Im Sommer des vergangenen Jahres 2017 fand in unserer Siedlung wieder eine Veranstaltung statt, die für einen Glasfaseranschluss warb. Dieses Mal kamen bei Kaffee und Kuchen genügend Interessenten zusammen, die bereit waren die umgerechnet 2000 Euro für diesen Anschluss zu bezahlen. Auch im relativ reichen Schweden ist dies eine stolze Summe für eine Investition in die Zukunft. Nachzügler müssen übrigens umgerechnet 2500 Euro berappen.
Gründe für einen Glasfaseranschluss: Wirtschaftliche Überlegungen spielten dabei eine Rolle, da sich der Anschluss auf Grund geringerer Monatsgebühren nach einigen Jahren wieder bezahlt machen kann. Außerdem kann es bereits in einigen Jahren geschehen, dass die 50 Jahre alten Telefonleitungen aus Kupfer aus Rentabilitätsgründen eines Tages einfach abgeschaltet werden würden. Dann bliebe als Alternative nur das Mobilfunknetz übrig, das schnell an Geschwindigkeit verlieren würde, wenn viele Teilnehmer notgedrungen einen Mobilfunkmast als Zugangspunkt teilen müssten.
Links der alte Splitter an der analogen Telefonleitung, dessen Verwendung sich erledigt hat. Oben die neue Dose für den Glasfaseranschluss. Darunter das Glasfasermodem, das noch auf dem Boden steht, da ich mich noch nicht für den genauen Ort der Wandmontage entschlossen habe. Das gelbe Patchkabel führt zu einem ganz normalen Router.
Durch den Ort führt bereits eine Glasfaserleitung. ADSL über die Telefonleitungen ermöglicht in unsererer Siedlung maximal 12 MBit/s. In der Praxis sind eher 5 bis 10 MBit/s möglich. VDSL ist in Schweden unbekannt oder nicht verbreitet und würde abgesehen von den Wettbewerbsnachteilen wegen der langen Telefonleitungen auf dem Land keine großen Vorteile versprechen. Koaxialkabel für Kabelfernsehen sind ebenfalls nicht vorhanden und stellen deshalb keine Alternative für einen schnellen Internetanschluss dar. Der Glasfaseranschluss direkt ins Haus erlaubt derzeit je nach Anbieter bis zu 1 GBit/s. In der Regel werden von den Endkunden 100 MBit/s Download bei 10 MBit/s Upload gewählt. Die Monatsgebühren liegen dafür bei knapp unter 30 Euro. Zudem kann bei einem Glasfaseranschluss der Festnetzanschluss entfallen, der kaum noch zum Einsatz kommt, da die meisten Telefonate in Schweden über das Mobilfunknetz laufen. Festnetznummern über VoIP sind bereits für umgerechnet 3 Euro pro Monat erhältlich. Im Vergleich dazu fallen umgerechnet 18 Euro Grundgebühren pro Monat für einen analogen Festnetzanschluss an.
Eines Tages hatte jemand zu unserer freudigen Überraschung ein Schild in unserem Garten angebracht. Die Aufschrift lautet „Schneller, besser und einfacher. Glasfaser von Finet.“ Nun wussten wir, dass es nur noch Monate bis zur Fertigstellung des Glasfaseranschlusses dauern kann.
Bisher kamen wir mit 5,5 MBit/s noch ganz gut aus. Die jetztigen 100 MBit/s sind für unseren Bedarf derzeit noch mehr als ausreichend. Doch das kann sich in einer nicht all zu fernen Zukunft ändern. Der Trend geht dazu über mehr und mehr TV über das Internet zu streamen. Eine immer bessere Bildqualität verlangt nach immer schnelleren Internetzugängen. Zudem arbeiten immer mehr von zu Hause aus. Videokonferenzen mit gestochen scharfen Bewegtbildern und einem Dokumentenaustausch für viele Teilnehmer werden in Zukunft ebenfalls einen sehr schnellen Internetzugang verlangen.
Tatsächlich erreicht der Internetanschluss nicht immer 100 MBit/s. In den Abenstunden sinkt er manchmal auf 60 MBit/s, wenn viele Kunden des Providers TV streamen. 80 MBit/s werden in der Regel meistens übertroffen. In der Praxis merkt man davon beim Surfen und beim Streamen von TV nichts. Die Upload-Geschwindigkeit liegt ziemlich konstant bei knapp 10 MBit/s. Die Messungen erfolgten über eine Verbindung mit einem LAN-Kabel. Schlechte und gestörte WLAN-Verbindungen drücken selbstverständlich die Geschwindigkeit.
Schließlich ist ein Glasfaseranschluss eine sehr langfristige Investition für viele Jahrzehnte, die auf den Immobilienpreis angerechnet wird. Sollte in einigen Jahrzehnten sich die Glasfasertechnologie verbessern, kann für wenige Hundert Euro ein besseres Glasfaserkabel in das Verlegerohr eingezogen werden.
Nein, das ist nicht ein Abrissbagger, der sich in der Hausnummer geirrt hatte. Schweres Gerät im heimischen Garten muss erst einmal den Schnee wegräumen, bevor ein Verlegerohr unter die Erde kommt.
Einpflügen des Verlegerohres bei Temperaturen um den Gefrierpunkt.
Der Pflug gräbt das Verlegerohr 40 cm tief in den Rasen ein und hinterlässt dabei Spuren auf der Rasenoberfläche, die schnell wieder verheilen.
Der Pflug kurz vor dem Eintauchen in das Erdreich.
Besitzverhältnisse: Das Glasfasernetz und ihr Ausbau betreibt eine Firma, die der Stadt gehört. Sie vermietet die Leitungen an private Internetanbieter weiter, mit denen der Endkunde einen Vertrag abschließen kann. Wer der Eigentümer des Glasfasers eigentlich ist, ist nicht ganz ersichtlich. Wahrscheinlich gehören uns 200 Meter Glasfaserkabel bis zum nächsten Verteilerkasten.
Das Glasfaserkabel besteht aus einem Stück bis zu diesem etwa 200 Meter entfernten Verteilerkasten.
Das Nachbarhaus wartet noch auf seinen Glasfaseranschluss. Im Verlegerohr befindet sich bereits das Glasfaserkabel, das nach dem Verlegen des Verlegerohrs durch diesen „durchgeblasen“ wird.
Im Verlegerohr wäre sogar genügend Platz für mindestens ein weiteres Glasfaserkabel. Dieses hier enthält 4 einzelne Glasfaseradern. Damit wären mindestens 4 GBit/s möglich.
Aufbau des Glasfaserkabels im Detail. Im durchsichtigen Kunststoffschlauch befinden sich vier einzelne optisch getrennte Glasfaseradern (Lichtwellenleiter, LWL), die mit den Farben weiß, grün, blau und rot gekennzeichnet sind. Nur eines dieser Adern wurde angeschlossen. Die restlichen Adern dienen als Sicherheitsreserve oder für zukünftige Anwendungen.
Planungsphase: Nachdem feststand, welche Hauseigentümer in der ausschließlich aus freistehenden Einfamilienhäusern bestehenden Siedlung (400 Einwohner) sich für einen Glasfaseranschluss entschieden haben, wurde ein Plan erarbeitet, wo die Verlegerohre für das Glasfaser zu vegraben sind, wobei möglichst wenig Asphalt aufgerissen werden sollte. Bei uns entschied man sich von der Rückseite die Glasfaser zuzuführen, weil sich dort neben Wald- und Wiesenflächen noch ein Schotterweg befindet. Die lockere Bebauung erleichterte das Ziehen der Gräben, da viel Platz für den schweren Bagger vorhanden war.
Ausführungsphase: Wegen fehlender Baugenehmigungen und voll ausgebuchter Baufirmen konnte erst im Winter mit den Grabungs- und Verlegearbeiten begonnen werden. Strenger Frost legte die Arbeiten wochenlang lahm. Erst im Frühsommer konnte bei uns auf den Glasfaseranschluss umgestellt werden.
Der Ablauf in der Praxis aus der Sicht des Endkunden: Eines Tages entdeckten wir in unserem Vorgarten ein kleines Schild, das stolz allen erklärte, dass wir bald einen Glasfaseranschluss erhalten würden. Mit dem Datenschutz nimmt es in Schweden nicht so genau und die Nachbarn wissen eh immer alles. Einige Wochen später erfuhren wir per E-Mail wo die Grabarbeiten stattfinden sollten. Irgendwann dann machte sich hinter dem Haus ein großer Bagger an die Arbeit einen tiefen Graben zu ziehen, in dem ein sehr dickes Kunststoffrohr verlegt wurde, von dem einzelne Abzweigungen zu den jeweiligen Grundstücksgrenzen führten. Diese waren als farbige Kunststoffrohre erkennbar, die als Stummel aus dem Erdboden herausragten.
Ich schnappte mir sogleich einen Bauarbeiter, dem ich erklärte, wo entlang durch unseren Garten das Rohr zu der gewünschten Stelle an der Hauswand zu verlegen sei. Einige Tage später machte sich dann wie zu erwarten unankündigt ein riesiger Bagger in unserem Garten an die Arbeit, welcher der Größe nach ebenso gut auch unser Häuschen hätte abreißen können. An Stelle einer Baggerschaufel kam eine Art Pflug zum Einsatz, der das Verlegerohr 40 cm tief einpflügte und sich dabei mit aller Kraft durch die Flachwurzeln einiger Birken kämpfen musste. Die Baggerschaufel diente nur zum Schneeräumen. Inzwischen war es Winter mit Temperaturen um den Gefrierpunkt. Die letzten Meter unter unserer Veranda bedeuteten Handarbeit mit der Schaufel.
Nun hatten wir ein Verlegerohr bis zur Hauswand. Einige Tage später war es dann soweit, um das eigentliche Glasfaserkabel durch dieses Rohr zu schießen. Allerdings klemmte es an unserer Grundstücksgrenze, wo zwei Verlegerrohre zusammengesteckt sind. Um den Schaden zu beheben, musste ein 50 cm tiefes Loch gegraben werden. Dann hatten wir endlich ein Glasfaserkabel. Das Glasfaserkabel enthält übrigens 4 einzelne Lichtwellenleiter, von den nur eines angeschlossen wurde.
Montieren der Anschlussdose: Jetzt musste nur innen im Haus eine Anschluss-Dose montiert werden. Diese Arbeit übernahm eine weitere Firma, die auch dafür schräg und zielgenau durch die Hauswand bohren musste. Nach weniger als zwei Stunden war die gesamte Arbeit erledigt. Für die Montage der Anschlussdose müssen zwei Glasfaser verschweißt werden, damit das Glasfaser aus der Wand eine vorkonfektionierte Buchse erhält. Mit Handwerkermitteln ist das Montieren einer Buchse oder eines Steckers direkt an eine Glasfaser nicht möglich, die in die Wanddose zu stecken ist. An diese Buchse kann ein mit zwei Steckern versehenes Stück Glasfaser angeschlossen werden, welches mit dem Glasfaser-Modem zu verbinden ist. Von diesem Modem geht es mit RJ45-Patchkabel wie gewohnt weiter zum Router, der bereits vorhanden ist. Das Glasfaserkabel lässt sich um den Finger wickeln ohne dass es bricht. Vor dem Zusammenstecken sind die kleinen Schutzkappen zu entfernen, die vor einer Verschmutzung der optischen Kontaktflächen schützen sollen.
Das Glasfaserkabel steckt im Verlegerohr, das oberirdisch zusätzlich durch ein Schutzblech geschützt ist.
Noch fehlt hier das oberirdische Schutzblech.
Für die letzen Meter ist Handarbeit angesagt. Zum Glück ist der Boden noch nicht gefroren.
Das Gehäuse der Wanddose ist montiert. Aus dem Verlegerohr ragt das schwarze Glasfaserkabel, das an einem Stück mindestens 200 Meter bis zum nächsten Verteilerkasten lang ist.
Nach der Entmantelung des Glasfaserkabels wird der dünne Lichtwellenleiter aus Glas mehrfach in der Dose gewickelt. Bei einem Bruch auf Grund eines Montagefehlers ist dadurch noch genügend Länge vorhanden.
Bei einer Tasse Kaffee wird ein mit einer Buchse vorkonfektioniertes Glasfaserkabel an das übrige Glasfaser angeschweißt. Diese Buchse wird dann in die Dose gesteckt.
Das Schweißgerät für die Glasfaser läuft mit einem Akku. Wegen der Anschaffungskosten nichts für Selbermacher. Neben dem Schweißgerät ist noch ein Schneidgerät notwendig, das die zu verschweißenden Enden passgenau bearbeitet.
Das im Gesamtpreis inbegriffene Modem ist eigentlich ein Glasfasermodem mit Router einschließlich WLAN und VoIP, der beim ersten Einschalten eine neue Firmware über das Glasfasernetz erhält, um es zu einem Modem umzukonfigurieren. Die übrigen Funktionen sind abgeschaltet.
Danach galt es nur noch über die Homepage des Glasfaseranschlussanbieters eine Internetanbieter auszusuchen. Wenige Tage später erhielten wir eine Mail, das uns ein Glasfaserzugang zur Verfügung steht. Einige Tage später wurde der ADSL-Anschluss abgeschaltet. Naja, und dann kam ein paar Wochen später die Rechnung ins Haus.
Das Kabel mit dem grünen Steckern ist das Glasfaserkabel (LWL-Patchkabel) zwischen der Anschlussdose und dem Glasfasermodem.
Glasfaserstecker SC APC (LWL-Patchkabel). Der untere der beiden ist noch mit der Schutzkappe versehen, die ein Verschmutzen verhindern soll.
Der grüne Stecker verbindet das Glasfaser mit mit dem Glasfasermodem. Ich bekam noch ein sieben Meter langes Glasfaserverbindungskabel (LWL-Patchkabel), da ich mich noch nicht für den Montageort des Glasfasermodems entscheiden konnte.
Warum ist ein Internetanschluss auf dem schwedischen Land so wichtig? Schuld daran ist die seit über einem halben Jahrhundert andauernde Landflucht, die bereits ganze Landstriche fast entvölkert hat. Durch die Mechanisierung in der Land- und Forstwirtschaft seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs kam es zu einer Abwanderung der Bevölkerung und damit auch zu einem Rückbau der dazugehörigen Infrastruktur vom Kino bis zum Krankenhaus, womit der Teufelskreis der Entvölkerung seinen Lauf nahm.
Der nächste Arbeitsplatz ist oft weit weg, weshalb das Arbeiten von Daheim dank des Internets an mehreren Tagen die Woche von langen Fahrtzeiten zur Arbeitsstelle entlastet. Dies gilt auch für die übrige Infrastruktur und kulturelle Angebote. Banken und Geschäfte liegen nicht um die Ecke. Deshalb läuft so viel wie möglich über das Internet. Bankfilialen verschwinden selbst in der nächsten Kleinstadt. Bankgeschäfte laufen deshalb fast ausschließlich nur noch online. Das Bargeld verschwindet aus dem Alltag. Urlaubsreisen werden ebenfalls fast ausschließlich online ausgesucht und gebucht. Das Reisebüro war gestern. Online-Portale und die Paketzustellung ersetzen die Fachgeschäfte. Immer mehr Patienten lassen sich mit Hilfe einer Videoverbindung ärztlich beraten, was in Deutschland rechtlich noch nicht erlaubt ist. Und der zukünftige Lebensabschnittspartner macht sich auf den zahlreichen Dating-Seiten auf der Suche nach der großen Liebe oder dem Abenteuer. Nur Kinder zur Wellt bringen kann man noch nicht über das Internet. Dazu sollte die Schwangere höchstpersönlich in der nächste Entbindungsstation eintreffen, die oft zwei Autostunden entfernt liegt, was die nächtliche Fahrt durch Schneetreiben und Eis zum Horrortrip macht. Vor dem drohenden Schreckenszenario für Vater und Mutter schützt auch der von Krankenkasse bezahlte Kurs für die Entbindung im Auto nicht. All das bekommt der deutsche Urlauber nicht mit, der vom kurzen nordischen Sommer begeistert ist, wenn man von der gelegentlichen Mückenplage absieht.
In der näheren Umgebung fehlende Schulen, Einkaufsmöglichkeiten, Tankstellen, Werkstätten, Arbeitsplätze, Arztpraxen, Kindergärten und Krankenhäuser sind neben den harten und eintönigen Wintern der Preis für traumhafte Landschaften, viel Ruhe, eine meistens noch vernachlässigbare Kriminalitätsrate und fast geschenkte Immobilienpreise. Ein Internetanschluss kann vieles ersetzen, aber nicht alles.
Die Broschüre „Wenn die Krise oder der Krieg kommt“ verteilte der schwedische Staat im Frühsommer 2018 an sämtliche 4,5 Millionen Haushalte Schwedens und klärt die Bevölkerung darüber auf, wie sie sich in einer Krisensituation oder im Kriegsfall zu verhalten hat. Insbesondere bei einem landesweit längeren Ausfall des Stroms oder des Internets durch einen Cyber-Angriff, der von einer fremden Macht ausgehen kann, ist die schwedische Gesellschaft so gut wie nicht mehr handlungsfähig und verwundbar. Die Broschüre ermahnt alle Einwohner Lebensmittelvorräte anzulegen und andere Dinge für den Notfall bereit zu halten. Durch die bargeldlose Bezahlung ist zum Beispiel ein Einkaufen im Supermarkt nicht mehr möglich, da diese von den elektronischen Kassen abhängig sind. Jeder Einwohner zwischen 16 und 70 Jahren kann zum Katastrophendienst eingezogen werden.
Militärischer Cyberangriff auf das Internet: Die schwedische Gesellschaft ist vom Internet extrem abhängig geworden und damit durch einen Cyber-Angriff einer fremden Macht im hohen Maße verwundbar. Sollte nur durch einen Stromausfall das Internet via ADSL oder Glasfaser für eine längere Zeit ausfallen, bleibt noch der Datenfunk des Mobilfunknetzes als Alternative übrig. Bei einem Stromausfall wären auf dem Land die Akkus der Mobilfunkmasten nach 30 Minuten erschöpft. Bei einem großflächigen längeren Stromausfall von Tagen gerät die schwedische Gesellschaft irgendwann in einen Katastrophenzustand. Dies gilt auch für denn dann unvermeidbaren großflächigen Ausfall des Internets.