2. Juni 2014
Dieses kleine Radio der Firma Grundig, welches hauptsächlich als Zweitgerät für den Betrieb in der Küche Verwendung fand, war eine Antwort auf die erfolgreiche Philetta-Serie von Philips. Der Grundig 97 war sehr beliebt und wurde in großen Stückzahlen als kostengünstiges Massenprodukt gebaut. Der hier vorgestellte Grundig 97 S ist eine Variante für den schwedischen Markt und schaltungstechnisch mit dem Grundig 97 identisch. Es gibt in der schwedischen Variante offenbar nur ein paar Sicherungen mehr und die Beschriftung auf der Rückseite und auf dem Skalenglas ist selbstverständlich für den schwedischen Markt angepasst. Die Reparatur und Restaurierung bestand hauptsächlich aus den üblichen Kleinigkeiten, die in iher Summe allerdings recht zeitaufwändig waren.
Der Grundig 97 gehörte zu den teuersten kleinen Radios, welche Grundig im Sortiment hatte. Das Radio kann mit einem Netztrafo, Klangreglertasten und einem Magischen Auge aufwarten. Die Röhrenbestückung entsprach dem eines großen Radios für das Wohnzimmer: ECC85, ECH81, EF89, EABC80, EL84, EM84. Selbsverständlich konnte es neben LMK (Langwelle, Mittelwelle, Kurzwelle) auch UKW, welche erst 1955/1956 in Schweden eingeführt wurde. Die Netzgleichrichtung übernahm ein Selenbrückengleichrichter in Flachbauform. Der Listenpreis entsprach in etwa der einer Philitta von Philips.
Weiterführende Links:
– Reparaturverlauf im Wumpus-Gollum-Forum mit noch mehr Bildern –
– Technische Daten auf Radiomuseum.org –
– Schaltbild und Abgleichplan des Grundig 97 S oder Grundig 97 –
Ziel der Restaurierung: Bei der Restaurierung ging es mir um den weitgehenden Erhalt des Originalzustandes. Deshalb wurden defekte Bauteile nicht entfernt, sondern einseitig abgelötet und im Gerät ohne Funktion belassen. Das tut dem Radio nicht weh, aber nachfolgende Generationen werden in einer fernen Zukunft vielleicht froh sein die seltene Gelegenheit zu haben die alten, ursprünglich eingesetzten Bauteile untersuchen zu können. Irgendwann wird es kaum noch ein altes Radio geben, das noch weitgehend dem Original entspricht. Da nutzt es auch nichts der Optik wegen neue Kunststofffolienkondensatoren in die Papprohre der alten Kondensatoren verstecken zu wollen.
Obwohl das Gehäuse einen Riss hatte, nahm ich vom Spachteln und einer Neulackierung Abstand. Dies wäre, da das Gehäuse aus Polystyrol (PS) besteht, übrigens auch nicht so einfach. Nachfolgende Generationen sollen ein gepflegtes Radio vorfinden, das funktioniert und weitgehend dem ursprünglichen Zustand entspricht. Auch damals hätte man das Radio noch in der Küche vorfinden können, obwohl es einen kleinen Riss im Gehäuse hat. Eine Restaurierung bedeutet nicht unbedingt einen fabrikneuen Zustand zu erreichen. Ein Radio war ein Gebrauchsgegenstand und kein Anschauungsobjekt. Es war nur dann fabrikneu, als es das erste Mal über den Ladentisch ging. Es war also schon in den 50er Jahren normal, dass ein Radiogäuse Gebrauchspuren zeigt und dass das Magische Auge nicht mehr ganz hell ist.
Restaurierung oder Restauration? Restauration wird überwiegend für die Beschreibung bestimmter geschichtlicher Entwicklungen verwendet. Als Restaurierung bezeichnet man die Wiederherstellung eines alten Zustandes, welcher oft im Laufe der Zeit verloren gegangen ist.
Mit diesen Worten wurde das Radio damals in Deutschland beworben: „Grundig Musikgerät 97. Dieses elegante Gerät wird in verschiedenen Farbtönen geliefert, damit es sich in jede Umgebung harmonisch einfügt. Der verhältnismäßig kleine Empfänger hat denselben Bedienungskomfort wie seine größeren Brüder. 7 Röhren 17 (7 + 10) Kreise, UKW, Kurz-, Mittel-, Langwelle + Superphon-Lautsprecher – Ton-Tabulator – Klangregler – Ferritantenne – Allbereichsantenne – Einknopf-Duplex-Abstimmung – Anschlüsse für Tonabnehmer, Außenlautsprecher – Wechselstrom. Abmessungen ca. 36 x 21 x 17 cm. Kunststoffgehäuse mittelrot, saharagelb, resedagrün …… DM 198,-„
Restaurierter Grundig 97S mit seinem saharagelben Kunststoffgehäuse.
Die seitlichen Gitter am Gehäuse: Die seitlichen Gitter erinnern an dort eingebaute Lautsprecher für den damals sehr nachgefragten 3-D-Klang oder Raumklang, wie er sich damals nannte, aber der nichts mit der Stereofonie zu tun hatte. UKW-Ausstrahlungen in Stereo wurden erst in den 60er Jahren eingeführt. Hinter den seitlichen Gittern befinden sich überhaupt keine Lautsprecher. Für die Belüftung wären die Gitter auch nicht notwendig gewesen. Eine Philetta kommt ohne sie aus, obwohl sie als Allstromgerät mehr Wärme produziert. Abgesehen davon wurden die Gitter mit Stoff hinterklebt, so dass kaum eine zusätzliche Belüftung besteht. Die seitlichen Gitter sind nur ein Marketingtrick.
In diesem Zustand wurde das Radio auf dem Dachboden vorgefunden. Die etwas bräunliche Verfärbung könnte vom Tabakqualm stammen und stammt nicht nur von der etwas anderen Farbtemperatur des Fotos.
Die Skala des Grundig 97 S. Man achte auf den Hinweis „MADE IN W.GERMANY“. Offenbar war deutsche Wertarbeit ein Verkaufsargument im Schweden der 50er Jahre.
Zustand des Radios: Das Radio war Jahrzehnte auf dem trockenen Dachboden eines schwedischen Herrenhauses gelagert. Das Gehäuse aus Kunststoff war verstaubt und hatte leider einen Riss hinten auf der Oberseite. Rechts und links hatte jemand Aufkleber angebracht, die darauf schließen lassen können, dass das Radio seine letzte Zeit in einem Jugendzimmer verbrachte. Innen war das Chassis mit Küchenfett beschichtet, auf dem sich eine Lage Staub befand. Es scheint so, dass das Radio erst einige Zeit in der Küche eingesetzt wurde und dann in einem anderen Raum betrieben wurde.
Einige Sicherungen wurden dem Radio entnommen. Die Achse des AM-Drehkos saß fest. Die für Grundig-Geräte typische Kupplung rutschte auf dem AM-Bändern manchmal etwas durch, obwohl der Drehko wieder leichtgängig war. Die Ferritantenne war von der Halterung gefallen, wobei Spulendrähte abgerissen waren. Interessant ist, dass sich im Radio Röhren von verschiedenen Hersteller befinden: Siemens, Valvo, Lorenz, Telefunken. Einige Röhren wurden also bereits ausgetauscht. Die Skalenlampe funktionierte übrigens noch und das Magische Auge EM84 war noch recht hell, so dass ein Austausch noch nicht notwendig ist.
Rückwand für den schwedischen Markt.
Gereinigtes Chassis mit ausgetauschter EL84.
Gehäuse nach dem Ausbau des Chassis. Zu sehen ist die UKW-Antenne, welche aus Pappe mit aufgeklebter Aluminiumfolie hergestellt ist. Das Gehäuse besteht aus Polystyrol. Erwärmt man innen an einer unsichtbaren Stelle den Kunststoff mit dem Lötkolben, ist der typische Geruch von Polystyrol zu vernehmen.
Ausbau des Chassis: Beim Hantieren immer eine weiche Unterlage verwenden, um das Gehäuse nicht zu zerkratzen. Die Rückwand ist mit einer einzigen Schraube befestigt. Nun die Lautsprecherkabel ablöten. Die beiden Schrauben auf der Rückseite des Chassis abschrauben und das Chassis nach hinten herausziehen. Die Drehknöpfe müssen nur zum Abnehmen des Kunststoffskalenglases entfernt werden.
Für die Politur des Kunststoffgehäuses kamen von links nach rechts der Reihe nach folgende Mittel zum Einsatz: Zahnprothesenreiniger für die Grundreinigung, Autosol Politur für Kunststoffboote und Autolacke, Autolackreiniger für die Endpolitur. Die beiden letzten Mittel haben einen polierenden Effekt durch Materialabrieb.
Reinigung und Politur des Gehäuses: Nach dem Ausbau des Chassis wurden die Kunststoffoberflächen mit Zahnprothesenreiniger vom Schmutz befreit. Das Gehäuse besteht aus Polystyrol, was durch die meisten organischen Lösungsmittel aufgelöst wird. Also kein Spiritus oder Lackreiniger verwenden. Das ruiniert die Oberfläche.
Dann wurde mit einer Politurpaste für Kunststoffboote die Oberfläche poliert. Die zweite Politur erfolgte mit Autolackreiniger. Das ergab einen schönen Glanz. Das Kunststoff-Skalenglas erfuhr auf der unbedruckten Seite ein Politur mit Autolackreiniger. Die Innenseite wurde nur dort, wo sie durchsichtig ist, vorsichtig mit einem Wattestäbchen und Glasreiniger gereinigt. Ansonsten sollte man die bedruckte Seite der Skalengläser nie reinigen oder berühren. Besonders empfindlich sind die Skalengläser aus Glas.
Aufkleber vom Gehäuse entfernen: Diese sprühte ich mit Kriechöl oder Lampenöl (Paraffin) ein. Dann schabte ich die Aufkleber mit einem Kunststofflineal ab. Keinesfalls zum Abschaben Metallgegenstände verwenden. Auch darf die harte Seite eines Haushaltsschwamms nicht zum Einsatz kommen. Beides zerkratzt die Oberfläche des Kunststoffes.
Drehknöpfe reinigen: Die Drehknöpfe wurden mit Zahnprothesenreiniger und einer Zahnbürste gebürstet. Einige Stunden vorher wurden die kleinen Madenschrauben, mit denen die Knöpfe befestigt sind, mit Kriechöl beträufelt, damit diese kleinen Schräubchen beim Lösen nicht zerbrechen. Die Messingteile wurden mit Chromglanz poliert. Für gezieltes Arbeiten kamen wieder reichlich Wattestäbchen zum Einsatz.
Flecken auf dem Lautsprecherstoff entfernen: Dies habe ich vorsichtig mit Wattestäbchen, die mit Bremsenreiniger und „Vanish OxiAction“ beträufelt wurden, durch Tupfen vorgenommen. Nicht auf dem Stoff reiben, da dieser dann beschädigt wird. Er ist ja schon über 50 Jahre alt. Schwarze Streifen und kleine braune Flecken konnten so fast vollständig beseitigt werden und vielen danach kaum auf.
Reinigung des Chassis oder der Röhren: Die Röhren wurden mit Glasreiniger gereinigt, wobei kein Glasreiniger auf die empfindliche Bedruckung darf. Das Chassis selbst wurde mit Wattestäbchen, Zahnbürsten, Haushaltspapier und Pinseln gereinigt. Als Reinigungsmittel kam wieder Glasreiniger, Zahnprothesenreiniger und Bremsenreiniger zum Einsatz. Vorsicht bei den feinen Spulendrähten, die beim Putzen und Pinseln leicht abreißen können.
Chassis hervorgezogen.
Staub und Küchendreck.
Gereinigtes Chassis. Ein Päckchen Wattestäbchen und eine Stunde Arbeit waren der Lohn der Mühe.
Chassis im Probelauf an einer externen Lautsprecherbox, die in keiner Werktstatt fehlen sollte. Die Ferritantenne wurde mit Maurerschnur befestigt. Die üblichen Gummibänder zerbröseln mit den Jahren.
Mechanik: Alle elektrischen Kontakte, wozu die des Tastensatzes und die Röhrenfassungen gehören, wurden mit HF-Kontaktreinigungsspray behandelt. Die geschah auch beim Potentiometer. Bei der durch Küchendunst festgeklebten Achse des AM-Drehkos half mehrmaliges Einsprühen mit Kriechöl und Bremsenreiniger, das übrigens feuergefährlich ist. Mit dem Lötkolben wurde der Schaft der Achse erwärmt, was das Lösen der Verharzungen unterstütze. Die Umlenkrollen für die Skalenseile wurden ebenfalls mit Bremsenreiniger gereinigt und anschließend mit Kriechöl geschmiert. Das Öl darf nicht an die Skalenseile.
Durchrutschen der Grundig-Kupplung beseitigen: Obwohl der Drehko wieder leichtgängig war, rutschte die Kupplung auf AM manchmal durch. Die Abhilfe war einfach. Mit der Pinzette wurde ein kleines Stück eines silberfarbenen Textilklebebandes auf den schwarzen Kunststoffbelag geklebt. Das Andrücken des Klebebands erledigt die Kupplung selbst. Danach rutschte die Kupplung nicht mehr durch. Vor dem Kleben wurde die Kupplung mit Bremsenreiniger entfettet und vom Schmutz befreit. Leider kann ich noch keine Aussage darüber machen, wie lange meine Methode halten wird.
Eine bewährte Methode ist es ein passend zurechtgeschnittenes Stück Schleifpapier auf den alten Belag mit Alleskleber zu kleben. Auf jeden Fall muss vorher alles gut entfettet werden, damit der Kleber hält, wozu sich Bremsenreiniger gut eignet. Das Schleifpapier wird kreisförmig zurechtgeschnitten und erhält in der Mitte ein Loch. Ein Schlitz ermöglicht das Einkleben ohne die Mechanik demontieren zu müssen. Das Schleifpapier nutzt sich nicht ab, da die Kupplung ja niemals durchrutscht. Eine Demontage der Kupplung ist unnötig und würde zudem das Risiko weiterer Fehler erhöhen. Ist die Mechanik schwergängig, können Verharzungen erfolgreich mit Bremsenreiniger und Kriechöl beseitigt werden. In hartnäckigen Fällen löst die Einwirkung von Kriechöl die Probleme nach einigen Tagen buchstäblich von selbst. Auf die Skalenseile darf kein Kriechöl gelangen, da diese sonst durchrutschen. Die Skalenseile lassen sich aber wieder mit Bremsenreiniger entfetten. Silikonöl sollte deshalb vermieden werden, da es nur schwer zu entfernen ist und gleichzeitig noch sehr gut gleitet. Am ehesten geht das Entfernen von Silikon noch mit viel Iso-Propyl-Alkohol.
Die Kupplung, welche zwischen den Drehkondensatoren für AM und UKW umschaltet, befindet sich auf dem Foto in der Stellung für UKW. Der schwarze Kupplungsbelag war verschlissen. Auf ihn wurde ein kleines Stück Textilklebeband geklebt. Danach funktionierte die Kupplung wieder einwandfrei.
Mit diesem Textilklebeband habe ich die Kupplung repariert. Die Methode müsste bei allen Grundig-Kupplungen dieser Art funktionieren.
Erste Inbetriebnahme: Wenn ein unbekanntes Radio lange nicht in Betrieb war, können der Ladeelko des Netzteil einen so hohen Leckstrom erzeugen, dass dadurch der Selengleichrichter und der Netztrafo überlastet und zerstört wird. Ein überlasteter Selengleichrichter stinkt nach faulen Eiern, und ein heiß gewordener Netztrafo erzeugt einen stechenden Geruch. Aber dann ist es in beiden Fällen schon zu spät. Deshalb klemmte ich den Draht am Plus-Pol des Selengleichrichters ab und schloss an diesen Draht einen 200-Volt-Gleichspannungs-Quelle aus einem externen Netzteil an. Zur Sicherheit wurde eine kleine Kühlschrankglühbirne von 230 Volt / 15 Watt in Serie geschaltet. Der Strom lag nur bei wenigen mA, was keine Gefahr darstellt. 10 mA wären auch noch in Ordnung, wobei dieser Wert nach einigen Stunden durch das Formieren des Elkos meistens abnimmt. Nachdem ich das Netzteil abgeklemmt hatte, schloss ich den Ladeelko mit der Glühbirne kurz, die darauf kurz aufleuchtete. Deshalb ist davon auszugehen, dass der Ladeelko noch ausreichend Kapazität besitzt. Eine direkte Messung wäre schwer gewesen, da die entsprechenden Drähte schwer zu erreichen waren. Ist die Kapazität des Ladeelkos zu klein, was altersbedingt passieren kann, dann brummt es aus dem Lautsprecher. Dieser Brumm wird lauter, wenn man die Bässe aufdreht und wird von der Musik überdeckt, wenn die Lautstärke aufgedreht wird. Ein gewisser Brumm ist normal bei Röhrenradios.
Der gesamte Anodenstrom des Radios lag bei 60 mA, was normal ist. Allerdings war die Anodenspannung direkt am Ladeelko mit etwa 230 Volt etwa 10 Volt niedriger als im Schaltbild angegeben. Dies erklärt sich durch die Alterung des Selengleichrichters, was ebenfalls normal ist. Auf die Leistungsfähigkeit des Radios hat dies keinen nennenswerten Einfluss.
Chassis von unten.
Chassis von unten in Großdarstellung.
Neue Bauteile an der NF-Endstufe.
So lag die Ferritantenne nach dem Öffnen des Radios. Reste der Befestigung waren nicht mehr vorhanden. Meistens waren die Ferritantennen mit Gummibändern befestigt.
Die Ferritantenne wurde mit Maurerschnur befestigt. Das hält länger als Gummibänder. Die abgerissenen Spulendrähte wurden wieder angelötet. Ganz vorne ist die Spule für Langwelle zu sehen. Die beiden Anschlüsse dieser Spule gehören an den beiden Lötstützpunkten unterhalb von ihr. Diese beiden Kontakte sind außer bei Mittel- und Kurzwelle kurzgeschlossen. Alle drei Spulen sind laut dem Schaltbild in Reihe geschaltet.
Vorsorglicher Austausch von Bauteilen: Zur Sicherheit wurde noch in Serie zu dem Koppelkondensator, der zum Steuergitter der EL84 führt, ein weiterer, moderner Kunststofffolienkondensator von etwa 100 nF geschaltet. Der alte Koppelkondensator war nämlich vom Typ ERO100. Dies sind Papierkondensatoren, die erhebliche Leckströme aufweisen können. In diesem Falle hätte der Leckstrom dazu führen können, dass sich der Arbeitspunkt der EL84 verstellt, so dass ein zu hoher Anodenstrom fließt, wodurch sehr viele Bauteile des Radios in Mitleidenschaft gezogen werden können. Diesen Koppelkondensator tausche ich deshalb immer obligatorisch aus oder schalte einen Kondensator ohne Leckstrom in Serie. Zudem habe ich den Elko an der Kathode der EL84 vorsorglich ersetzt, obwohl dies nicht notwendig war.
Welche Papierkondensatoren ich eventuell noch austausche, muss ich an Hand des Schaltbildes entscheiden. Manche Leckströme haben wirklich keinen Einfluss auf die Funktion der Schaltung. Würde zum Beispiel der Abblockkondensator an einem Schirmgitter einen relativ hohen Leckstrom bekommen, dann würde das die Funktion nicht oder fast nicht beeinträchtigen. Würde dieser Kondensator im schlimmsten Fall einen Kurzschluss erfahren, würde das Radio nicht mehr spielen oder sehr unempfindlich sein, weil die Schirmgittespannung auf 0 Volt liegt. Der Widerstand am Schirmgitter könnte jedoch heiß werden und mit der Zeit hochohmig werden. Ein Brand ist äußerst unwahrscheinlich, aber so oder so nie auszuschließen. Deshalb lasse ich ein altes Röhrenradio nie ohne Aufsicht laufen. Bevor ich alle Papierkondensatoren austausche, baue ich lieber ein paar Sicherungen mehr ein, zum Beispiel für die Anodenspannung der EL84. Aber diese ist hier schon vorhanden. Bei einem Radio aus den 30er- oder 40er-Jahren ist die Problematik mit den Papierkondensatoren und Elkos natürlich kritischer zu sehen.
Ich kann davon abraten einfach auf Verdacht sämtliche Papierkondensatoren und Elkos auf einen Schlag zu wechseln. Macht man dabei einen Verdrahtungsfehler oder erzeugt man einen Kurzschluss, wird die Fehlersuche selbst für den versierten Restaurator schwierig. Schleichen sich mehrere Fehler ein, ist die Fehlersuche noch schwieriger. Wenn Bauteile getauscht werden, dann vorher unbedingt hochauflösende Fotos anfertigen und nur Stufe für Stufe die Kondensatoren tauschen. Wenn das Radio empfindlich ist und gut klingt, besteht kein Grund für eine Radikalkur.
Wenn jedoch alle Elkos und Papierkondensator getauscht werden sollen, weil das Radio vielleicht Jahrzehnte in einem feuchten Keller vermoderte, dann fängt man mit dem Netzteil an und prüft es danach. Dann arbeitet man sich am Lautsprecher beginnend Stufe für Stufe bis zur Antenne vor und prüft jeden einzelnen Schritt und überprüft dabei die Funktion des Radios.
Grundig 97 S im Dämmerlicht.
Skala, Magisches Auge und Tastensatz.
Das Radio spielte jedenfalls nach dem Zusammenbau einwandfrei und war empfindlich. Ein leichter Brumm trat hauptsächlich durch die Vibrationen des Netztrafos auf. Sehr erfreut war ich über das Leuchten des Magischen Auges.
Brumm beseitigen: Nach einer Weile stellte sich jedoch ein satter leiser Brumm ein, der sich erst ein paar Minuten nach dem Einschalten richtig bemerkbar machte. Der Brumm ist tief und satt, und er ist nur bei leiser Wiedergabe zu hören. Üblicherweise waren erst der Lade- und Siebelko des Netzteils in Verdacht. Es war aber ein Feinschluss zwischen der Kathode und dem Heizfaden der Audio-Endstufen-Pentode EL84. Der Fehler kann bei der EL84 öfters auftreten. Nach dem Austausch der EL84 war an einer externen Lautsprecherbox kein Brumm mehr zu hören. Als das Chassis wieder mit dem Gehäuse vereint war, war allerdings wieder ein ganz leichter Brumm zu vernehmen. Dieser stammt vom Netztrafo selbst her und unglücklicherweise besitzt das Gehäuse eine Resonanzfrequenz, die der Netzfrequenz entspricht. Scheppert die Wiedergabe, muss das Skalenglas besser befestigt werden. Dazu reicht es die keilförmigen Blechlaschen weiter nach innen umzubiegen. Außerdem sollten alle Schrauben am Gehäuse und am Lautsprecher nachgezogen werden.
Wer in einem Rundumschlag einfach so alle Papierkondensatoren und Elkos getauscht hätte, weil man das angeblich immer so machen muss, hätte eine große Enttäuschung erlebt! Es wurde zur Sicherheit nur in Serie zum Steuergitterkoppelkondensator der EL84 ein moderner Kondensator von 100 nF geschaltet. Der Kondensator, welcher in Serie zum Klangregler-Potentiometer liegt, bekam ebenfalls ein Kondensator von 100 nF. Dann wurde die EL84 getauscht. Das Ergebnis war ein brummfreier und glockenreiner Klang, der nur auf UKW in Verbindung mit einem externer Lautsprecherbox voll zur Geltung kam.
Anschluss eines externen Lautsprechers: Das Radio bietet die Möglichkeit einen externen Lautsprecher über zwei Bananenbuchsen parallel zum eingebauten Lautsprecher zu schalten. Aber dann läuft der interne Lautsprecher leider noch mit. Wer das Potential von diesem Radio wirklich ausschöpfen will, der klemmt den internen Lautsprecher ab und hört nur über eine gute externe Lautsprecherbox. Der Klang ist beeindruckend.
Es besteht die Möglichkeit einen kleinen Kippschalter in einem Loch der Rückwand zu befestigen, ohne dafür das Gehäuse oder die Rückwand beschädigen zu müssen. Mit diesem Kippschalter kann dann zwischen dem externen und internen Lautsprecher umgeschaltet werden. Dieser Eingriff kann jederzeit ohne die Hinterlassung von Spuren rückgängig gemacht werden, was dem Wunsch einer originalgetreuen Restaurierung entspricht.