszinierende Makro-Aufnahmen von der Anatomie einer Pentode gibt es hier von der EF89. Zwei Filme über die industrielle Herstellung von Röhren gibt es auf YouTube:

Mullard – The Blackburn Vacuum Tubes Factory
The Manufacture of Radio Valves – Presented by Mullard

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Mischröhren: Wir haben ja schon mitbekommen, dass wir auch über die Schirmgitterspannung den Anodenstrom ändern könnten. Wir könnten gleichzeitig auf das Steuergitter und auf das Schirmgitter zwei verschieden Wechselspannungen geben, um diese dann zu mischen. Viel besser funktioniert dies aber mit speziellen Mischröhren, die dafür mehrere Steuergitter enthalten. Oft ist im selben Glaskolben noch eine Triode untergebracht, der als Oszillator geschaltet die Frequenz erzeugt, mit der die Eingangsfrequenz gemischt wird, um daraus die Zwischenfrequenz in einem Superhet-Empfänger zu erzeugen. Ein sehr bekannter Vertreter dieser Mischer-Oszillator-Röhre ist die ECH81. Die Mischröhren sind ab http://de.wikipedia.org/wiki/Elektronenr%C3%B6hre#Hexode sehr gut beschrieben.

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Einige weitere Bauformen von Röhren: Stahlröhren sind in einem Kolben aus Stahl untergebracht und wurden etwa ab 1937 produziert. Subminiaturröhren oder Bleistiftröhren sind miniaturisierte Allglasröhren und wurden gegen Ende des Zweiten Weltkriegs ursprünglich für militärische Anwendungen entwickelt. Sie kamen unter anderen in Bombenzündern, Hörhilfen und tragbaren Kofferradios zum Einsatz. Nuvistoren sind extrem kleine Röhren in einem Stahlgehäuse mit einem Boden aus Keramik. Sie kamen 1959 auf dem Markt und stellen einer der letzten Entwicklungen der Röhrentechnik dar.

Eine typische Röhrenbestückung eines Röhrenradios aus den 1950er Jahren: Nachfolgend das Blockschaltbild eines möglichen Überlagerungsempfängers für UKW und AM (Lang- bis Kurzwelle) mit einem weit verbreiteten Röhrensatz aus dieser Epoche. Aus Kostengründen und zur Platzersparnis wurden mehrere Röhrensysteme in einem Glaskolben untergebracht. Die ECH81 besteht z.B. aus einer Triode und einer Heptode.


Blockschaltbild eines typischen Röhrenradios für UKW und AM nach dem Superhet-Prinzip aus den 1950er- oder 1960er-Jahren (Größeres Bild durch Anklicken des Bildes) mit einer typischen Röhrenbestückung. Für Allstromgeräte gibt es viele dieser Röhren mit anderen Heizspannungen. Sie haben dann ein U an Stelle eines E als ersten Buchstaben ihrer Typen-Bezeichnung.

Da in europäischen Radios ab Mitte der 1950er-Jahre oft identische oder ähnliche Röhrensätze zum Einsatz kamen, können erfahrene Instandsetzer ohne Schaltbild ein Radio reparieren. Die Röhrensätze ließen nämlich nur geringe Spielräume im Schaltungsentwurf zu. Nachfolgend die Vorstellung der einzelnen Röhren und ihre Funktion im Radio. Man beachte, dass das Netzteil und die NF-Endstufe wegen der darin umgesetzten hohen Leistungen die kritischen Schaltungsteile eines Röhrenradios sind.

EZ80: Doppelgleichrichter in einem Glaskolben für die Vollweggleichrichtung im Netzteil zur Erzeugung der Gleichspannung für die Anoden. Erscheinungsjahr 1952. Der Ladelko CL darf nur maximal 50 uF groß sein und muss eine  Spannungsfestigkeit von mindestens 385 Volt besitzen, falls er ersetzt wird. Der Siebelko CS darf bei Ersatz fast beliebig groß sein. 200 uF sind kein Problem. Auch dieser Kondensator muss für mindestens 385 Volt ausgelegt sein. Verbrauchte Gleichrichterröhren haben einen zu hohen Spannungsabfall, der normal bei etwa 30 Volt liegt. Ein Austausch ist nur nötig bei Funkenüberschlag und hellen Leuchterscheinungen durch schlechtes Vakuum. Ab etwa 1950 wurden die Gleichrichterröhren durch Selengleichrichter in Brückenschaltung ersetzt. Brummt es nach dem Aufwärmen der Kathoden tief aus dem Lautsprecher, dann sind meistens der Sieb- und Ladeelko ausgetrocknet. Oder der Ladeelko hat einen gefährlich hohen Leckstrom, was zur Zerstörung der Gleichrichter und des Netztrafos führen kann. Deshalb darf ein altes, unbekanntes Radio nicht ohne vorhergende Prüfung an die Netzsteckdose angeschlossen werden.

ECC85: UKW-Doppeltriode, Erscheinungsjahr 1954, Nachfolger der ECC81. Die ECC85 besteht aus zwei Trioden in einem Glaskolben. Die eine Triode dient als Eingangsverstärker für UKW, die andere Röhre dient gleichzeitig als Oszillator und Mischer, um das Eingangssignal auf die ZF von 10,7 MHz zu mischen. Die ECC85 ist oft taub, was zu unempfindlichen UKW-Empfang führt. Weglaufen der  UKW-Sender oder periodischer Ausfall des UKW-Empfangs kann auch an einer defekten ECC85 liegen. Mit gewissen Risiken und Nebenwirkungen kann die ECC85 zur Empfindlichkeitssteigerung durch die wesentlich steilere PCC88 ersetzt werden. Die ECC85 sitzt meistens unter einem Abschirmbecher auf einem kleinen Blechkasten, in dem sich der UKW-Tuner befindet.

ECH81: Erscheinungsjahr 1952. Sie besteht aus einer Heptode und einer Triode. Die Triode ist als Oszillator geschaltet. Der Heptode wird das AM-Signal über einen Vorkreis von der Antenne zugeführt und das Oszillatorsignal, um die Empfangsfrequenz auf die Zwischenfrequenz von meist um die 460 kHz zu mischen. Die Verstärkung der Heptode kann über die Regelspannung geregelt werden. Diese Regelspannung liefert gleichzeitig die negative Steuergittervorspannung. Je negativer diese Regelspannung, desto geringer die Verstärkung. Bei UKW-Empfang ist der Oszillator abgeschaltet und die Heptode dient nur zur Vestärkung der UKW-ZF, welche auf 10,7 MHz liegt. Die ECH81 ist oft taub. Ein Austausch kann den UKW-Empfang verbessern. Setzt der Oszillator an den Bandenden aus, kann dies auch an einer verbrauchten ECH81 liegen. Die ECH81 kann problemlos mit der ECH83 ausgetauscht werden, obwohl im Datenblatt andere Grenzwerte beschrieben sind.

EF89: Regelpentode für die ZF, seit 1954, Nachfolger der EF85. Probeweise hatte ich einmal eine EF89 durch eine EF85 ersetzt, was zu einer Schwingneigung führte. Die EF89 ist selten defekt. Die negative Regelspannung dient für die Erzeugung der negativen Steuergittervorspannung.

EABC80: Erscheinungsjahr 1952. Sie besteht aus drei Dioden und einer Triode. Zwei Dioden werden für die FM-Demodulation benötigt, die dritte Diode dient gleichzeitig für die AM-Demodulation und für die Regelspannungserzeugung. Je stärker das Signal, desto negativer ist die Regelspannung, was die Verstärkung der geregelten Röhren, also der Pentode EF89 und der Hexode in der ECH81 herabsetzt. Durch diesen Regelkreis entsteht der Schwundausgleichung. Die Regelung erfolgt mit Hilfe eines RC-Tiefpasses etwas träge, damit nicht die amplitudenmodulierten Tonfrequenzen, also die Musik und die Sprache, weggeregelt werden. Bei UKW-Empfang ist die Schwundregelung abgeschaltet, damit der ZF-Verstärker mit maximaler Verstärkung arbeitet. Die Triode der EABC80 dient als erste Verstärkerstufe des NF-Teils.

EL84: Erscheinungsjahr 1953. Sehr weit verbreitete NF-Endstufenröhre also Pentode, wird heute noch hergestellt. Bei verzerrtem Klang ist die Röhre und ihr Arbeitspunkt zu prüfen. Am Kathodenwiderstand fallen etwa 7 Volt ab. Der Koppelkondensator zum Steuergitter ist obligatorisch gegen einen modernen Kunststofffolienkondensator zu ersetzen oder es ist ein solcher wenigstens in Serie zu dem alten Koppelkondensator zu schalten. Der Leckstrom des alten Koppelkondensators kann die EL84 und das Netzteil durch einen zu hohen Anodenstrom langfristig zerstören. Die EL84 arbeitet mit einem Ruhestrom von etwa 40 mA, was etwa über die Hälfte des gesamten Anodenstroms eines Radios ausmachen kann. Ist nach dem Aufwärmen des Radios ein Brumm bei leiser Lautstärke aus dem Lautsprecher zu hören, der in den nächsten Minuten immer lauter wird, dann kann ein Feinschluss zwischen Kathode und Heizfaden vorliegen.

EM84 und andere Magische Augen: Die EM84 ist eine von vielen Magischen Augen, das durch ein grünes Leuchtband die Empfangsfeldstärke anzeigt. Dazu wird das Magische Auge über die Regelspannung angesteuert. Für den Empfang haben Magische Augen keine Funktion und nicht alle Radios besitzen ein Magisches Auge. Gewöhnlich leuchten Magischen Augen nicht mehr oder nur sehr schwach, weil ihre Leuchtschicht verbraucht ist. Eine Erhöhung der Anodenspannung leistet nur kurzfristig Abhilfe. Es gibt eine Vielzahl von Magischen Augen, die alle als zweiten Buchstaben ein “M” besitzen. Die EM84 ist nur eine der möglichen Typen die in Radios eingesetzt wurden. Die EM84 wurde 1957 eingeführt und ab 1961 durch die EM87 abgelöst. Durch Änderung eines Widerstands (dem 470 kOhm-Widerstand ein Widerstand mit ungefähr 127 kOhm parallel schalten) kann die EM84 durch die EM87 ersetzt werden, welche als 6E2 aus chinesischer Produktion kostengünstig angeboten wird. Magische Augen sind auf Grund ihrer hohen Nachfrage recht teuer geworden. Deshalb werden durch Umbauten gerne andere, kostengünstiger Typen eingesetzt. Weitere Umbauanleitungen findet man durch eine Suche im Internet. Eine EM34 kann durch eine 6E5C ersetzt werden und eine EM80 kann durch eine 6E2 ersetzt werden.


Das Leuchtband einer kostengünstigen chinesischen 6E2 im Probebetrieb als Ersatz für eine EM84, EM87 oder EM80, die allerdings ein fächerförmiges Leuchtfeld besitzt. Als Ersatz für die EM84 oder EM80 sind Umbauten nötig ( https://elektronikbasteln.pl7.de/das-magische-auge-em80-durch-eine-6e2-ersetzen )

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Wie funktioniert ein Röhrenprüfer? An dieser Stelle können wir auch leicht verstehen, wie ein Röhrenprüfer funktioniert. Er funktioniert meistens nach der statischen Methode und besteht aus Netzteilen, die es erlauben die Spannungen für die Anode, das Schirmgitter und das Steuergitter einzustellen. Außerdem werden die notwendigen Heizspannungen zur Verfügung gestellt. Im einfachsten Fall müssen diese Spannungen laut einer Röhrentabelle für die jeweilige Röhre eingestellt werden. Nach der notwendigen Aufwärmphase lesen wir den Anodenstrom ab. Befindet er sich im grünen Bereich, wird die Röhre als in Ordnung eingestuft. Damit lassen sich taube Röhren ausfindig machen. Alle Röhrenfehler lassen sich allerdings damit nicht feststellen. Die Röhren prüfe ich mit einem selbst gebauten Röhrenprüfer. Da Röhrenprüfer sehr teuer geworden sind, lohnt sich der Selbstbau.

Teströhren: Eine andere Möglichkeit Röhrenfehler ausfindig zu machen, ist der Einsatz von Teströhren. Das sind Röhren, von denen wir wissen, dass sie in Ordnung sind und die testweise im Radio eingesetzt werden.

Können alte Röhren repariert werden? Sie können in elektrischer und mechanischer Hinsicht repariert werden. Die Glaskolben werden mit Glasreiniger, Wattestäbchen und Haushaltspapier gereinigt, wobei kein Glasreiniger auf die Bedruckung gelangen darf, da diese sonst verwischt. Stark korrodierte Kontaktstifte können mit einer Schraubenzieherklinge und einem Glasfaserpinsel gereinigt werden. Wackelnde Röhrensockel lassen sich mit Sekundenkleber befestigen. Abgebrochene Drähte im Röhrensockel können ebenfalls wieder angelötet werden. Ist der obere Anschluss am Kolbendom abgebrochen, kann dieser ebenfalls wieder angelötet werden. Die Vorgehensweise ist unter “Abgebrochenen Draht am Kolbendom einer  Elektronenröhre reparieren” beschrieben. Schließlich sind manche alte Röhren mit einer elektrisch leitenden Schicht lackiert. Wenn diese beschädigt ist, kann unerwünschte Schwingneigung auftreten. Diese Schicht kann zum Beispiel mit Silberleitlack repariert werden.

In elektrischer Hinsicht können taube Kathoden durch überhöhte Heizspannungen wieder regeneriert werden. Selbst Kurzschlüsse zwischen den Elektroden können mit etwas Glück durch Klopfen, wozu früher ein Röhrenhammer zum Einsatz kam, beseitigt werden. Elektrodenschlüsse und Heizfaden-Kathoden-Feinschlüsse lassen sich auch durch kurzzeitiges Anlegen hoher Spannungen beseitigen. Dafür gab es spezielle Geräte. Allerdings kann dies den Totalverlust der Röhre bedeuten.

Wie ziehe ich eigentlich eine Röhre aus der Fassung? Auf jeden Fall sollte die Röhre so weit abgekühlt sein, dass man sich nicht mehr die Finger verbrennt. Außerdem sollte der Netzstecker gezogen sein. Das Ziehen der Röhren mit Pressglassockeln ist kein Problem. Ich ziehe sie mit leicht pendelnder Bewegung nach oben hinaus. Bei alten Röhren mit Sockeln wird es schon problematischer. Diese fasst man an den Sockeln an und nicht am Glaskolben, da sonst beim Herausziehen der Glaskolben abreißt. Manchmal helfe ich vorsichtig mit einem Schraubzieher zwischen Pressstoff-Sockel und Fassung nach, wobei aber der Sockel beschädigt werden kann. Er lässt sich aber mit Zweikomponentenkleber wieder kleben. Vorher kann die Fassung mit HF-Kontaktspray besprüht werden, was durch Schmierung die Kräfte an den Kontakfedern weiter reduziert. Ebenso vorsichtig gehe ich bei den oberen Kappen am Kolbendom vor, die ich mit HF-Kontaktspray vor dem Abziehen schmiere.

Schaltungstechnik der Röhrenradios und Reparaturtipps: Mit dem hier vermittelten Basiswissen über Röhren können wir jetzt die Schaltungstechnik eines Röhrenradios gut verstehen. Sie ist auf folgenden Seiten beschrieben:

Superhet oder Überlagerungsempfänger: Er ist unter http://www.jogis-roehrenbude.de/Radiobasteln/Superhet/Superhet.htm und den folgenden Seiten beschrieben.

NF-Röhrenendstufe: Wie eine NF-Röhrenendstufe funktioniert ist unter “Audio-Endstufe mit einer Pentode dimensionieren” beschrieben.

Geradeausempfänger: Wie Audionschaltungen und Geradeausempfänger mit Röhren funktionieren, ist unter http://www.jogis-roehrenbude.de/Radiobasteln/Geradeaus-Empfaenger.htm und http://www.jogis-roehrenbude.de/Leserbriefe/Rauschenberg-EF80-Einkreiser/Rauschenberger-Einkreiser.htm beschrieben.

Netzteile der Röhrenradios: Da habe ich leider nur etwas unter http://home.arcor.de/radio-freak/nostalgie/schaltung.htm und unter http://www.welt-der-alten-radios.de/technik-1-wie-funktioniert-radio-142.html#Stromversorgung gefunden.

Allgemeine unverzichtbare praktische Tipps zur Reparatur alter Radios: Diese habe ich unter http://elektronikbasteln.pl7.de/roehrenradios-reparieren.html und http://www.welt-der-alten-radios.de/kompendium-inhalt-243.html zusammengestellt.

Vertiefende Literaturtipps für die Berechnung von Röhrenschaltungen: John F. Rider, Inside the Vacuum Tube, 1946, Download unter http://www.tubebooks.org/Books/rider_inside.pdf. Sehr ausführlich und sehr anschaulich im leicht verständlichen Englisch mit vielen Bildern.

Für theoretisch Interessierte sind die Lehrbücher der Elektronenröhren von Barkhausen sehr zu empfehlen. Den ersten Band gibt es unter http://raumladung.wordpress.com/ als PDF zum Herunterladen.

Datenblätter von Röhren: http://tdsl.duncanamps.com/tubesearch.php

Wie werden Elektronenröhren industriell hergestellt? Dazu gibt es zwei historische Filme auf YouTube:

Mullard – The Blackburn Vacuum Tubes Factory
The Manufacture of Radio Valves – Presented by Mullard