Restaurierung Röhrenradio Luxor Sopran Teil 6

6. Teil über die Restaurierung des Röhrenradios Luxor Sopran 797W

Hier geht es zum 5. Teil

Das Gehäuse ist fertig und das Magische Auge wurde auch von der EM34 auf die wesentlich kostengünstigere 6E5C umgerüstet. Nun geht es wieder an den Zusammenbau des Radios. Was allerdings noch aussteht, ist die Reparatur des seitlichen Drehknopfes, was ich mir für später aufhebe.

Nachfolgend wieder die kommentierten Bilder:


Zuerst wurde der Kunststoffring wieder auf der Gehäuseseite montiert. Die verrosteten Nägelköpfe wurden zuvor poliert. Damit die Hammerschläge nicht zu heftig ausfallen, wurde mit einem 1-mm-Spiralbohrer vorsichtig von Hand vorgebohrt.


Die Front hat längs des Schlitzes für die beiden Stationszeiger ein Seil gespannt, das ich zuerst montierte. Das Seil war kürzer, da ich einen Knoten abschnitt. Mit einer Drahtschlaufe aus Kupferdraht wurde die Verkürzung wieder ausgeglichen.


Der besagte Seil von vorne betrachtet.


Dieses Seil sorgt dafür, dass sich die Stationszeiger für die AM-Bereiche (oben) und UKW (unten) nicht behindern können.


Dann ist mir noch eingefallen, dass ich die Blende aus dicker Kunststofffolie reiningen muss. Dazu kam Autolackreiniger beidseitig zum Einsatz. Auf der Rückseite habe ich natürlich immer vorsichtig um die Bedruckung poliert. Übrigens war diese Folie verbogen und hatte "abstehende Ohren". Die abstehenden Ecken wurden über einer heißen Glühlampe erwärmt und konnten während der Erwärmung wieder in Form gebracht werden.


Jetzt liegt die Folie wieder plan auf. Viele Kratzer sind verschwunden.


Das Frontbrett ist eingebaut und festgeschraubt. Die Winkel für die Skalenlampen und das Magische Auge sind ebenfalls schon befestigt. Danach habe ich den Lautsprecher eingebaut.


Nun ist das Chassis wieder "im Kasten" und der Lautsprecher ist wieder angelötet. Der Stationszeiger für die AM-Bereiche muss von außen eingesteckt und innen festgeschraubt werden. Die beiden Lautsprecherkabel werden angelötet.


Und so sah das Chassis vor der Renovierung aus.


Das neue Magische Auge passt auch einwandfrei, da die Röhrenabmessungen identisch sind.


Aber dann stellte sich ein Problem ein. Der AM-Stationszeiger saß einfach zu tief. Die Lösung war einfach. Das Chassis wurde von unten mit Unterlegscheiben um 2 mm höher gesetzt. Offenbar waren Kunststofffüße abgebrochen, was ein Vorgänger einfach ignoriert hatte. Um die Unterlegscheiben einzubauen, musste das Radio von unten geöffnet werden. Hier sieht man im Bild, dass das Skalenglas noch nicht eingebaut wurde. Aber die beiden Holzleisten sind schon aufgesteckt. Auf Kleber habe ich immer verzichtet, was zukünftige Reparaturen vereinfacht.


Das sind die Unterlegscheiben, welche die Rettung in der Not waren. Platinenmaterial oder anderes Material aus Kunststoff oer Metall, welche mit Bohrungen versehen sind, hätten denselben Zweck erfüllt.


Das Skalenglas und die Knöpfe sind nun montiert.


Das Radio ist montiert und funktioniert. Die Skalenmechanik klappt jetzt einwandfrei. Sieht ja bei enstspechender Ausleuchtung fast wie neu aus.


Andere Perspektive des restaurierten Radios.


Hier zum Vergleich, wie das Radio aussah, als ich es auf einem Flohmarkt kaufte.


Der Messingrahmen wurde einfach durch drei Löcher gesteckt und erstrahlt im neuen Glanz. Das Magische Auge erfüllt seinen Dienst.


So sah der Messingring vor der Renovierung aus.


Das Skalenglas bei Nacht. Bei dieser Aufnahme fällt auf, dass ich ich das Skalenglas an einigen Stellen vorsichtig auch auf der Innenseite gereinigt habe. Dies war wenigstens auf den großen, leeren Flächen für den Gesamteindruck notwendig. Glasreiniger war mir dazu zu gefährlich, da die Bedruckung schneller als man denkt verwischt werden kann. Das wäre eine Katastrophe. Mit Wattestäbchen, Lupe und Speichel machte ich mich dann auf der Rückseite ans Werk. Speichel ist zähfließend, klar und hat biologisch aktive Substanzen. Zudem steht es kostenlos zur Verfügung. Auch bei der Außenseite war ich vorsichtig, um den dort aufgedruckten Strich nicht zu beschädigen, welcher für Bleistiftmarkierungen vorgesehen ist.


Das Radio hat nun seinen Platz im Wohnzimmer finden dürfen. Beim Ausprobieren ist mir dann noch aufgefallen, dass das Stellrad für UKW als Kurwellenlupe für den Kurzwellenbereich dient.

Noch ein Skalenseil geht entzwei: Nichts läuft leider so glatt, wie man es sich wünscht. Nach einem Tag im Betrieb merkte ich, dass das Magische Auge bei UKW nicht mehr reagierte. Die Ursache war ein kleines Stück Skalenseil, welches den Bandwahlschalter mit einem Schiebeschalter verbindet.


Rechts der Drehschalter für die Bandwahl. An seinem Ende ist ein Hebel angebracht, über welchen ein Schiebeschalter mit einem Stück Skalenseil für die Stellung "UKW" bewegt wird. Das Skalenseil war gerissen und die Reparatur war eine "Fummelei". Die richtige Spannung des Skallenseils kann über den Drahthaken am Hebel durch Verbiegen eingestellt werden. Wahrlich eine anfällige Konstruktion, die mehr an eine werksseitige Notlösung erinnert.


Video über die ungewöhnliche mechanische Verbindung zwischen einem Bandwahlschalter (Drehschalter) und einem Schiebeschalter, der in der UKW-Stellung bewegt wird.

Fazit: Dieses Radio ist in vieler Hinsicht ein ungewöhnliches Radio, das sicherlich damals viel Geld gekostet hatte. Das Design war allerdings typisch für das Schweden der 50er Jahre. Anfang der 60er Jahre kamen dann einige dieser Stilelemente, dessen Hauptmerkmal das Lautsprechergitter aus Holz war, auch nach Deutschland. Man sprach dann von der "skandinavischen Linie".

Es ist ein Radio mit interessanten Kurzwellenbereichen, wovon sich einer davon mit der Mittelwelle überschneidet. Seefunk und Amateurfunk auf 80 und 160m kann damit empfangen werden. Der Empfänger hat in einer Zeit ohne Internet und wahrscheinlich auch ohne Fernsehen das Tor zur Welt dargestellt. Man muss sich dazu einfach vorstellen, man hätte weder Fernsehen noch Internet. In Schweden wurde das Fernsehen 1955 eingeführt. Radio und Fernempfang über Kurzwelle war wichtig und informativ für die Hörer.

Das Radio selbst ist in vieler Hinsicht aufwändig konstruiert. Die Bedienung ist ungewöhnlich und viele technische Details sind unnötig teuer oder technisch nicht ganz ausgereift. Gespart wurde nicht. Auf dem deutschen Markt mit seiner viel härteren Konkurrenz hätte dieses Radio sicherlich schlechte Verkaufschancen gehabt. Ich vermisse ein Schwungrad für die Senderwahl. Dafür dient der UKW-Drehknopf im oberen Kurzwellenband als Kurzwellenlupe.

Als ich das Radio auf dem  Flohmarkt in seinem erbärmlichen Zustand sah, wollte ich dieses hässliche Ding beinahe nicht kaufen. Die Reparatur und Restaurierung hat mir aber dann sehr viel Freude bereitet. Und jetzt gefällt es mir auch sehr gut. Und meiner Frau übrigens auch. Viel konnte ich bei der Restaurierung dazulernen, vor allen Dingen, dass man sich bei solchen Arbeiten Zeit gönnen muss. Die Stunden habe ich nicht gezählt.

Und was sonst noch pasierte: Die neuen Skalenlampen hatten nur 4 Wochen gehalten, weil sie schon beim Kauf defekt waren. Nach 3 Monaten riss das Skalenseil für UKW. Ich habe es durch 1 mm dicke Maurerschnur ersetzt. Diese Lösung müsste fast ewig halten.


Das neue Skalenseil. Gut, dass ich mir die Seilführung skizziert hatte.

Im Rundfunkmuseum Jönköping erfuhr ich dann das Baujahr und den Preis des doch recht seltenen Radios:


Das 797 W kostete damals 495,- Kronen und wurde 1954/55 hergestellt, also vor der Einführung des UKW-Rundfunks in Schweden 1956.