(Artikel wahrscheinlich um das Jahr 2010 entstanden)
Ausgetrocknete Elkos, die durch ihren gewölbten Deckel oder einer braunen Masse auf dem Deckel auffallen, sind Schuld für einen instabilen Betrieb des PC, plötzlichen Abstürzen und wiederholten Bootvorgängen. Hier wird erklärt, wie man diese Elkos auf dem Motherboard erkennt und austauscht. Für die Arbeiten sollte man allerdings kein Anfänger im Umgang mit dem Lötkolben sein.
Wie erkenne ich defekte Elkos? Defekte Elkos sind leicht zu erkennen. Sie haben einen gewölbten Deckel und im fortgeschrittenen Stadium befindet sich eine braune Masse auf den Deckeln. Es ist das ausgelaufene und dann ausgetrocknete Elekrolyt, welches durch Bildung von Wasserstoff entstanden ist. Meistens sind nur die Elkos größer als 1000 μF betroffen. Die braun-gelbe Masse ist nicht mit dem Klebstoff zu verwechseln, mit denen größere Elkos manchmal auf der Leiterplatte fixiert werden. Das Elektrolyt läuft immer oben aus, weil oben das Überdruckventil in Form von Einstanzungen im Blech sitzt.
Schon aus der Entfernung lassen sich auf dem Motherboard die dicken Elkos mit ihrem „Blumenkohl“ auf den Deckeln ausmachen, die auf jeden Fall getauscht werden müssen.
Besonders die Elkos in der Nähe von Kühlkörpern und der CPU sind einer besonders schnellen Alterung ausgesetzt.
Wie verändert sich das elektrische Verhalten eines Elektrolytkondensators? Die altersbedingte und schleichende Folge sind eine herabgesetzte Kapazität und ein höheres ESR. Das ESR ist im Ersatzschild des Elektrolytkondensators ein Widerstand, der in Serie zum eigentlichen Kondensator liegt. Wird der Kondensator bei hohen Frequenzen – z.B. in einem Schaltnetzteil oder Motherboard – betrieben, ist der Blindwiderstand der Kapazität niedriger als das ESR. Damit begrenzt dann das ESR den maximalen Strom, der von dem Kondensator abgegeben werden kann. Um diesen Innenwiderstand herabsetzen zu können, werden die Kondensatoren parallel betrieben. Eine CPU benötigt kurzzeitige Stromimpulse von bis zu 100 A. Ist das ESR zu hoch, kann diese Leistung nicht erbracht werden, die Spannung bricht zusammen und der Rechner läuft von Woche zu Woche instabiler oder versucht mehrmals zu Booten, bis das Betriebssystem endlich geladen ist. Besonders bei Kälte will der Computer „nicht so richtig in die Gänge“ kommen.
Welche Elkos wähle ich als Ersatz? Die aufgedruckte Kapazität der Elektrolyt-Kondensatoren sollte gleich oder größer als die des Originals sein. Dasselbe gilt für die zulässige Spannung. Außerdem kommen nur Typen für 105° C in Frage, die zudem ein niedriges ESR besitzen müssen (LOW-ESR-Typen). Entscheidend sind auch die geometrischen Abmessungen der Elkos, damit die Elkos auf das Board passen. Der Pin-Abstand (Rastermaß, RM) liegt meist bei 5 mm. Der Durchmesser liegt in der Regel bei 10 mm in stehender Ausführung (radiale Ausführung). In meinem Fall konnte ich keine passenden Elkos für 1500 μF beschaffen. Ich konnte aber statt 3 x 1500 μF 4 x 1200 μF einsetzen, da auf dem Board noch Platz für einen zusätzlichen Elko frei war. Zur Not kann man auch gebrauchte Elkos von einem ausgeschlachteten Board verwenden. Doch bei einem Preis von unter einem Euro pro Stück würde ich in Anbetracht des Aufwands zu neuen Exemplaren greifen. Viele Bauteildistributoren bieten inzwischen diese Low-ESR-Elkos an, die auch in Schaltnetzteilen wegen ihres niedrigen ESR Verwendung finden.
Der Deckel des linken großen Elkos ist schon gewölbt und ebenfalls für einen Austausch fällig. Auf der Platine war noch Platz für einen vierten Elko, den ich nutzte, um mindestens auf die passende Gesamtkapazität zu kommen.
Wie entlöte ich die Elkos? Das Board wird ausgebaut, nachdem man sich eine Skizze der angeschlossenen Kabel angefertigt hat. Die Steckkarten werden entfernt. Bei allen Arbeiten ist insbesondere bei trockener Winterluft eine elektrische Aufladung zu vermeiden und deshalb das Tragen eines ESD-Bandes empfehlenswert. Zum Entlöten setzte ich einen 100-Watt-Lötkolben ein. Nun werden manche den Kopf schütteln, warum man für so ein filigranes Board mit SMD-Bestückung so einen dicken „Klempner-Lötkolben“ einsetzt. Das Problem ist, dass das Board mehrlagig aus großen Masseflächen bzw. Kupferflächen besteht, welche beim Löten Wärme entziehen. Deshalb wird ein Lötkolben mit hoher Leistung benötigt. Selbstverständlich habe ich vor dem Einsatz die Erdung des Lötkolbens geprüft. Die beiden Pins eines Elkos werden wechselseitig erhitzt, wobei gleichzeitig und ohne Gewalt der Elko durch Hin- und Herwackeln herausgezogen wird. Man kann noch Lötzinn hinzugeben, um die Wärmeleitfähigkeit zwischen Lötkolben und den Kondensatorbeinchen zu verbessern. Ungeübte sollten den Vorgang an einem ireparablen Board ausprobieren. Vom Entlöten mit einer Heißluftpistole bin ich abgekommen, da das Risiko zu groß ist die Platine durch Überhitzung zu beschädigen.
Mit der selbsgebauten Bohrmaschine und einem 0,7-mm-Bohrer lassen sich die Bohrungen von Lötzinn befreien. Die Drehzahl wird durch Reibung mit den Fingern gesteuert. Ein Lötzinnentsaugpumpe ist hilfreich, um eine Vertiefung zu schaffen, die den Bohrer zentriert und ein Weglaufen desselben verhindert.
Wie baue ich die neuen Elkos wieder ein? Selbstverständlich ist auf die richtige Polarität zu achten, da bei falscher Polarität der Elko mit einem lauten Knall sein Dasein beendet. Zudem besteht noch das Problem, wie sich das verbliebene Lötzinn aus den Bohrungen entfernen lässt. Mit einer Entlötpumpe funktioniert es leider nicht, da die Durchkontaktierungen der Bohrungen dem Lötzinn viel Wärme entziehen. Aus dem gleichen Grund hilft Entlötlitze auch nicht.
Der einzige gangbare Weg besteht darin, die Löcher mit einem Spiralbohrer von 0,6 bis 0,7 mm Durchmesser aufzubohren. Dies macht man von Hand mit niedriger Drehzahl oder man bastelt sich aus einem alten Elektromotor einen kleinen Bohrer. Die Drehzahl lässt sich bei meinem Exemplar durch die Reibung zwischen zwei Fingern steuern. Damit sich der Bohrer besser ansetzen lässt, empfehle ich vorher mit Entlötlitze eine kleine Vertiefung zu erzeugen, die den Bohrer zentriert. Es ist vorsichtig zu Bohren, damit die Durchkontaktierung nicht unterbrochen wird. Die Bohrspäne sind gründlich mit dem Pinsel und durch Klopfen zu entfernen, denn ein winziger Span zwischen den SMD-Bauteilen kann bereits einen Kurzschluss erzeugen und das Board zerstören. Zur Sicherheit habe ich vor dem Einbau das Board gründlich mit der Lupe abgesucht. Beim Löten ist zu beachten, dass das Lot auch in die Bohrung hineinfließt. Die Drähte der Kondensatoren sind vor dem Löten mit dem Seitenschneider zu kürzen. Zum einen entziehen lange Drähte dem Lot zu viel Wärme und zum anderen erzeugt das Abknipsen der Drähte einen Stoß, der die Lötung durch haarfeine Risse beschädigen kann, was sich erst nach Wochen oder Jahren als Wackelkontakte bemerkbar macht. Überschüssiges Lot habe ich wieder mit der Entlötpumpe abgesaugt und anschließend die Lötstelle mit der Lupe nach Kurzschlüssen abgesucht, denn die Abstände zwischen den Kupferflächen, Leiterbahen und Lötaugen sind sehr eng.
Das Board aud dem „Operationstisch“. Hier bekommt man einen Einblick über die Werkzeuge, welche zum Einsatz kamen. Praktisch war neben der Lupe auch eine auf einem Holzstück aufgespießte Stecknadel, mit der Kurzschlüsse zwischen den Leiterbahnen weggekratzt werden konnten.
Die beiden rechten Elkos sind neu. Ein bis zwei Stunden Arbeitsaufwand kostet es ein Board zu reparieren. Dazu kommt noch eine Stunde für den Einbau und Ausbau des Boards in den PC.
Was mache ich, wenn das Board immer noch nicht richtig funktioniert? In meinem Fall war nach dem Wiedereinbau die Enttäuschung riesengroß, als der PC nicht anspringen wollte und die Festplatte nur ein periodisches Zirpen abgab. Die Ursache war ein defektes Netzteil, in dem ebenfalls Sieb-Elkos augetrocknet waren. Nach dem Austausch durch ein neues Netzteil, bootete der Rechner ohne Probleme. Man darf eben nicht so schnell aufgeben. Vorher lief das Board nur mit einer herabgesetzen Taktfrequenz stabil. Jetzt konnte ich die für den Prozessor vorgesehene Taktrate einstellen und ich hatte statt eines 1,1-GHz-Rechners einen zuverlässigen 1,7-GHz-Rechner.
Austausch von Elkos in Schaltnetzteilen: Dies sollte nur von jenen vorgenommen werden, die sich damit wirklich auskennen, denn die Elkos können nach dem Abschalten noch lebensgefährlich hohe Spannungen besitzen! Außerdem ist das Schaltnetzteil ohne galvanische Trennung mit dem Stromnetz verbunden, was tödlich enden kann.
Weiterführende Informationen zum Thema defekte Elkos:
. http://en.wikipedia.org/wiki/Capacitor_plague (Englischer Wikipedia-Beitrag zu Thema defekte Elkos.)
. http://www.idg.se/2.1085/1.123739 (Schwedische Seite mit vielen für sich sprechenden Bildern. Anschauen!)
. http://www.justrepairs.com/capacitor_mb.html (US-Spezial-Firma für den Elko-Tausch.)
. http://www.cbsnews.com/video/watch/?id=4586903n (CBS-Reportage über „Elektronik-Recycling“ in China, der vielleicht motiviert alte Bords zu reparieren statt sie beim Elektronikschrott abzugeben. In Deutschland besteht das gleiche Problem.)
Nachsatz und Ergänzungen: Hätte mir jemand vor ein paar Jahren erklärt, dass man für die Reparatur eines Motherboards einen dicken 100-Watt-Lötkolben benötigt, hätte ich wahrscheinlich darüber bestenfalls nur den Kopf geschüttelt.
Der reparierte Rechner, der immerhin schon 7 Jahre Büro-Alltag auf dem Buckel hat, läuft hier zur Probe als Web-TV im Wohnzimmer. Trotz 100% Auslastung der CPU über mehrere Stunden lief der Rechner absolut stabil – dank neuer Elkos.
Merksatz: „Wer seinen Rechner liebt, der lötet.“ Die Arbeit hat sich auf jeden Fall für mich gelohnt und meine Katze ist begeistert . Viele Rechner, die abstürzen, haben also kein Software-Problem, sondern nur defekte Elkos.
Lüfter verstaubt? Ein zugestaubter CPU-Lüfter kann natürlich auch ein Grund für häufige Abstürze sein. Das nachfolgende Foto ist nach einem Jahr Betrieb (etwa 5000 Betriebsstunden) entstanden:
So kann ein CPU-Lüfter nach einem Jahr Betrieb oder 5000 Betriebsstunden aussehen. Der Staub verhindert die Wirkung des Lüfters. Häufige Abstürze waren die Folge mangelhafter Kühlung.
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Pufferbatterie auf dem Mainboard: Da fällt mir noch ein Tipp ein. Wenn sich der Rechner merkwürdig mit der Druckerschnittstelle benimmt oder sonst mit der Kommunikation zu angeschlossenen Geräten Probleme hat, kann dies meist an einer zu schwachen Puffer-Batterie liegen. Diese Knopfzelle sollte man austauschen.
Ergänzende Tipps von einem Leser: „Die Elko lassen sich mit einer 150 W Ersa Lötpistole gut auslöten. Mein alter Lieferant von Teilen machte sich damit immer die Zigarette an, also Wärme genug. Das größere Problem ist das Säubern der Durchkontaktierung. Ich habe breite Entlötlitze mit einem abgewischten Lötkolben auf eine Dose Kolophonium gedrückt und unter der Lötspitze durchgezogen. Die ist dann getränkt und saugt wie der Teufel! Mit dem großen Lötkolben die Litze auf die zu reinigenden Durchkontaktierungen drücken, eventuell etwas verziehen. Man sieht wie sie sich voll saugt. Das Loch ist komplett ausgesaugt, bis auf die andere Seite durch. Regelrecht trocken.
Ich habe in letzter Zeit etliche Flachbildschirme repariert, immer der gleiche Fehler, die Elkos rund um den Netzteil-Kühlkörper ausgetrocknet, manchmal auch ein etwas weiter entfernter. Nicht nur große 470 µF auch kleine 47 µF, Hitze tötet eben alles.
Zu den Staub den Lüftern: Ausblasen mit Pressluft ist das Mittel der Wahl. Staubsauger geht auch – ABER der Lüfter muss blockiert werden, sonst besteht die Gefahr, dass der Lüfter mit Überdrehzahl sein Lager in Sekunden ruiniert. Ein guter Freund von mir macht Dienstleistungen vor und im Rechner, der hat mir erzählt, wie eine Putzfrau in Minutenschnelle Rechner außer Gefecht setzen kann. Staubsauger auf den verdreckten Lüfter, Lüfter dreht hoch Staub weg, Lüfter tot. Rechner quiekt um Hilfe.“
Noch ein weiterer Tipp eines anderen Lesers: „Die betroffenen Kondensatoren sind sowieso kaputt. Man muss also keine Vorsicht walten lassen bei deren Ausbau und kann sie weiter zerstören. Meist werden die Lötstellen im Mainbord fester verankert sein als es die Anschlüsse im Kondensator sind. Ich habe deswegen die Kondensatoren mit einer Zange gefasst, sie leicht hin und her gedreht und dabei abgezogen. Dann konnte ich die Anschlussdrähle mit meinem uralten 16W-Lötkolben einzeln entlöten und ohne weiteres Hilfsmittel mit einer Zange herauszuiehen. Anschließend habe ich die Lötstellen nochmal warm gemacht und sie mit einem 0,6 mm Stahldraht (nimmt praktisch kein Zinn an) durchstoßen und beim Erkalten der Lötstelle den Draht bewegt. Ihr Vorschlag mit dem Bohrer war mir zu riskant.“