Labor-Netzteil von 2,4 – 23 Volt einstellbar aus einem AT- oder ATX-Netzteil

Nachfolgend eine Anleitung, wie man recht einfach ein regelbares Labor-Netzteil von etwa 2,4 bis eventuell 23 Volt aus einem AT- oder ATX-Netzteil gewinnen kann. Solche alten AT- oder ATX-Netzteile aus alten Computern gibt es gebraucht umsonst. Der Ausgangsstrom richtet sich nach der Leistung des eingesetzten PC-Netzteils. Für den hier beschriebenen Umbau kommen nur Netzteile in Betracht, welche für die Regelung das weit verbreitete IC KA7500 verwenden. Andere Bezeichnungen lauten KA7500B, TL494 oder DBL494.

Vorbemerkung: Diese Umbauanleitung befindet sich noch im Entwicklungsstadium. Über weitere Erfahrungen, Probleme und dessen Lösungen werde ich hier berichten. Problematisch sind immer die unterschiedlichen Schutzschaltungen, dessen genaue Wirkungsweisen ohne Schaltbild schwer zu ergründen sind. Nicht jedes ATX- oder AT-Netzteil ist deshalb für den Umbau geeignet. Kritisch wird es, wenn das Netzteil nicht mehr vor Überlastungen (Kurzschluss, Überspannung, zu hoher Strom, zu hohe Temperatur) ausreichend geschützt wird. Die meisten ATX-Netzteile sind in dieser Hinsicht sicherer als ein AT-Netzteil.


Der noch chaotisch anmutende Probeaufbau zum Testen der Eigenschaften des Labornetzteils.


Der Aufkleber meines Exemplars eines AT-Netzteils gibt Auskunft über die Leistungsfähigkeit.


Das Gehäuse des AT-Netzteils, welches für meine Versuche zum Einsatz kam.

Sicherheits- und Warnhinweise: In PC-Schaltnetzteilen herrschen hohe Spannungen und Ströme, die tödlich sein können oder einen Brand hervorrufen können. Der Umbau ist deshalb nur Fachleuten vorbehalten, welche die Gefahren erkennen können und wissen, was sie tun. Jede Haftung und Gewährleistung ist ausgeschlossen. Auch Stunden nach dem Abschalten eines PC-Schaltnetzteiles können die Sieb-Elkos des Primärkreises mit mehreren 100 Volt aufgeladen sein. Sie sollten mit einer 230-Volt-Glühlampe entladen werden.  Die PC-Schaltnetzteile sind immer an einem Schutzleiter zu betreiben. Die Elkos in Schaltnetzteilen, die lange nicht in Betrieb waren, können im seltenen Fällen beim ersten Wiedereinschalten explodieren.


Die Platine des AT-Netzteils vor dem Umbau. Der Kabelbaum kann bis auf ein paar schwarze und gelbe Kabel abgezwickt werden.

Prinzip des Umbaus: Dem Pin 1 des Regler-IC KA7500 wird normalerweise über Widerstände oder ein Widerstandsnetzwerk die Ausgangsspannung der +5-Volt- und +12-Volt-Schiene zugeführt, um diese Spannung nachregeln zu können, falls sie zu hoch oder zu niedrig ist. Isolieren wir nun den Pin 1 von allen anderen Anschlüssen und schließen an ihm nur den Schleifer eines Potenziometers an, dessen beide anderen Anschlüsse zwischen Masse  und dem +12-Volt-Ausgang liegen, kann die stabilisierte Spannung am +12-Volt Ausgang (gelbes Kabel) in weiten Grenzen eingestellt werden.

Die Anregung dazu habe ich unter http://boginjr.com/electronics/lv/atx-mod/ gefunden. Dort wurde es an einem ATX-Netzteil ausprobiert. Die Seite ist lesenwert. Ich habe diese Methode hingegen an einem alten AT-Netzteil getestet.


Prinzip des Umbaus: Pin 1 des Regler-IC KA7500 wird durch Durchtrennen von Leiterbahnen von allen anderen Verbindungen isoliert. Angeschlossen wird die beschriebene Schaltung. Mit P1 wird die Spannung von 2,4 bis 16 Volt eingestellt. Mit dem Widerstand R1 und dem Trimmer Tr1 wird die maximal mögliche Spannung von 16 Volt eingestellt, denn der Elko am +12-Volt-Ausgang ist nur für maximal 16 Volt vorgesehen. Nun können wir am +12-Volt-Ausgang (gelbes Kabel) die Spannung von etwa 2,4 bis 16 Volt einstellen. Die Ansicht des IC ist von der Bestückungsseite aus betrachtet (Grafik mit hoher Auflösung).

Wichtig ist, dass das Regler-IC über eine Hilfsspannung versorgt wird. Dies ist vor dem Umbau zu überprüfen. Bei meinem Exemplar führt vom Pin 12 (VCC) eine Leiterbahn in die Nähe eines kleinen Übertragers, der sich in der Nähe des Primärteils befindet.

Falls die Regelung des IC vollständig ausfällt, wenn zum Beispiel das Kabel zum Pin 1 entfernt wird, steigt die Ausgangsspannung bei einigen Exemplaren auf über 30 Volt an, was zur Zerstörung des Netzteils führen kann. Insbesondere können die Elkos explodieren.


So ist das Potenziometer anzuschließen. Der Mittelanschluss wird mit dem Pin 1 des Regler-IC verbunden. Der rechte Anschluss des Potis (gelbes Kabel) wird mit dem +12-Volt-Ausgang verbunden. Der 3300-Ohm-Widerstand hängt hier in der Luft, da ich ihn nicht benötigt habe.

Das erste Einschalten: Die Kabel sind wie in der Grafik und auf den Bildern beschrieben, anzulöten. Schaut man auf den Drehknopf, muss die rechte Lötfahne des Potis mit dem +12-Volt-Anschluss verbunden werden (gelbes Kabel). Das Poti muss zu Beginn auf Linksanschlag stehen. Die Spannung ist dann langsam hochzudrehen. Bei 16 Volt ist aufzuhören, da der Siebelko am +12-Ausgang nur maximal 12 Volt vertragen kann. Danach ist das Trimmpoti so einzustellen, dass maximal nur 16 Volt einstellbar sind. Gegebenenfalls sind der Vorwiderstand R1 und der Wert des Trimmpotis Tr1 zu ändern. Beim ersten Einschalten Schutzbrille aufziehen und Abstand halten, da bei Fehlschaltungen die Elkos und andere Bauteile explodieren können!


Das Regler-IC befindet sich auf der Sekundärseite der Hauptplatine.


Der grüne Draht am Pin 1 des Regler-IC führt zum Schleifer des Potenziometers. Vorher ist Pin1 von allen anderen Anschlüssen zu befreien.


Durchtrennte Leiterbahn, damit der Pin 1 des Regler-IC von allen anderen Verbindungen getrennt ist. Der Pin 1 befindet sich links von der Durchtrennung. Die Leiterbahn kann mit der scharfen Klinge eines Schraubenziehers durchtrennt werden.

Kurzschlussfestigkeit: Nach den Modifikationen ist die Kurzschlussfestigkeit des Netzteils zu testen. Dies macht man am besten mit einer kleinen Feinsicherung von etwa 3 Ampere. Überlebt die Sicherung und das Netzteil, ist das Netzteil kurzschlusssicher. Falls nicht, könnte das Netzteil bei einem versehentlichen oder gewollten Kurzschluss ohne Sicherung zerstört werden oder gar in Brand geraten. Somit ist es als Labornetzteil aus Sicherheitsgründen nicht mehr geeignet.

Maximale Ausgangsspannung bis 16 Volt: Bei meinem Exemplar war die maximale Ausgangsspannung bei 12 Volt begrenzt. Ein Weiterdrehen des Potenziometers führte zum Abschalten des Netzteils. Diesen Überspannungsschutz kann man entfernen, wenn man probeweise der Reihe nach kleine Dioden entfernt, welche sich auf der Sekundärseite befinden. Bei meinem Exemplar war es eine Diode, welche mit dem +5-Volt-Ausgang verbunden ist. Nach dem einseitigen Auslöten der Diode konnnte die Spannung auf fast 25 Volt hochgedreht werden. Dies habe ich wegen des bereits erwähnten 16-Volt-Elkos nur kurzzeitig gemacht. Später möchte ich diesen 1000 uF/16 Volt-Elko durch 10 parallel geschaltete 100 uF/25 Volt-Elkos ersetzen. Mehr als 24 Volt dürfen nicht überschritten werden, weil dann an der 5-Volt-Schiene 10 Volt anliegen und der dort angeschlossene Elko ist nur für 10 Volt ausgelegt ist. Den Kurzschlusstest mit einer Feinsicherung von 3 Ampere bei einer Ausgangssspannung von 16 Volt hatten sowohl die Sicherung als auch das Netzteil überstanden.


Diese Konstruktion aus parallel geschalteten 25-Volt-Kondensatoren (siehe Text) ersetzt den 16-Volt-Kondensator am ehemaligen +12-Volt-Ausgang.

Ausgangsspannung bis 23 Volt: Inzwischen habe ich alle 16-Volt-Elkos im Sekundärkreis durch 25-Volt-Typen ersetzt. Der 1000-µF/16-Volt-Siebelko der +12 Volt wurde durch eine Parallelschaltung von 25-Volt-Kondensatoren ersetzt ( 3 x 470 µF + 100 µF). Der 470-µF-Kondensator für die -12-Volt wurde durch einen 100 µF-Kondensator ersetzt, da diese Spannung nicht belastet wird. Bei 24 Volt Ausgangsspannung haben die Kondensatoren für die ehmaligen 5 Volt eine Spannung von 10 Volt. Belastet man bei 24 Volt den Ausgang mit 1 Ampere sinkt die Spannung auf 23,5 Volt. Bei 23 Volt sinkt die Spannung bei einer Belastung von 4 Ampere auf 22,99 Volt. Deshalb habe ich die maximale Ausgangsspannung auf 23 Volt eingestellt.

Den Kurzschlusstest mit einer Feinsicherung von 3 Ampere hat das Netzteil bei 23 Volt allerdings nicht überlebt. Die Sicherung blieb hingegen intakt. Die defekten Bauteile habe ich noch nicht gefunden. Die Dioden und Transistoren haben überlebt. Wahrscheinlich ist mindestens eines der beiden ICs zerstört worden.

Die maximale Stromstärke: Laut dem Aufdruck meines Exemplars können den +12 Volt maximal 4,5 Ampere entnommen werden. Falls keine Strombegrenzung auf diesen Wert existiert, können die beiden Diodenpaare bei einem AT-Netzteil getauscht werden, denn das Diodenpaar für die +5-Volt hält eine wesentlich höhere Stromstärke aus. Insgesamt darf aber die angegebene Leistung des Netzteils nicht überschritten werden. Bei meinem Exemplar wären dies 150 Watt. Aus Sicherheitsgründen würde ich die Grenzen nicht ausschöpfen. Nachtrag: Inzwischen habe ich das Netzteil ohne vertauschte Diodenpaare kurzzeitig bis 6 Ampere bei 16 Volt belastet. Laut Datenblatt ist das Diodenpaar der +12-Volt für maximal 5 Ampere belastbar. Die Spannung ist sehr stabil und sinkt zwischen Leerlauf und 6 Ampere nur um weniger als 100 mV ab.


Hier sieht man unten im Bild die Diode D16, welche einseitig ausgelötet wurde, damit der Überspannungsschutz abgeschaltet wird, welcher das Netzteil beim erreichen von 12 Volt abschaltet.

Vertauschen der beiden Diodenpaare: Um die Ausgangsspannung höher belasten zu können, habe ich wie bereits beschrieben die beiden Diodenpaare vertauscht, denn das Diodenpaar für die nicht mehr benötigten +5 Volt ist westenlich leistungsfähiger als das der +12 Volt, welches nur bis 5 Ampere ausgelegt ist. Da die Übertrager und die Schalttransistoren für eine Leistung bis 150 Watt ausgelegt sind, dürfen wir es wagen den Ausgang mit entsprechend mehr Ampere zu belasten. Auskunft über die Leistungsfähigkeit der Doppeldioden geben die Datenblätter. Die Datenblätter-Seite http://www.alldatasheetde.com/ hat bei mir die besten Treffer ergeben.


Zum Vertauschen der beiden Diodenpaare eines AT-Netzteils wurden in diesem Fall die entsprechenden Leiterbahnen aufgetrennt und neue Drahtbrücken gezogen. Das dicke Diodenpaar ist leitend mit dem Kühlblech verbunden. Deshalb ist unbedingt darauf zu achten, dass das Kühlblech nicht mit einer Leiterbahn verbunden ist. Dies ist mit dem Ohm-Meter zu überprüfen und eventuell ist die betreffende Leiterbahn zu durchtrennen. Die Leiterbahnen wurden mit einem 0,8-mm-Bohrer aufgefräst, während die Bohrmaschine in einem Ständer eingespannt war und die Leiterplatte mit der Hand geführt wurde. (Großansicht hier).

Störungen des Rundfunkempfangs vermeiden: Mein fliegender Versuchsaufbau ohne Schutzleiter in offener Bauweise und ohne Netzfilter hat prompt den UKW-Rundfunkempfang gestört. Deshalb muss das fertig aufgebaute Gerät sich in einem geerdeten Metallgehäuse befinden, um Störungen des Rundfunk- und TV-Empfangs zu vermeiden. Auch das Poti muss im Metallgehäuse untergebracht werden. Das Netzfilter muss verwendet werden.


Dieses Video von Jozef Bogin, jr. ( http://boginjr.com/electronics/lv/atx-mod/ ) stellt den Umbau seines ATX-Netzteils vor: Ausgangsspannung von 5 bis 16 Volt bei maximal 18 Ampere, kurzschlussfest und Schutz für Überstrom.

Der Lüfter: Der Lüfter muss jetzt an einer variablen Spannung betrieben werden, da die Spannungen an den +12 Volt und die anderen Spannungen sich ändern. Ab etwa 5 Volt fängt der Lüfter an sich zu drehen. Soll das Netzteil weniger als 5 Volt abgeben können, muss für den Lüfter eine zusätzliche Spannungsversorgung eingebaut werden. Diese kann aus einem kleinen Netztrafo und einem Gleichrichter bestehen.

Störspannung: Es darf nicht verschwiegen werden, dass sich auf der Gleichspannung bedingt durch die Schaltvorgänge eine Störspannung befindet. Bei meinem fliegenden Aufbau sind etwa alle 10 µs (100 kHz) sehr kurze Nadelimpulse mit einer Amplitude von etwa 2 Vs festzustellen. Dies ist bei Schaltnetzteilen nicht ungewöhnlich. Meinen Kurzwellentransceiver scheint es nicht zu stören. Auch hört man keine störenden Geräusche an angeschlossenen Audio-Verstärkern. Für viele Aufgaben ist aber ein analoges Netzteil vorzuziehen, das nicht diese Störspannung kennt.

Aufbauhinweise: Ich werde das Potenziometer in das Originalgehäuse einbauen und aus Platzgründen die Spannung und den Strom mit extern angebrachten Multimetern überprüfen.

Schlussbemerkung: Der Umbau eines Schaltnetzteils mit unbekannten Schaltungsdetails zu einem Labornetzteil ist ein heißes Eisen, da für jede Ausgangssspannung und jeden Ausgangstrom andere Verhältnisse vorliegen, für die das Schaltnetzteil eigentlich nicht konstruiert wurde. Hinzu kommt noch, dass in der Praxis selten so hohe Ausgangsströme für Schaltungsentwicklungen benötigt werden. Die hohen Ausgangsströme sind meistens eigentlich unerwünscht. Deshalb hat jedes gute Labornetzteil eine einstellbare Strombegrenzung, um Schaden zu verhindern. Zudem sind die Störimpulse, die auf der Ausgangsspannung des Schaltnetzteils liegen, bei der Schaltungsentwicklung mit Hilfe des Oszilloskops oft sehr störend.

Inzwischen habe ich ein weiteres 200-Watt-ATX-Netzteil versucht umzubauen. ab 5 Volt fing es hörbar an zu schwingen. Wenn ich wieder ein altes ATX-Netzteil bekomme, werde ich es versuchen umzubauen.