EinfachVoip.de – Der etwas komplizierte Weg zu sehr kostengünstigen Telefontarifen

5. Oktober 2020

Um Telefonkosten zu senken, habe ich einen verregneten Sonntag genutzt und mich bei EinfachVoip.de angemeldet. Dieser VoIP-Anbieter von SIP-Accounts bietet günstige In- und Auslandstarife an, die meistens unter 1 Cent/Minute für Telefonate in die Festnetze liegen. Telefonate in die Mobilfunknetze sind je nach Zielland ebenfalls meistens günstig. Mit der Spar-Route geht es sogar noch günstiger mit Tarifen in der Größenordnung von 0,5 Cent / Minute. Dazu später im Text. Grundgebühren fallen im einfachsten Fall nicht an und es gibt als Startguthaben sogar 50 Cent für die ersten Gehversuche und Tests.

Zum Webauftritt von EinfachVoip www.einfachvoip.de

Leider ist auf dem Webauftritt von EinfachVoip.de die Vielzahl der Angebote und der Auswahlmöglichkeiten im ersten Moment verwirrend.  Ihre Beschreibung würde wahrscheinlich ein dickes Buch füllen.

Es gibt kein Grund zu finanziellen Befürchtungen. Um sein kostenloses Startguthaben als Willkommensgeschenk zu erhalten, muss der Kunde seine Bankverbindung nicht preisgeben und man ist zu keiner Zahlung verpflichtet. Sollte das Startguthaben, das für etwa zwei Stunden ins Festnetz reicht, in naher Zukunft aufgebraucht sein, kann der Nutzer sein Guthaben mit mindestens 10 Euro wieder aufladen. Dazu habe ich Paypal als Option genutzt. Das Geschäftsrisiko ist also verschwindend gering. Andere VoIP-Anbieter arbeiten ebenfalls mit dieser Zahlungsmöglichkeit.

Für die ersten Versuche habe ich mich für das Basic-Angebot entschieden, das weder Grundgebühren noch regelmäßige Gebühren verlangt. Es fallen nur die abtelefonierten Telefonkosten an.

Ohne Grundgebühren und ohne laufende Gebühren gibt es allerdings keine von den  Telekommunikationsbehörden zugeteilte Telefonnummer. Der Teilnehmer kann also nur zu günstigen Tarifen heraustelefonieren. Damit dies funktioniert, muss man eine bereits vorhandene öffentliche Telefonnummer (Festnetz oder Mobilfunk) im In- oder Ausland besitzen, die man sich bei EinfachVoip.de verifizieren lassen muss. Sie erscheint dann im Display des Gesprächspartners am anderen Ende der Leitung.

Besonders erfreut hat mich der Umstand, dass die Angebote auch für Kunden gelten, die ihren festen Wohnsitz außerhalb Deutschlands haben. Gerade diese Zielgruppe führt sehr viele Auslandstelefonate.

Eine typische technische Ausstattung: Der übliche Weg besteht in der Nutzung einer bereits vorhandenen FritzBox, die man vielleicht im Verbindung mit einem Telefonvertrag erhalten hat und in der sich mehrere SIP-Accounts verschiedener Anbieter eintragen lassen. Dies geht auch bei gebrauchten FritzBoxen. Eine solche zufällig ausgewählte ist auf dem Foto zu sehen und sie war einst in Verbindung mit einem Telefonvertrag erhältlich. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie mit einem aufgedruckten Label versehen ist oder nicht. Gebrauchte FritzBoxen werden günstig im Internet angeboten. Modernere FritzBoxen erlauben neben dem Anschluss eines analogen Telefons auch die direkte Verbindung mit mehreren DECT-Telefonen verschiedener Hersteller über drahtlose DECT-Verbindungen, was für den Heimgebrauch sehr praktisch ist. Es lassen sich auch IP-Telefone nach dem SIP-Standard an moderne FritzBoxen anschließen. Ältere FritzBoxen beherrschen neben DTMF noch die Impulswahl und erlauben deshalb den Anschluss von Wählscheibentelefonen.

Selbstverständlich funktioniert dieser Dienst auch, wenn man sich im Urlaub oder auf Geschäftsreise befindet. Dann kann man sich mit einem Softphone auf seinem Smartphone einen SIP-Account von EinfachVoip.de einrichten und darüber kostengünstig nach Hause telefonieren. Ein Wlan-Zugang muss dafür vorhanden sein, der inzwischen fast jedes Hotel kostenlos zur Verfügung stellt oder es fallen noch die Gebühren für den Datenfunk des Mobilfunkbetreibers an. Da VoIP-Telefonate nur eine geringe Datenrate benötigen, halten sich die Kosten meistens in Grenzen. Dies gilt insbesondere dann auf Grund der gesetzlichen EU-Regelungen, wenn der Mobilfunkanbieter aus der EU stammt und die Gespräche ebenfalls aus einem EU-Land geführt werden.

Gegen Gebühr bietet EinfachVoip.de übrigens auch öffentliche Telefonnummern aus einer Vielzahl von Ländern an. Von diesen Nummern kann man dann auch anrufen.

Bei mir dient ein gebrauchtes IP Telefon (Thomson TB30) als komfortables Endgerät, das als Nebenstelle an meinem Asterisk-SIP-Server angemeldet ist. Selbstverständlich gehen auch andere Lösungen.

Exakte Daten für die Anmeldung verwenden: Für die Anmeldung sind unbedingt die korrekten Daten anzugeben. Die Adresse und die persönlichen Daten müssen stimmen, da sie EinfachVoip.de einer Prüfung unterzieht. Um in den Genuss eines SIP-Accounts für ausgehende Gespräche zu gelangen, musste ich ein Formular unterschreiben, einscannen oder abfotografieren und über das Web-Portal zuschicken. Zusätzlich wurde wegen meines ausländischen Wohnsitzes noch ein weiterer Nachweis über die Echtheit meiner Adresse verlangt. Akzeptiert werden zum Beispiel Telefonrechnungen oder die Wasserrechnungen, wenn sie nicht älter als 3 Monate sind und die Adresse gut lesbar ist. Eine solche Rechnung habe ich als Datei ebenfalls zugeschickt. Nach knapp zwei Stunden erhielt ich die Bestätigung, dass meine Adresse tatsächlich existiert.

Nachweis einer vorhanden Telefonnummer erbringen: Das war aber nur der erste Schritt. Nun musste ich noch einen Nachweis erbringen, dass die Telefonnummer, die im Display angezeigt werden soll, tatsächlich existiert. Dazu ist von diesem Anschluss, der auch die Rufnummer übermitteln muss,  eine bestimmte Nummer anzurufen, die sich mit einem Computer von EinfachVoip.de verbindet. Man lässt einfach so lange klingeln, bis die Verbindung unterbrochen ist. Ich habe es von meiner schwedischen Festnetznummer erfolgreich probiert. Dieser Dienst funktioniert auch von Mobilfunknummern. EinfachVoip.de verschickt dann eine SMS, die dann zu bestätigen ist.

Durch diese etwas komplizierten Maßnahmen, die der Gesetzgeber verlangt, sollen Betrugsversuche ausgeschlossen werden.

SIP-Account: Der neue Teilnehmer findet dann auf dem Web-Portal die Daten seines SIP-Accounts, die sich zum Beispiel in der FritzBox, in verschiedenen Softphones, in SIP-Telefonen oder in Asterisk eintragen lassen. Mit Erfolg ausprobiert habe ich es mit Asterisk 1.4.22, dem Softphone PhonerLite für Windows und dem Softphone Sipnetic für Android.

Kostengünstiges Telefonieren von unterwegs in alle öffentliche Netze: Der SIP-Account von EinfachVoip.de ist bei mir gleichzeitig auf dem Android-Softphone Sipnetic (siehe Foto) und auf meinem Asterisk-SIP-Server angemeldet. Sipnetic bietet den Vorteil mehrere SIP-Accounts gleichzeitig betreiben zu können.

Die kostenlosen Testnummern lauten übrigens 1000 (Textansage) und 1001 (Echo), um zu überprüfen, ob die Konfiguration funktioniert. Im der einfachsten Version sind bis zu zwei parallele Verbindungen gleichzeitig möglich. Es können als zwei Telefonate gleichzeitig geführt werden. Nach meiner Erfahrung macht es auch nichts, wenn der gleiche SIP-Account auf verschiedenen Endgeräten registriert ist.

Minutenpreise und Guthaben ansagen lassen: Damit man bei jedem Gesprächsbeginn nicht die Katze im Sack kauft, kann man sich vor dem Telefonat nach dem Wählen die Gebühren in Cent/Minute und das noch vorhandene Guthaben ansagen lassen. Zudem kann die vom Teilnehmer gewählte Route ebenfalls angesagt werden, wenn man dies ebenfalls ausgewählt hat.

Noch günstiger über die Spar-Route telefonieren: Die Möglichkeit verschiedene Routen auszuwählen, ist interessant. In der Voreinstellung ist die  Standard-Route gewählt. Der Teilnehmer kann sich auch für die Spar-Route entscheiden, die im Web-Portal einzustellen ist. Mit der Sparroute werden die jeweils günstigsten Tarife für die jeweils gewählte Nummer verwendet. Diese Tarife können sich allerdings jederzeit ändern, weshalb man sich auf jeden Fall den Tarif ansagen lassen sollte. Zudem kann mit der Spar-Route die Sprachqualität je nach Verbindungsqualität leiden und manchmal wird die Rufnummer nicht korrekt übertragen.

Mein erster Versuch in das deutsche Festnetz mit der Spar-Route ergab 0,5 Cent / Minute laut der Ansage. Die aktuellen Preislisten können unter https://www.einfachvoip.de/?function=staticContent&page=staticPrices aufgerufen werden.

Meine zufälligen Tests an einem Montagmorgen mit der Spar-Route haben laut der Tarifansage folgendes Ergebnis geliefert:

In das deutsche Festnetz: 0,5 Cent / Minute
In das schwedische Festnetz: 0,3 Cent / Minute
In das schwedische Mobilfunknetz: 1,01 Cent / Minute
In das britische Festnetz: 0,58 Cent / Minute
In das Festnetz der USA: 0,56 Cent / Minute

Die Gesprächsqualität der Spar-Route in das deutsche und schwedische Festnetz konnte ich ebenfalls testen und sie war einwandfrei, klar, deutlich und ohne Aussetzer.

Für die Einwahl in die deutschen Netze ist die Landesvorwahl nicht notwendig, obwohl der Angerufene im Display eine schwedische Nummer sehen kann. Dies erklärt sich dadurch, dass EinfachVoip.de ein deutscher Anbieter ist. Für Anrufe nach Schweden muss ich allerdings die Landesvorwahl 0046 für Schweden voranstellen und dann die Null der Ortskennzahl oder der Mobilfunknummer weglassen.

Guthaben aufladen: Mit den 50 Cent  Startguthaben als Willkommensgeschenk kann man meistens mindestens eine Stunde in ein in- oder ausländisches Festnetz telefonieren. Mit etwas Glück könnte man mit 50 Cent und der Spar-Route sogar fast zwei Stunden telefonieren. Das Konto lässt sich über verschieden Wege aufladen. Ich habe die Überweisung PayPal gewählt und entschied mich für den Mindestbetrag von 10 Euro, was ein Weile reichen wird. Laut der Preisliste vom 4.9.2020 verfällt das Guthaben auch nicht. Sollte der unwahrscheinliche Fall eintreten, dass der SIP-Account gehackt wird, lässt sich der Schaden bei fehlender automatischer Aufladung verschmerzen.

Fazit: Das Angebot zeichnet sich durch faire Bedingungen aus. Am Anfang ist der Webauftritt wie in einer fremden Stadt etwas gewöhnungsbedürftig und für die Anmeldung und Einrichtung musste ich ein Stündchen Zeit investieren. Man sollte beim Einrichten des SIP-Accounts nicht meinen Fehler wiederholen und sich bei der Eingabe des SIP-Passworts vertippen. Asterisk meldet dann irreführende Fehlermeldungen. Wenn aber mal alles eingerichtet ist,  macht das kostengünstige Telefonieren Spaß und selbst Dauertelefonate in das Ausland sind für ein kleines Taschengeld erschwinglich. Astronomische Mobilfunkrechnungen habe ich jedenfalls nicht mehr zu befürchten.