Berechnung einer Emitterschaltung mit Wechselstrom-Gegenkopplung

Diese Transistor-Schaltung stellt eine Abwandlung der „Emitterschaltung mit Arbeitspunktstabilisierung durch Stromgegenkopplung“ dar. Unsere Schaltung unterscheidet sich von dieser nur dadurch, dass der Kondensator Ce parallel zu Re fehlt. Dieser Kondensator sorgte dafür, dass die Gegenkopplung nur langsame Änderungen des Kollektorstroms kompensierte – jedoch auf schnelle Spannungsänderungen des Eingangssignals nicht reagierte.


Transistor-Grundschaltung Emitterschaltung mit Wechselspannungsgegenkopplung.

Funktionsprinzip: Die Spannungsverstärkung V dieser Schaltung lässt sich überschlägig auf sehr einfache Weise bestimmen:

Nachfolgende Formel sollte man anwenden, wenn 1/S groß im Vergleich zu Rc ist (Re und Rc in kOhm; Ic in mA).

Warum ist -V = Rc / Re? Vereinfachend gehen wir davon aus, dass der Kollektorstrom Ic so hoch wie der Emitterstrom Ie ist. Durch Rc und Re fließt demnach der gleiche Strom  Ic bzw. Ie. Durch Re und Rc fließt demnach auch ein Wechselstrom in gleicher Höhe.

Nun kann man sich diese Formel wie folgt erklären: An Re muss immer eine Wechselspannung Ue in Höhe der Eingangswechselspannung Uein abfallen (vergleiche Kollektorschaltung bzw. Emitterfolger). Das heißt, wir könnten am Emitter eine Wechselspannung in Höhe der Eingangsspannung abgreifen.

Durch Re fließt also der Wechselstrom

IRe = Uein / Re.    (1)

Dieser Wechselstrom IRe fließt wie oben erklärt auch durch Rc. Folglich fällt an Rc die Wechselspannung

Urc = Rc • IRe       (2)

ab. Urc entspricht genau der Ausgangwechselspannung Uaus. Dann ist

– Uaus = Rc • IRe      (3).

Formel (1) lösen wir nun nach Uein auf und erhalten

Uein = Re • IRe      (4).

Als letzten Schritt müssen wir nur noch Formel (4) durch Formel (3) dividieren:

IRe können wir herauskürzen und erhalten die gesuchte Formel:

Berechnung: Vorgegeben sei die Spannungsverstärkung V, die Speisespannung Ubb, der Kollektorruhestrom Ic und der minimale Stromverstärkungsfaktor ß des Transistors. Vereinfachend sei Ic=Ie.

Gerechnet wird mit den Einheiten mA, Volt und kOhm. Alle Spannungsangaben beziehen sich, wenn nicht anders angegeben, wie üblich auf die Masse als gemeinsames Bezugspotential.

Für den Kollektorstrom Ic sind Werte zwischen 0.5 und 5 mA sinnvoll. Zu große und zu kleine Kollektorströme wirken sich nachteilig auf die Funktionsweise der Schaltung aus.


Versuchungsaufbau der Emitterschaltung mit Wechselspannungsgegenkopplung.

1. Berechnung von Rc und Re: Dazu merkt man sich, dass in Ruhe an der Reihenschaltung der beiden Widerständen Rc und Re (also an Rc + Re) genau die halbe Speisespannung Ubb abfallen soll. Dann fällt zwischen Kollektor und Emitter ebenfalls die halbe Speisespannung ab. In Ruhe fließt durch die beiden Widerstände Re und Rc der Kollektorruhestrom Ic. Demnach ist

Rc + Re = (0.5 • Ubb) / Ic    (A).

Damit ist also die Summe von Rc und Re bekannt.

Da die Spannungsverstärkung V gegeben ist, ist auch das Verhältnis zwischen Rc und Re bekannt:

V = Rc / Re.

Die Gleichung können wir nach Re auflösen:

Re = Rc / V              (B).

Diese Gleichung (B) setzen wir nun in die linke Seite der Gleichung (A) ein:

Rc steht noch als 2 Summanden auf der linken Seite. Das ist unpraktisch, wenn wir Rc isolieren wollen. Durch eine weitere Umformung  der Gleichung erhalten wir

Schließlich ist

Da wir bereits das Verhältnis von Rc zu Re kennen, ist es jetzt vergleichsweise einfach, Re zu bestimmen:

Somit wären Re und Rc berechnet.


Das Berechnungsprogramm in der „E1 – Das interaktive Elektronikprogramm„.

2.  Berechnung von Rbo und Rbu: Die Berechnung der Basiswiderstände Rbo und Rbu erfolgt im Prinzip bei der Emitterschaltung mit Arbeitspunktstabilisierung durch Stromgegenkopplung.

Welche Aufgabe haben eigentlich Rbo und Rbu? Sie bilden einen fast unbelasteten Spannungsteiler, welcher eine feste Basisvorspannung Ub liefert.

Als ersten Schritt bestimmen wir die Höhe dieser Basisvorspannung Ub. Ub ist eine Gleichspannung, welche wir an der Basis messen können, wenn sich die Schaltung in Ruhe befindet.

Ub setzt sich zusammen aus der Emitter-Basis-Spannung Ube und dem Gleichspannungsabfall URe von Re. Durch Re fließt der Strom Ie. Wenn wir Ic mit Ie gleichsetzen, gilt:

Ub = Ube +  URe
Ub = Ube + ( Re • Ie )
Ub = 0.7 Volt + ( Re • Ie)

Die Basisgleichspannung Ub ist nun bekannt.

Als nächsten Schritt berechnen wir den maximalen Basisgleichstrom Ibmax, welcher in Ruhe in die Basis des Transistors hineinfließt:

Ibmax = Ic / ßmin

Jetzt können wir die Gleichströme, welche  durch Rbo und Rbu fließen sollen, wählen. Die Ströme sollen genügend groß im Vergleich zum Basisstrom Ibmax sein, damit die Basisvorspannung Ub stabil bleibt.
Durch Rbu soll der 10-fache, durch Rbo der 11-fache Basisstrom Ibmax fließen:

IRbu = 10 • Ibmax
IRbo = 11 • Ibmax

Die Ströme, welche durch Rbu und Rbo fließen, haben wir damit berechnet. Es fehlen uns jetzt nur noch die Spannungsabfälle von Rbo und Rbu. Wenn wir diese kennen, können wir nach R = U / I die Widerstandswerte berechnen.

An Rbu fällt genau die Basisvorspannung Ub ab. Ub haben wir bereits bestimmt.

URbu = Ub

Welche Spannung fällt dann an Rbo ab? Wir wissen, dass an der Reihenschaltung aus Rbo und Rbu die gesamte Speisespannung Ubb abfallen muss:

URbu + URbo = Ubb
Ub    + URbo = Ubb

Ub bzw. URbu haben wir bereits bestimmt. Ubb kennen wir auch. Wir lösen obige Gleichung nach URbo auf, um die noch fehlende Spannung URbo zur erhalten.

URbo = Ubb – Ub

Jetzt kennen wir alle Ströme und Spannungen von Rbu und Rbo und können das Ohmsche Gesetz anwenden:

Rbo = URbo / ( 11 • Ic)
Rbu = URbu / ( 10 • Ic)

So werden Eingangswiderstand, Ausgangswiderstand und Koppel-Kondensator dieser Schaltung berechnet

3. Eingangswiderstand re: re ist der Eingangswiderstand ohne Berücksichtigung der Basiswiderstände Rbo und Rbu. Wenn der Stromverstärkungsfaktor ß viel größer als 1 ist (ß ist in der Praxis meistens größer als 100), gilt:

re = ß • ( Re+ (1/S))

mit S=40•Ic

Meistens ist der Emitterwiderstand Re viel größer als 1/S und man kann vereinfachen:

re = ß • Re

Diese Formel kann man sich wie folgt merken: Der Emitterwiderstand Re wird quasi um den Stromverstärkungsfaktor ß „herauftransformiert“.

Beispiel: ß = 100 und Re = 3 kOhm. Wie groß ist re?

re = 100 • 3 kOhm
re = 300 kOhm
4. Gesamteingangswiderstand Rg: Rg ist der Eingangswiderstand der gesamten Schaltung. Er setzt sich zusammen aus der Parallelschaltung der drei Widerstände re, Rbo und Rbu.

Rg = Rbo // Rbu // re

5. Koppelkondensator Ck: Ck bildet zusammen mit Rg einen Tiefpass, dessen untere Grenzfrequenz für Tonübertragungen etwa 30 Hz sein soll. Für diesen Fall lässt sich folgende Faustformel anwenden:

Ck = 5000 / rein

Ck in nF; Rg in kOhm.

6. Ausgangswiderstand raus: Vereinfachend kann man den Kollektor eines Transistors als eine Konstantstromquelle betrachten. Das heißt, dass der Kollektorstrom Ic sich nicht durch eine Änderung der Emitter–Kollektor-Spannung beeinflussen lässt. Man spricht von einem eingeprägten Strom. Dies entspricht dem Verhalten eines sehr hohen Widerstands. Der Ausgangswiderstand des Transistors ist also sehr hoch.

Wechselstrommäßig parallel zu dem Ausgangsgwiderstand des Transistors liegt Rc. Da Rc wesentlich kleiner als der Transistorausgangswiderstand ist, kann  man vereinfachend schreiben:

raus = Re

7. Max. Eingangsspannung Uein: Die maximale Eingangsspannung in Vs darf so hoch sein wie der Gleichspannungsabfall an Re:

Uein = Re • Ic

8. Max. Ausgangsspannung Uaus: Dies ist die maximale Spannung in Vs, welche die Schaltung noch unverzerrt abgeben kann.

Uaus = V • Uein