MT63 – Die vergessene digitale Betriebsart im Amateurfunk

Nun ist es ziemlich genau 15 Jahr her. Anlass für eine kurze Rückbesinnung. Es war im März 2000. Der italienische Funkamateur IZ8BLY entwickelte ein kostenloses Windows-Programm für die Soundkarte, auf dem die digitale Betriebsart MT63 für die Textübertragung läuft. Es kommt überwiegend auf der Kurzwelle zum Einsatz. Bis dahin lief das Programm entweder auf Linux oder auf einem DSP-Board.

MT63 war das Gegenstück zu PSK31. Während PSK31 mit unter 100 Hz Bandbreite auskommt, benötigt MT63 je nach gewähltem Modus 500 bis 2000 Hz Bandbreite. Im Lautstprecher ist es nur als ein Rauschen zu vernehmen. Auf deml Wasserfall sieht es wie eine scharf umgrenzte Fläche verstärken Rauschens aus.


Screenshot des MT63-Programms von IZ8BLY. Oben ist das Empfangsfenster. Die Texteingabe erfolgt im unteren Fenster. Im rechten Fenster befindet sich die Wasserfallanzeige. Im kleinen Feld rechts oben erscheint die „Visitenkarte“.

Hohe Robustheit und große Bandbreite: Das MT63-Verfahren zeichnet sich durch hohe Robustheit aus. Dazu ist die Information durch FEC-Verfahren zeitlich verschachtelt verteilt. Die Information wird wie auf einer CD-ROM oder Audio-CD mehrfach übertragen. Dann ist die Information auch noch auf dem bis zu 2 kHz breiten Spektrum verteilt. Damit ist MT63 gegen kurze Störimpulse und schmalbandige Störer robust.

Während PSK31 durch einen Träger leicht  zu stören ist, hatten genervte Funkamateure auf Einseitenbandphonie kaum eine Chance das als Bandeindringlin missgedeutete MT63-Signal durch massives Stören zu vetreiben. Das gelang weder mit SSB-Phonie, CW- PSK31- oder RTTY-Signale. Die hohe Redundanz macht das MT63 extrem störfest. Mit einem MT63-Signal konnte man sich einfach auf die belegte Frequenz einer SSB-Phonierunde setzen und so weit die Sendeleistung herunterdrehen, dass die SSB-Runde von dem Rauschen überhaupt nichts bemerkte. Aber die Textübertragung gelang immer noch einwandfrei.


Bild aus dem Jahr 1999. Damals war ein Pentium 133 mit Windows 95 im Einsatz, was für MT63 völlig ausreichend ist. Meine Antenne war ein endgespeister Draht unter dem Dach von etwa 10 Meter Länge. Zum Bandwechsel musste man auf den Speicher klettern, um dort die Antenne neu anzupassen. Mit dem alten, flimmernden und relativ unscharfen Röhrenmonitor habe ich mir die Augen verdorben. Das Internet kam übrigens noch aus einem Telefonmodem. Es war langsam, jede Minute kostete Geld und gleichzeitig war die Telefonleitung belegt. Ein Mobiltelefon hatte ich noch nicht. Hinten ist der FT-747GX zu sehen, den ich ich immer noch betreibe.

Nachteile: MT63 hat neben der großen Bandbreite auch andere Nachteile. Die Taktfrequenz der Soundkarte muss für eine effiziente Datenübertragung exakt stimmen. Andernfalls verschlechtert sich das minimale Signal-Rausch-Verhältnis für eine fehlerlose Datenübertragung. Das Korrigieren der Taktfrequenz war umständlich und mit Rechenarbeit verbunden. Kommt die Synchronisation aus dem Tritt, ist nur noch ein wirrer Zeichensalat zu sehen. Dasselbe kann auch passieren, wenn der Empfänger die Sendefrequenz nicht genau trifft. Besonder schwierig ist es, wenn das MT63-Signal so schwach ist, dass es auf dem Wasserfall kaum zu erkennen ist.

Notfunk mit MT63 und viele Zeitungsartikel in der Lokalpresse: Mein damaliger OV A36 machte Experimente mit MT63 für den Einsatz im Katastrophenfunk als kostengünstige Alternative gegenüber den Pactorverfahren, für die ein Modem notwendig ist. Herausgekommen sind ein paar schöne Zeitungsartikel als lokale PR-Maßnahme für den Amateurfunk. Meine Pressetexte wurden übrigens fast wortwörtlich übernommen. Damals war mein Deutsch offenbar noch nicht durch mein langjähriges deutsch-schwedisches Zwitterdasein beschädigt.


Notfunk-Artikel in der „Brettener Woche“ vom 10. August 2000. Für eine Großdarstellung auf das Bild klicken.


Artikel in der Brettener Ausgabe der Badischen Neusten Nachrichten (BNN) vom 8.8.2000 (Großdarstellung per Klick auf den Artikel).


Das kostenlose „Wochenblatt Bruchsal & Region, DIE NEUE“ brachte am 15.8.2000 ebenfalls den Artikel in ungekürzter Form auf der Seite 3 unter „Region“ (Für eine Großansicht auf den Artikel klicken).

MT63 hat sich nicht für den Notfunkeinsatz durchgesetzt. Dafür kommen heute Winlink, Pactor und Winmor zum Einsatz, um nur einige digitale Verfahren zu nennen. Aber was sich geändert hatte, ist, dass der Amateurfunk in  Deutschland mehr und mehr im Notfunk aktiv ist.

Bedienung und Download von MT63: Die Bedienung des MT63-Programm von IZ8BLY ist hier in einem alten Artikel von mir beschrieben. Das Programm ist noch unter http://antoninoporcino.xoom.it/MT63/index.htm zu finden. 2004 hatte IZ8BLY wohl seine Entwicklung eingestellt. Inzwischen ist MT63 aber in vielen anderen Programmen für Digimodes integriert.

Weitere Infos: Wie MT63 funktioniert und wie es klingt, ist unter https://de.wikipedia.org/wiki/MT63 und den dort befindlichen Links beschrieben.