15. November 2024
Nachfolgend habe ich den Fortschritt bei der Restaurierung eines Luxor Populär 493W aus dem Jahr 1951 in Wort und Bild festgehalten. Es handelt sich um ein schwedisches Mittelklasseradio mit den Wellenbereichen von Langwelle bis Kurzwelle. UKW wurde in Schweden erst 1955 eingeführt. Das Radio stand Jahrzehnte auf einem Dachboden, weshalb mit Feuchtigkeitsschäden zu rechnen ist. Dies bezeugen Rostflecken am Chassis. Entsprechend vorsichtig ging ich bei der Reparatur vor.
Hier möchte ich auch zeigen, wie man ein altes Radio wieder in einen optisch und technisch guten und funktionsfähigen Zustand mit möglichst wenig Aufwand versetzen kann.
Anfänger sollten sich darüber bewusst sein, dass in einem Röhrenradio lebensgefährliche Spannungen von über 400 Volt DC auftreten können. Du solltest bei einer Reparatur mit der Theorie und Praxis vertraut sein.
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Gehäuse aufpolieren: Das Gehäuse hatte ich bereits aufpoliert – genauer gesagt, den Lack des Holzgehäuses mit einfachen Hausmitteln. Wie ich dabei vorgegangen bin, ist auf meiner Webseite unter https://elektronikbasteln.pl7.de/alte-roehrenradios-wieder-aufpolieren-risse-im-lack-ausbessern beschrieben. Besser ist es die Front bei ausgebauten Chassis zu polieren, weil dann die Achsen der Bedienelemente nicht stören. Die Drehknöpfe sollte man auf jeden Fall entfernen. Damit die festsitzenden Madenschrauben nicht abbrechen, sollte man vorher ein paar Tage lang Kriechöl auf ihre Gewinde einwirken lassen.
Besonderheiten: Das Netzteil hat eine Einweggleichrichtung. Die beiden Dioden der Gleichrichterröhren wurden parallel geschaltet. Mit einer Mittelanzapfung der Anodenwicklung hätte man eine Vollweggleichrichtung erzielen können. Warum man auf diese Anzapfung verzichtet hatte, ist ein Rätsel. Das Radio hat zwei Kurwellenbänder. Mit dem rechten Drehknopf kann man auf Kurzwelle eine Feinabstimmung erzielen. Dazu wird über einen drehbaren Nocken der Abstand einer u-förmigen Metallplatte zu zwei Spulenkörpern verändert. Die Tonblende erfolgt durch einen Stufenschalter, der gleichzeitig der Netzschalter ist. An der inneren Gehäusewand des Holzgehäuses ist ein Messingband angebracht, das leitend mit dem Chassis verbunden ist. Was haben sich die Entwickler damals dabei gedacht? Wenn man das Chassis ausbauen möchte, reicht es nicht die vier unteren Schrauben zu entfernen. Man muss auch eine Holzschraube oberhalb des Skalenglases entfernen.
Erster Empfangstest nach erfolgter Reparatur zu nächtlicher Stunde in Schweden am 14. November 2024 an einer 15 Meter langen Außenantenne in Form eines Drahtes zum nächsten Baum. Leider sind nur noch wenige Stationen von Kurzwelle bis Langwelle im Betrieb und die Störungen aus der Nachbarschaft sind erheblich. Das Radio ist erstaunlich trennscharf und großsignalfest, weshalb eine lange Antenne angeschlossen werden kann. Allerdings ist nicht besonders empfindlich auf Lang- und Mittelwelle. Eine Ferritantenne fehlt.
Luxor Populär 493W. Erster Test auf Mittelwelle nach der Reparatur am 15. November 2024 gegen 18 Uhr. Antenne: 15 Meter langer Draht zum nächsten Baum. Erde: Zentralheizung. Standort: Schweden. Leider herrschen Störungen aus der Nachbarschaft durch TV-Geräte und Schaltnetzteile. Zudem sind viele Mittelwellensender nicht mehr auf Sendung.
Bedeutung des Radios im Schweden der 1950er Jahre: Schweden war damals zu Zeiten des Kalten Krieges neutral. Einerseits herrschte ein wirtschaftlicher Aufschwung. Doch der Optimismus wurde durch die Kriegsangst getrübt. Das Radio war im dünn besiedelten Land eine wichtige Informationsquelle. UKW wurde erst 1955 eingeführt. Es gab noch eine Diskussion, ob man sich auf UKW oder Drahtfunk konzentrieren sollte. Mit Drahtfunk werden die Rundfunksignale über den Telefonanschluss auf Langwelle verbreitet. Der Telefonanschluss hatte eine Frequenzweiche, damit sich Drahtfunk und Telefonate nicht gegenseitig stören konnten. Drahtfunk starb Anfang der 1960er Jahre aus. Gegen Ende der 1950er Jahre setzte sich das Fernsehen durch. Es gab auf Langwelle bis Kurzwelle staatliche Sender, die im ganzen Land gut zu empfangen waren. Nachts öffnete sich das Mittelwellenband und weit entfernte Auslandsstationen konnten insbesondere in den Winternächten empfangen werden. Kurzwelle ermöglichte je nach Frequenz, Tages- und Jahreszeit weltweiten Empfang, um sich umfassend über das Weltgeschehen informieren zu können. Die Störungen aus der Nachbarschaft waren damals kaum vorhanden. Für viele Schweden war das Radio das Tor zu Welt.
Reinigen des Chassis: Nach dem Aufpolieren des Gehäuses habe ich mich dann dem Chassis gewidmet. Die Reinigung ist eine langwierige Arbeit gewesen und erfolgte nach meiner bewährten Methode: mit vielen Wattestäbchen, Glasreiniger, alten Zahnbürsten, Pinseln, einem Staubsauger und Bremsenreiniger, das aus Waschbenzin besteht. Der Schmutz war diesmal sehr hartnäckig und festgeklebt, sodass es eine ganze Weile gedauert hat.
Die Drehknöpfe wurden mit Badreiniger und Bürsten gereinigt. Auf Anhieb ließ sich der Schmutz in den Rillen nicht entfernen. Deshalb mussten die Knöpfe vorher ein paar Stunden in einer Seifenlauge eingeweicht werden. Selbst eine Ultraschallreinigung half nur bedingt.
Das Skalenglas reinigt man mit Haushaltspapier und farblosem Glasreiniger. Die Innenseite darf nicht mit Flüssigkeiten in Berührung kommen oder berührt werden, da sonst die Bedruckung für immer zerstört wäre.
Die Röhren reinigt man mit Glasreiniger. Allerdings darf die Bedruckung nicht berührt werden. Besonders mit dem Pinsel kann es leicht passieren, dass die dünnen Spulendrähte abgerissen werden. Auch hier ist Vorsicht geboten.
Ganz sauber ist das Chassis nicht geworden. Zu viel Putzen kann auch Bauteile beschädigen. Deshalb gehe ich lieber einen Kompromiss ein. Beim Putzen entdeckt man auch augenscheinlich defekte Bauteile. Das Netzkabel ist lebensgefährlich. Seine Isolation ist brüchig und das Kabel hatte schon einen Kurzschluss.
Nach der erfolgten Reinigung sollten alle beweglichen Teile mit Kriechöl oder Kontakspray behandelt werden, damit sie wieder leichtgängig werden und die Kontaktflächen gereinigt werden. Beim Netzschalter mussten die Kontakte zusätzlich noch mit Papierstreifen gereinigt werden.
Reparatur der Elektronik: Aus Sicherheitsgründen tauschte ich sämtliche Papierkondensatoren des Netzteils gegen moderne Kunststofffolienkondensatoren aus. Obligatorisch wurde auch der Koppelkondensator zum Steuergitter der NF-Endröhre ersetzt. Dieser Koppelkondensator kann einen Leckstrom haben und den Arbeitspunkt der Röhre so verschieben, dass das Anodenblech im schlimmsten Fall zu glühen anfängt.
Vor dem Einschalten habe ich sämtliche Elkos mit einem Komponententester geprüft, ob sie noch ausreichend Kapazität haben. Dies war der Fall.
Für das erste Einschalten nach dem Austausch der kritischen Bauteile verwendete ich eine Glühbirne als Vorwiderstand, um auf der sicheren Seite zu sein. Im ersten Schritt kam eine Glühfadenlampe mit 230 Volt 25 Watt zum Einsatz, dann eine mit 60 Watt. Danach den Netzstecker ziehen und prüfen, ob die Elkos und der Netztrafo ungewöhnlich heiß werden und ob es verbrannt riecht.
Warum sind die alten Papierkondensatoren, die überwiegend in alten Röhrenradios zum Einsatz kamen, besonders problematisch und eine der Hauptfehlerursachen? Alte Papierkondensatoren, die häufig in Röhrenradios verwendet wurden, sind eine bekannte Fehlerquelle, da sie im Laufe der Zeit ihre Isolationsfähigkeit verlieren und oft elektrisch durchschlagen oder starke Leckströme entwickeln. Dies liegt vor allem daran, dass das Papier als Dielektrikum hygroskopisch ist, also Feuchtigkeit aus der Luft anzieht. Selbst bei ursprünglich guter Versiegelung durch Wachs oder Teer wird diese im Laufe der Jahre porös, wodurch Feuchtigkeit eindringen kann. Diese Feuchtigkeit verringert die Durchschlagfestigkeit des Papiers und erhöht seine Leitfähigkeit, was zu Leckströmen und elektrischer „Undichtigkeit“ führt.
Zusätzlich wird das Papier durch chemische Prozesse wie Oxidation und Hydrolyse abgebaut. Dabei entstehen saure Verbindungen, die die Isoliereigenschaften weiter verschlechtern und das Papier spröde machen. Dies beeinträchtigt die Funktion als Dielektrikum erheblich. Auch die Elektroden aus Aluminium oder Zink, die im Kondensator verwendet werden, können durch die Reaktion mit Feuchtigkeit oder sauren Zersetzungsprodukten korrodieren, was Kurzschlüsse oder eine Veränderung der Kapazität zur Folge haben kann.
Mit der Zeit kann es außerdem zur Migration von leitfähigen Verbindungen durch das Dielektrikum kommen. Dies sind meist Ionen oder Moleküle, die durch die Zersetzung des Papiers und die eingedrungene Feuchtigkeit entstehen. Solche Vorgänge führen ebenfalls zu Kurzschlüssen oder erhöhten Leckströmen. Hinzu kommt, dass die Alterung durch Wärme und mechanischen Stress während des Betriebs beschleunigt wird. Die dabei entstehende Wärme fördert chemische Reaktionen und verschärft den ohnehin stattfindenden Abbau des Materials.
Die Folgen dieser Alterungsprozesse sind vielfältig. Erhöhte Leckströme führen zu unerwünschten Stromflüssen, die den Betrieb des Radios stören. Der Kondensator verliert oft seine spezifizierte Kapazität, was dazu führt, dass Schaltungen wie Filter oder Koppelkondensatoren nicht mehr richtig funktionieren. In extremen Fällen schlägt der Kondensator elektrisch durch, was zu erheblichen Schäden an anderen Bauteilen wie Röhren oder Transformatoren führen kann. Aufgrund dieser unvermeidlichen Alterungsprozesse ist der Austausch alter Papierkondensatoren durch moderne Alternativen mit stabileren Dielektrika wie Polyester oder Polypropylen meist unerlässlich, um die Zuverlässigkeit und Funktionalität des Geräts wiederherzustellen.
Welche Papierkondensatoren sollte man vorsorglich ersetzen? Man muss nicht jeden Papierkondensator in einem alten Röhrenradio sofort ersetzen. Es kommt darauf an, wo er in der Schaltung eingesetzt ist. Im Netzteil können jedoch erhebliche Schäden entstehen, wenn dort ein Kondensator durchschlägt. Aus Sicherheitsgründen ist es daher sinnvoll, diese Kondensatoren grundsätzlich auszutauschen.
Besonders kritisch ist der Koppelkondensator, der das Steuergitter der Audio-Endstufenröhre mit der hohen Anodenspannung der Audio-Vorröhre verbindet. Wenn dieser Kondensator einen Leckstrom entwickelt, würde die Gitterspannung der Endröhre ansteigen. Dies könnte zu einem erhöhten Anodenstrom führen, der so stark werden kann, dass das Anodenblech sichtbar zu glühen beginnt und dass die Röhre selbst und weitere Bauteile überlastet werden könnten.
Es ist jedoch ratsam, die Schaltung immer genau zu betrachten, um abzuwägen, wo ein Defekt den Arbeitspunkt verschieben könnte und welche Konsequenzen ein Durchschlagen hätte. Wenn beispielsweise in Serie zum Kondensator ein hoher Widerstand geschaltet ist, besteht kaum ein Risiko, dass ein zusätzlicher Leckstrom die Funktion der Schaltung wesentlich beeinträchtigt.
Ein weiteres Beispiel ist die Erzeugung der Schirmgitterspannung, die oft durch einen Widerstand aus der Anodenspannung abgeleitet wird. Diese Spannung wird durch einen Kondensator zwischen Schirmgitter und Masse geglättet. Sollte dieser Kondensator einen hohen Leckstrom erzeugen, würde die Schirmgitterspannung absinken, was die Verstärkung der betreffenden Stufe reduzieren würde. Hier lohnt es sich, die Spannung mit einem Voltmeter zu prüfen. Da jedoch auch hier ein hochohmiger Widerstand in Serie geschaltet ist, besteht keine große Gefahr für weitere Schäden.
Es hängt also immer vom Einzelfall ab, welche Papierkondensatoren als kritisch einzustufen sind und ob ein Defekt weitere Schäden mit sich bringen könnte. Vor diesem Hintergrund ist es nicht notwendig, sämtliche Papierkondensatoren auszutauschen. Eine pauschale Erneuerung kann sogar Schaden anrichten, da nachfolgende Generationen ein restauriertes Radio vorfinden könnten, das in wesentlichen Punkten vom Originalzustand abweicht. Übrigens würden sich nachfolgende Generationen auch daran erfreuen, wenn die ursprünglichen Kondensatoren noch im Gerät verbleiben – meistens ist genug Platz vorhanden, um diese einfach im Gerät zu belassen. Ein gezieltes und überlegtes Vorgehen erhält den historischen Wert des Geräts besser und bewahrt gleichzeitig seine Funktionalität. Zudem erspart man sich eine Menge Zeit, Geld und Arbeit. Insbesondere kann jeder Austausch zu einem Verdrahtungsfehler führen, der eine zeitraubende Fehlersuche mit sich führt. Man erspare sich diesen Stress und Frust. Ich spreche aus Erfahrung.
Wie geht es weiter? Der Einbau eines Bluetooth-Empfängers folgt noch. Dabei ist es mir wichtig das Radio nicht unwiederbringlich zu verändern. Es dürfen also keine Löcher gebohrt werden. Deshalb werde ich die Platine mit dem Bluetooth-Empfänger mit Drahtstücken an der Rückwand befestigen. Um auf den AM-Bändern Störungen durch diesen Bluetooth-Empfänger auszuschließen, lässt sich ein Kippschalter in ein Belüftungsloch montieren, mit dem die Spannungsversorgung zu diesem Empfänger abgeschaltet werden kann.
Eine langer Draht als Mittelwellenantenne ist durch die zahlreichen Störungen nicht besonders geeignet. Besser ist es eine aktive Ferritantenne für Mittelwelle zu verwenden.