Tipps zum besseren Empfang von Mittelwellen- und Kurzwellen-Rundfunk-Stationen aus Europa und Übersee

Nach Sonnenuntergang während der der langen Winternächte können auf Mittelwelle viele Stationen aus ganz Europa und sogar aus Nordafrika gehört werden. Nachfolgend ein paar Tipps zum Empfang und zur Antennentechnik. Von Mitte September bis in den Frühjahr hinein sind gute Empfangsbedingungen auf Mittelwelle zu erwarten. An manchen Tagen überrascht die Mittelwelle dank der schwankenden Sonnenaktivität mit überraschend gutem Fernempfang, womit sich die Wellenjagd zu einem spannenden Erlebnis entwickelt. Auf Kurzwelle sind die Verhältnisse je nach Frequenzbereich anders oder ähnlich.

Nachtrag vom 15.11.2023: Der Artikel ist bestimmt 10 Jahre alt. Inzwischen sind die meisten AM-Rundfunksender in Europa abgeschaltet. Außerdem haben die Störungen durch Schaltnetzteile und andere elektronischen Geräte zugenommen. Um so mehr ist es eine interessante Herausforderung entfernte Mittelwellen-Stationen zu empfangen.

Leider gehen viele Links nicht mehr oder sind defekt. Leider fehlt mir die Zeit alles zu reparieren. Bitte selber suchen. Das Thema wird sehr selten aufgerufen.

Frequenzliste: Unter

http://www.mediumwave.de/ oder
http://www.mwlist.org/mwlist_quick_and_easy.php

gibt es aktuelle Frequenzlisten der Rundfunkstationen auf Lang- und Mittelwelle. Die erste Liste verwende ich in ausgedruckter Form für die Wellenjagd. Um die Stationen besser identifizieren zu können, ist ein Empfänger mit digitaler Frequenzanzeige empfehlenswert. Auf diese Weise erfährt der Hörer zum Beispiel bei einer Mehrfachbelegung der Mittelwellenfrequenzen, welche Stationen sich gegenseitig stören. Mit Hilfe der QTH-Locator-Seite lässt sich auf Google Maps die Entfernung (Luftlinie) bestimmen.

Kurzwellenrundfunk: Eine Liste Kurzwellenrundfunkstationen ist übrigens unter http://www.short-wave.info/ zu finden. Die Ausbreitungsbedingungen können mit http://www.voacap.com/prediction.html festgestellt werden. Für Kurzwelle kann als Antenne eine MiniWhip dienen, wie sie in einfachster Form unter http://www.chirio.com/mini_whip_e.htm beschrieben. Aufwändigere Ausführungen vermeiden durch symmetrische Kabel eine Einstreung des Antennensignals über die Speise- und Antennenkabel ( http://afu.boards.net/thread/38/mini-whip-mit-satkabel-speisen ).


Wieder ein Mittelwellensender weniger. Sprengung des 232 m hohen Mittelwellensendemasts in Vigra, Norwegen, am 8. September 2011, dessen Station auf 630 kHz mit 100 kW sendete.

Mittelwellenausbreitung: Ortsender in der Nähe können über die Bodenwelle unabhängig von der Tages- und Jahreszeit erreicht werden. Interessant wird der Fernempfang in der Nacht, wenn durch den Wegfall der Sonneneinstrahlung die dämpfende D-Schicht in der Ionosphäre verschwindet. Dann können die Mittelwellen an den darüberliegenden ionisierten Schichten reflektiert werden, welche sich auch noch in den Abendstunden halten, wodurch in den Nachtstunden Reichweiten von mehreren 1000 km möglich sind. Unter http://memb … grundl3.htm und unter http://de.wikipedia … Mittelwelle gibt es weiterführende Informationen zur Wellenausbreitung der Mittelwellen.


Es kommt auf die Tages- und Jahresheit an. Auf Grund der dämpfenden D-Schicht ist um die Mittagszeit wegen fehlender Ortsender kein Mittelwellensender bei mir zu empfangen. In den Abendstunden sind jedoch bis zu 70 Stationen aus Europa und Nordafrika zu hören.


Durchkurbeln des Mittelwellenrundfunkbandes vom unteren Bandanfang bis zum oberen Bandende am Freitag, den 7. Oktober 2011, gegen 19:00 MESZ, Empfangsort: etwa 200 km südwestlich von Stockholm in Schweden, Empfänger: Braun 555 UKW, Baujahr 1955, Antenne: 30 m langer Draht zu den nächsten Bäumen.

Antennen: Die meisten Mittelwellenradios haben eine eingebaute Ferritantenne für den Mittelwellenempfang. Drahtantennen können eine Empfangsverbesserung erwirken. Es helfen schon einige Meter Draht, die hinter einem Schrank verlegt sind. Zusätzlich kann das Radio an der Zentralheizung geerdet werden. Viele Weltempfänger haben keinen Antennenanschluss. Dann kann man den Antennendraht mit einigen Windungen um das Radio herumwickeln oder mit der Stabantenne verbinden, obwohl diese bei Mittelwelle meistens überhaupt nicht angeschlossen ist. Der Draht ist dann nur ganz lose kapazitiv angekoppelt. Sehr bewährt haben sich Rahmenantennen. Wer einen Draht ins Freie spannen kann, sollte dies mit 10 bis 40 Metern ausprobieren. Dabe ist auf den Blitzschutz zu achten und die Anenne ist bei Nichtanwendung immer abzuziehen. Viele Empfänger sind durch die hohen Pegel solcher langen Antennen überfodert und erzeugen viele unerwünschte Mischprodukte durch Kreuzmodulation und andere Effekte, wodurch sich der Empfänger quasi selbst stört. Welche Antenne geeignet ist, ist von Fall zu Fall auszuprobieren.


Eine kleine Rahmenantenne liefert auf Mittelwelle verblüffende Empfangsergebnisse. Im Internet gibt es zahlreiche Bauanleitungen für Mittelwellen-Rahmenantennen.

Sehr gute Erfahrung habe ich mit Amateurfunk-Empfängern und und alten Röhrenradios gemacht. Diese haben keine Probleme mit langen Drahtantennen. In den Winternächten sind damit über 70 Mittelwellenstationen zu empfangen. Mit einer eingebauten Ferritantenne sind in der Regel 20 bis 30 Stationen zu empfangen. Röhren-Audione funktionieren bei richtiger Ankopplung ebenfalls sehr gut an langen Antennen.

Rahmenantenne: Bei mir steht im Keller ein Radio, dass ich an einer kleine, selbst gebaute Rahmenantenne betreibe. In den Abenstunden gelingt damit problemlos Fernempfang auf Mittelwelle


Selbst gebaute Rahmenantenne für Mittelwelle aus Pappe, Klebeband und alten Netzwerkkabeln.

Störungen: Besonders innerhalb der Wohnung herrscht ein hoher, hausgemachter Störpegel, welcher von Leuchtstoffröhren, Energiesparlampen und vielen anderen elektrischen Geräten stammt und über die Elektroinstallation abgestrahlt wird, die wie ein große Sendeantenne funktioniert. Deshalb sollte die Empfangsantenne möglichst weit weg von elektrischen Leitungen angebracht sein. Eine Außenantenne hat dadurch einen großen Vorteil. Es kommt nämlich nicht auf den Empfangspegel an, sondern auf das Verhältnis zwischen dem störenden Rauschen und dem Nutzsignal des Mittelwellensenders. Mit einfachen Mitteln können übrigens die eigenen Funkstörungen beseitigt oder wenigstens abgeschwächt werden.

Störausblendung mit X-Phase: Die hausgemachten Störungen aus dem näheren Umfeld können unter Umständen mit zwei verschiedenen Antennen nach der Phasenmethode unterdrückt werden. Die beiden Antennesignale werden in einem Hochstrommischer gemischt und vorher im Pegel und in der Phase beeinflusst. Danach wird das Ergebnis dem Antenneneingang des Empfänger zugeführt. Bei richtiger Einstellung kann das Signal-Rausch-Verhältnis um bis zu 20 dB verbessert werden. Ausprobiert habe ich dies mit X-Phase, einer kleinen Schaltung zum Nachbau. Wer damit nur empfangen will, kann selbstverständlich die Relais für die Sende-Empfangsumschaltung wegfallen lassen.


Bilder meines Versuchsaufbaus von X-Phase zur Störunterdrückung des lokalen, hausgemachten Störnebels.

http://www.jasoft.de/bilder/1063kHz-danska-10UTC.21.6.10.mp3
MP3-Datei zum Abspielen: Hörprobe vom 21.6.2010, 10:00 UTC. Die dänische Mittelwellenstation auf 1063 kHz ist abwechselnd mit und ohne X-Phase zu hören.

Die Phasen-Methode funktionert besonders gut am Tage, wenn wenige schwach einfallende Mittelwellenstationen durch den örtlichen Störnebel nur stark verrauscht zu empfangen sind. In den Winternächten konnte ich keine Empfangsverbesserung feststellen, da die Empfangs-Pegel schon 20 bis 40 dB über dem Störnebel liegen und schwache Stationen durch die starken Mittelwellensender gestört werden. Selbstverständlich sollte man auch seine eigenen Störquellen beseitigen, bevor die Phasenmethode zum Einsatz kommt.

Gewitter: Im Sommer kommen noch zahlreiche Störungen der Gewitter aus nah und fern hinzu. Deshalb ist selbst im Sommer in den Nachtstunden wegen der Gewitterstörungen ein Fernempfang schlecht möglich. Mittelwellenempfang funktioniert am besten während der langen Winternächte, wenn es in Europa jahreszeitlich bedingt keine Gewitter gibt. Eine Gewitterkarte (Blitzkarte) informiert in Echtzeit über die Gewittersituation in ganz Europa.

Die Zukunft der Mittelwelle: Die Hörerzahlen sinken auf Lang- bis Kurzwelle seit Jahren bedingt durch den veränderten Medienkonsum, welcher sich erst auf den UKW-Rundfunk und in den letzten Jahren auf das Web-Radio des Internets verlagert hat. Zudem ist der Betrieb der AM-Mittelwellensender wegen der hohen Stromkosten sehr teuer. Wer einen Mittelwellensender mieten möchte, kann zum Beispiel bei Media Broadcast die Preiseliste herunterladen. Ein 800-kW-Sender kostet pro Monat ab 285.737,57 Euro ohne Umsatzsteuer. Es wundert also nicht, wenn die Rundfunkanstalten einen Mittelwellensender nach dem anderen abschalten. Doch dies hat einen positiven Effekt. Durch eine weniger dichte Belegung werden viele Mittelwellenstationen auch mit weniger trennscharfen Empfängern besser zu empfangen sein, was die Attraktivität wieder erhöhen wird.

DRM (Digital Radio Mondiale) war ein gescheiterter Versuch, die Sendeleistung und damit die Stromkosten bei gleichzeitig besserer Tonqualität zu reduzieren. Doch nervige Aussetzer beim Empfang, ein dürftiges Programmangebot und viel zu teure DRM-Empfänger haben zum Scheitern von DRM geführt. Es gibt derzeit (2011) nur noch wenige Mittelwellensender, die in DRM ausstrahlen.

 

Auf Grund der geringen Hörerakzeptanz ist in den nächsten Jahren mit einer weiteren Abschaltung vieler Mittelwellensender zu rechnen. Eine Ausdünnung der Senderdichte führt andererseits zu weniger Mehrfachbelegungen der Mittelwellenfrequenzen, was den Mittelwellenrundfunk wieder attraktiv erscheinen lässt. Angesichts der Millionen von existierenden Mittelwellenempfängern wird die Mittelwelle auch in den nächsten 10 bis 20 Jahren mit hocher Wahrscheinlichkeit nicht vollständig verschwunden sein. Sollten privat und staatlich finanzierte Stationen nicht mehr senden, werden sicherlich vermehrt Piratensender oder auf legale Art kleine, privatfinanzierte Lokalstationen die frei gewordenen Frequenzen nutzen, wie dies bereits in den Niederlanden die Piratensender oberhalb von 1611 kHz und damit außerhalb des Mittelwellen-Rundfunkbandes vormachen. Mit wenigen 100 Watt Senderausgangsleistung können über 1000 km überbrückt werden, wenn die Frequenzen nicht durch Mehrfachbelegungen gestört sind. Lassen wir uns über die zukünftige Entwicklung überraschen. Vielleicht können bei einer ausgedünnten Frequenzbelegung wieder Mittelwellenstationen aus Nordamerika gehört werden.