Wenn das Röhrenradio brummt

Einer der häufigsten Fehler alter Röhrenradios ist ein Brummen aus dem Lautsprecher. Meistens liegen typische, altersbedingte Fehler dahinter.

Vorsicht: In Röhrenradios herrschen tödliche Spannungen von bis zu 400 Volt, die auch nach dem Abschalten des Radios noch eine unbekannte Zeit bestehen bleiben können. Bei Allstromgeräten, die ohne Netztrafo arbeiten, kann darüber hinaus am Chassis die volle Netzspannung von 230 Volt anliegen.

Vorbemerkung: Die Ursache des Brumms liegt fast immer im Netzteil oder in den NF-Stufen. Für die Untersuchung des Brumms im Netzteil oder in der NF-Stufe schalten wird das Radio auf den den Tonabnehmereinfang (TA oder TB) oder ziehen wenigstens die Antenne. Wie ein Röhrenradio aufgebaut ist und wie Röhren funktionieren ist unter

http://elektronikbasteln.pl7.de/roehrenradios-reparieren.html

und den weiterführenden Links beschrieben. Alte Röhrenradios für Netzbetrieb haben konstruktionsbedingt oft einen leichten, unterschwelligen Brumm. Insbesondere brummen Allstromradios. Früher war es schwer und teuer Elkos mit großen Kapazitäten zu bauen. Auch waren die Gleichrichter nicht für große Ladeelkos ausgelegt. Ein unterschwelliger Brumm wurde bis in die Mitte der 50er Jahre hingenommen.

Erstes Einschalten eines alten Röhrenradios: War ein unbekanntes Röhrenradio über viele Jahre nicht in Betrieb, kann man es nicht einfach so mal einschalten, um zu sehen, was passiert. Oft sind die Sieb- und Ladeelkos defekt. Sie haben zu geringe Kapazität und gerade am Anfang in den ersten Minuten einen viel zu hohen Leckstrom. Die Folge sind neben einem starken Brumm ein viel zu hoher Leckstrom des Lade- und Siebelkos, wodurch der Netztrafo und die Gleichrichter zerstört werden können. Wenn es sich um einen Selengleichrichter handelt, macht sich ein Geruch nach faulen Eiern bemerkbar. Wie Selengleichrichter gegen moderne Brückengleichrichter ausgetauscht werden können, ist unter

http://elektronikbasteln.pl7.de/ … defekten-selengleichrichter- … roehrenradio.html

beschrieben.

Durch den hohen Einschaltstrom kann auch der Netztrafo durch Überhitzung beschädigt werden, was sich durch einen stechenden Geruch bemerkbar macht. Er wird zum Beispiel durch einen Windungsschluss heiß. Ein passender Netztrafo kann meistens beschafft werden. Der Austausch ist aber mit viel Aufwand verbunden.


Typischer Aufbau eines Netzteils in einem Röhrenradio. CL ist der Ladeelko und Cs der Siebelko. Der Anschluss A geht meistens direkt zum NF-Übertrager der NF-Endstufe. Der Anschluss B versorgt die übrigen Stufen des Radios und liefert die Schirmgitterspannung der NF-Endröhre. Der Siebwiderstand R kann eine Siebdrossel sein. Er kann auch bei alten Lautsprechern die Feldwicklung darstellen.

Um ein Überlastung beim ersten Einschalten zu verhindern, kann im einfachsten Fall eine 60-Watt-Glühlampe in Serie zum Netzanschluss und zum Radio betrieben werden. Wenn die Glühbirne dunkel glüht, ist das gutes Zeichen. Wenn sie allerdings hell leuchtet, hat das Netzteil einen Defekt. Wenn spätestens nach ein paar Minuten ein satter Brumm aus dem Lautsprecher ein satter Brumm von 50 oder 100 Hz ertönt, liegt dies mit hoher Wahrscheinlichkeit an defekten Sieb- und Ladeelkos.


Wenn kein regelbarer Trenntrafo vorhanden ist, kann eine 60-Watt-Glühbrine als Vorwiderstand dem Radio in Serie vorgeschaltet werden. Leuchtet die Birne wie hier nur dunkel, ist dies ein gutes Zeichen. Die hier vorgestellte Verdrahtung ist natürlich wegen des fehlenden Berührschutz nur als Laboraufbau unter konrollierten Bedingungen zu verstehen.

Formieren von Elkos: Diese Elkos können formiert werden. Wie das geht, ist unter

http://elektronikbasteln.pl7.de/elkos-in-roehrenradios-formieren.html

beschrieben.

Lade- und Siebelkos ersetzen: Wenn das formieren nicht funktionert, sind neue Elkos einzubauen. Falls der Leckstrom der Sieb- und Ladelkos etwa unter 10 mA liegt, müssen die alten Elkos nicht entfernt werden. Es können dann neue Elkos parallel zu den alten Elkos geschaltet werden. Moderne Ausführungen sind zum Glück recht klein. Auf richtige Polarität ist zu achten. Andernfalls verabschieden sich die Elkos mit einem lauten Knall. Außerdem ist auf ausreichende Spannungsfestigkeit zu achten. Zwar liefert ein Netzteil von Röhrenradios im Betrieb meistens eine Spannung von etwa 250 Volt, doch müssen die Elkos mindestens 385 Volt aushalten können. Wenn die Röhren kurz nach dem Einschalten noch kalt sind, kann noch kein Strom durch die Anoden fließen. Dadurch ist das Netzteil nicht belastet und die Spannung steigt auf fast 400 Volt an. Der Ladeelko darf die vorgeschriebene Kapazität nicht übrschreiten, da sonst die Selengleichrichter oder die Gleichrichterröhre überlastet wird. Die Kapazität des Siebelkos darf praktisch beliebig groß sein, da sein Einschaltstrom durch den Vorwiderstand oder durch eine Netzdrossel begrenzt wird.


Oben ein alter Elektrolytkondensator (Becherelko). Unten neue Elkos, welche als Ersatz in Frage kommen können.


In den alten Becheelkos sind oft mehrere Elkos untergebracht.  Der Minuspol liegt am Alubecher. Diese Elkos hier stammen aus alten Fernsehern.

Diagnose defekter Sieb- und Ladeelkos: Das Radio brummt satt ohne Oberwellenanteile. Dreht man die Lautstärke auf, wird der Brumm von der Musik übertönt. Dreht man die Bässe auf, brummt es auch lauter. Das ist dann ein Zeichen für defekte Sieb- und Ladeelkos. Nun kann man die Vorröhre herausziehen. Meistens ist es eine EABC80. Wenn es dann immer noch brummt, dann ist das ein weiteres Zeichen dafür, dass das Brummen von einer schlechten Siebung der Anodenspannung stammt.

Lautsprecher mit elektrodynamischer Felderregung: Früher konnte man starke Permanentmagnete noch nicht herstellen. Viele Lautsprecher vor 1950 hatten deshalb eine Erregerspule, um das magnetische Feld im Lautsprecher zu erzeugen. Diese Erregerspule war gleichzeitig die Siebdrossel des Netzteils. Damit stellte sie auch eine Brummkompensation dar. Vertauscht man die Anschlüsse dieser Erregerspule, wird der Brumm bei richtiger Polarität leiser oder verschwindet ganz.

Feinschluss zwischen Kathode und Heizfaden: In manchen eher seltenen Fällen hat die NF-Endröhre einen Feinschluss zwischen der indirekt geheizten Kathode und dem Heizfäden. Dies macht sich durch einen satten Brumm bemerkbar, der nach dem Einschalten immer lauter wird. Je nach Schweregrad fällt der Brumm kaum auf oder macht sich unangenehm bemerkbar. Ein Austausch der Röhre schafft Klarheit.

Zu hoher Anodenstrom der Endröhre durch defekten Koppelkondensator: Meistens hat der Koppelkondensator zum Steuergitter der NF-Endröhre einen zu hohen Leckstrom. Dadurch verändert sich der Arbeitspunkt der Endröhre. Das führt nicht nur zu Verzerrungen und zu einer Überlastung der Endröhre durch zu hohen Anodenstrom. Durch den zu hohen Anodenstrom ist das Netzteil überlastet und der Brummanteil höher. Dieser Koppelkondensator gehört deshalb immer ausgetauscht. Wenn die Endröhre eine EL84 ist, sollte an ihrem Kathodenwiderstand etwa 7 Volt abfallen.


Der hier rot umkreiste 10nF-Kondensator ist der Koppelkondensator zum Steuergitter. Sein Lecktstrom kann für das gesamte Radio gefährlich werden. Deshalb ist dieser Kondensator zur Sicherheit immer auszutauschen. Oder wir schalten einen modernen Kunststofffolienkondensator von ausreichender Spannungsfestigkeit und etwa 100 nF Kapazität in Serie zu diesem Kondensator. Wenn der Elkos zwischen Kathode und Masse defekt ist, dann klingt das Radio hell und leise.

Schlechte Kontakte der Röhrensockel und Fassungen: Dies kann auch zu Brumm und jede Menge rätselhafter Effekte führen, weshalb eine Reinigung der Kontakte an den Fassungen und Sockeln der Röhren obligatorisch ist. Elektronikkontaktspray ist geeignet.

Brumm mit Oberwellenanteil: Dieser Brumm klingt nicht wie ein satter Sinuston, sondern irgendwie spitzer. Wir können ihnen erzeugen, in dem wir mit dem  Phasenprüfer an den NF-Eingang gehen oder den Phasenprüfer mit dem Gitteranschluss der Vor- oder Endröhre berühren. Die Ursachen dieses Brumms, der meistens in oder in der Nähe der NF-Vorröhre (z.B. EABC80) entstehen, können vielfältig sein. Wenn dieser Brumm lauter wird, wenn wir das Lautstärkepoti aufdrehen, dann liegt die Ursache des Brumms vor dem Lautsärkepoti. Mögliche Ursachen sind ungeachtet dessen zum Beispiel kalte Lötstellen oder schlechte Abschirmungen. Insbesondere schlechte Masseverbindungen gehören zu den möglichen Ursachen. Die Abschirmung von Drähten darf nur einseitig mit Masse verbunden sein. Ansonsten entstehen Brummschleifen. Kriechströme zwischen der Abschirmung und des Innenleiters können ebenfalls Brumm erzeugen. Die NF-Koppelkondensatoren sind dicht an das Chassis anzubringen und mit kurzen Drähten zu verbinden. Eventuell ist dieser Koppelkondensator in einem Metallröhrchen abzuschirmen.  Das Vertauschen der Anschlüsse eines Koppelkondensators kann auch helfen, wenn über den äußeren Belag des Kondensators Brumm eingestreut wird. Bei der EABC80 ist der Gitterableitwiderstand sehr hoch. Oft ist dieser Gitterableitwiderstand mit den Jahrzehnten noch hochohmiger geworden, was neben Verzerrungen auch zu Brumm führen kann.

Brummkompensation der NF-Vorröhre mit einer Hilfsspule: Wir bringen in der Nähe des Steuergitters der NF-Vorröhre oder Der Endröhre eine Luftspule von etwa 6 mm Durchmesser und mit etwa 5 bis 10 Windungen an. Als Draht verwenden wir isolierten Klingeldraht. Die Spule schalten wir in Serie zu den Heizfäden. Dadurch entsteht ein magnetisches Feld, das wir zur Brummkompensation nutzen können. Verdrehen wir mit einem Holzstäbchen diese Spule, können wir mit etwas Glück den Brumm kompensieren.

Nachträgliche Brummkompensation am Lautstärkepoti: Allstromgeräte haben oft eine schlechte Siebung der Anodenspannung. Die nachfolgende Schaltung unterdrückt den Brumm durch Gegenkopplung, wenn die Lautstärke auf leise gestellt ist. Ist das Radio auf laut gestellt, verringert sich die Gegenkopplung. Der Brumm ist dann trotzdem nicht zu hören, da er durch die laute Musik oder Sprache überdeckt wird.


Nachträgliche Brummkompensation bei einem Allstromgerät durch den 2k-Ohm-Widerstand und den beiden 100nF-Kondensatoren. Die Polarität am Lautsprecher ist auszuprobieren.

Brummen durch defekte Gleichrichter: Der Fehler ist eher selten. Ein Brückengleichrichter besteht aus 4 Dioden. Wenn einer oder mehrere Dioden defekt sind, kann dies auch zu Brumm führen. Ähnliche Überlegungen gelten auch für die Zweiwegegleichrichtung.

Weitere Fehlerquellen: Der Netztrafo selbst kann natürlich auch brummen. Vielleicht hilft hier das Festziehen der Schrauben am Netztrafo, um die aus isolierten Blechen aufgebauten Eisenpakete zusammenzupressen. Ein überlasteter Netztrafo brummt natürlich auch lauter, weshalb die Elkos im Netzteil und die NF-Koppelkondensatoren zu überprüfen sind.

Brummen beim Empfang: Wenn es beim Empfang von AM und UKW brummt, liegt die Ursache an den vielen Störquellen der Umgebung. Leuchtstoffröhren, Energiesparlampen, Fernseher, LED-Lampen, Schaltnetzteile und so weiter können die möglichen Störquellen sein. Defekte oder fehlende Entbrummkondensatoren in der Nähe des Netztrafos und des Netzgleichrichters können auch für einen Brumm verantwortlich sein.