Software Defined Radio (SDR) für Mittelwelle

Software Defined Radio (SDR) für Mittelwelle mit einem Schaltmischer und einem TTL-VCO als LO

Dieses kleine Projekt für den Empfang von Mittelwelle arbeitet mit dem IQ-Mischer DR2 von YU1LM. Als LO setzte ich einen kostengünstigen TTL-VCO ein, der als Herzstück aus einem SN74124N besteht.

Meine ersten Experimente mit diesem IQ-Mischer, welcher auf einem 74HC4066 als Schaltmischer beruht, habe ich unter "Radio-Experimente mit SDR und IQ-Mischer" beschrieben. Damals setze ich als LO einen DDS-Generator ein. Die Empfangsergebnisse waren sehr gut.


Der von mir eingesetzte IQ-Mischer DR2 von YU1LM mit einem 74HC4066 als Schaltmischer ist auf der Homepage von YU1LM beschrieben. Selbstverständlich sind auch andere IQ-Mischer geeignet.

LO mit einem SN74124N: Da nicht jeder einen DDS-Generator besitzt, habe ich diesen nun durch den TTL-VCO SN74124N ersetzt, welchen ich im Leserservice der Zeitschrift FUNKAMATEUR entdeckte. Die Schaltung besteht aus wenigen Bauteilen:


Der LO für das Mittelwellen-SDR beruht auf einen SN74S124 oder SN74124N.

Damit das Rundfunkmittelwellenband abgedeckt wird, muss der Oszillator auf das Vierfache der Empfangsfrequenz schwingen. Dazu muss C1 56pF besitzen. Das Poti P1 für die Frequenzeinstellung hat 2,2 kOhm. Der Widerstand R2 kann zwischen 1,5 kOhm und 2,2 kOhm liegen. Bei 2,2 kOhm kann bis 1,7 MHz empfangen werden, bei 1,5kOhm bis 1,66 MHz. Je höher die Spannung am Pin 14 des IC, desto niedriger die Empfangsfrequenz.


Aufbau des Oszillators auf einem Steckbrett.


Steckbrett mit Potenziometer für die Frequenz und dem BNC-Ausgang für den Frequenzausgang.


Anschluss des Potis. Der rote Draht geht zur Betriebsspannung. Dann erhält man die höchste Frequenz am rechten Anschlag des Potis.


Das TTL-Rechtecksignal des LO auf dem Oszilloskop.


Der eigentlich IQ-Mischer wurde mit einer M3-Schraube am Steckbrett befestigt. Die 5 Volt des IQ-Mischer speisen auch den LO.

Empfangsergebnisse: 22 Sender konnte ich am Tage mit diesem einfachen Empfänger empfangen. Als Antenne diente ein 30 m langer Draht zum nächsten Baum. Die Einstellung der Frequenz mit dem Potenziometer ist nicht sehr feinfühlig. Es fehlt noch ein Untersetzungsgetriebe oder man schaltet ein 100-Ohm-Poti in Serie zu dem 2,2kOhm-Poti. Verwendet man als Software SDRadio, kann man mit der Maus die Frequenz genau auf den Sender schieben. Dies ist aber bei AM nicht notwendig. Die AM-Dekodierung funktionert auch, wenn der Empfänger etwas neben der Frequenz eingestellt ist.

Die Spiegelfrequenz (siehe weiter unten im Text) lässt sich sehr gut unterdrücken, allerdings nicht für das gesamte Mittelwellenband, sondern nur für etwa ein Drittel des Mittelwellenbandes. Wechselt man vom Bandanfang zum  Bandende, muss neu abgeglichen werden. Wenn eine Spiegelfrequenz stört, kann man ihr auch durch Verschieben der ZF ausweichen. Dreht man über das Band, bewegen sich die Spiegelfrequenzen immer in entgesetzter Richtung zu den Stationen. Schaltet man den Empfänger ein, dauert es 3 Minuten, bis der der Oszillator stabil läuft. Als C1 habe ich einen Styroflex-Kondensator eingesetzt. Man sollte einen Bandpass für Mittelwelle einsetzen, damit weder durch die Oberwellen des LO Kurzwellenstationen empfangen werden noch die Längstwellenstationen direkt auf die Soundkarte durchschlagen.

Wer nicht eine 20 oder 30 m lange Drahtantenne besitzt, braucht wahrscheinlich einen Vorverstärker, den man sich mit einem FET aufbauen kann. Die Empfangsleistung ist fast so gut wie die meines FT-747GX.


Die erste Empfangsversuche mit dem SDR-Radio für Mittelwelle unter der Verwendung der Software SDRadio. Leider ist ein Potenziometer nicht feinfühlig genug für die Senderabstimmung.


Nun geht es schon besser mit abgeglichener Spiegelfrequenz-Unterdrückung. 22 Sender auf Mittelwelle konnten am 10. Dez. 2011 gegen 14 Uhr mit diesem einfachen SDR-Empfänger und einem 30 m langen Antennendraht in Schweden empfangen werden. Die Spiegelfrequenz-Unterdrückung wurde per Software korrigiert. Dies geschieht hauptsächlich durch den Balance-Regler in der Windows-Einstellung für den Line-Eingang der Soundkarte.

Es werden im Vergleich zur Version mit dem DDS-Generator etwas mehr Mischprodukte empfangen. Es fehlt noch ein Tiefpass als Vorfilter. Eine 500 m entfernte Kurzwellen-Amateurfunkstation schlug durch. Die Schaltung ist also noch im Entwicklungsstadium. Trotzdem bin ich über die Leistungsfähigkeit und Trennschärfe dieses Mittelwellenempfängers überrascht. Die Frequenzstabilität ist für AM ausreichend, aber nicht für ECSS (Synchrondemodulation). SSB-Empfang ist möglich. Ob der Empfänger DRM dekodieren kann, konnte ich noch nicht testen. Immerhin ist es damit gelungen einen Empfänger aufzubauen, der abgesehen von ein paar Festinduktivitäten, ohne Spulen auskommt.

Wie wird die Spiegelfrequenz unterdrückt? Bei einer Zwischenfrequenz von 12 kHz entsteht im Abstand von 24 kHz eine Spiegelfrequenz. Alle Sender erscheinen also im Abstand von der Spiegelfrequenz doppelt auf der Spektrumsanzeige der Software. Da aber über den Stereoeingang der Soundkarte zwei phasenverschobene Signale der Software angeboten werden, kann die Spiegelfrequenz per Software mit bis zu -20 dB weggerechnet werden. Dazu müssen die beiden Pegel angepasst werden, was mit dem Balance-Regler am Line-Eingang des Windows-Lautstärkeprogramms gelingt. Dazu auf dem Desktop auf das Lautsprecherchersymbol in der unteren Leiste des Bildschirmrands klicken, dann auf Aufnahme gehen und den Line-Eingang auswählen.


Einstellung der Soundkarte. Zum Aufrufen auf das Lautsprechersymbol klicken, welches sich auf der Leiste rechts unten links von der Uhrzeit auf dem Desktop von Windows befindet. Wichtig ist, dass bei "Lautstärke" bei "Line-In" "Ton aus" angekreuzt ist, da sonst das Rauschen und Pfeifen der 12-kHz-ZF, welche in den Line-In-Eingang eingespeist wir, aus dem Lautsprecher zu hören ist.


Abgleich der Phasenlage mit "Soundcard Channel Skew Calibration" und der Stereo-Pegel für die Spiegelfrequenzunterdrückung.

Zusätzlich muss noch in SDRadio unter Options -> "Soundcard Channel Skew Calibration" die Phasenlage korrigiert werden. Erst wird der Pegel mit dem Balance-Schieberegler im Lautstärekprogramm angepasst, dann die Phasenlage, dann wieder der Pegel und so weiter, bis die Spiegelfrequenz ein Minimum erreicht hat.

LTC 1799 als Alternative: Ähnliche Ergebnisse müssten auch mit einem LTC 1799 als LO zu erzielen sein. Der LTC1799 ist allerdings ein SMD-Winzling im SOT-23-Gehäuse. Bei Reichelt habe ich eine Adapterplatine (Best-Nr. RE901EP) entdeckt.