Audio-Endstufe mit einer Pentode dimensionieren

Im Prinzip ist das ganz einfach, wenn für den Einstieg der richtige Ansatz gefunden ist. Wie wähle ich den Arbeitspunkt? Welche Leistung kommt heraus? Welche Eingangsspannung benötige ich? Wie groß muss der Übertrager sein?  Welches Windungsverhältnis braucht der Übertrager und wie viele Windungen benötigen die Wicklungen, sind häufig gestellte Fragen.

Die nachfolgende Grundschaltung einer NF-Endstufe kennt eigentlich jeder, welcher alte Radios repariert:


Grundschaltung eines NF-Endverstärkers mit einer Pentode. Alles, was nicht unbedingt nötig ist, wurde weggelassen. Zur Vereinfachung wurden auch alle Maßnahmen zur Verminderung von Verzerrungen weggelassen. Rs und Cs sorgen für eine konstante Schirmgitterspannung. Rk un Ck sorgen für die negative Gitterspannung im Arbeitspunkt. Cg ist der Koppelkondensator am Eingang und Rg ist der Gitterableitwiderstand, der dafür sorgt, dass das Gitter auf Massepotential liegt, wenn keine Ansteuerung vorhanden ist.

Die Schaltung ist schnell erklärt, wenn man bereits weiß, wie die Kathodenbasisschaltung funktioniert. Der Lautsprecher hat eine Impedanz von meist 4 bis 8 Ohm, die viel zu niedrig für den Ausgangskreis der Pentode ist. Außerdem darf ja kein Gleichstromanteil durch den Lautsprecher fließen. Deshalb wird mit einem Trafo die niedrige Ausgangsimpededanz des Lautsprechers auf meherere kOhm herauftransformiert. Allerdings kann man hier den Gedanken einer Leistungsanpassung gleich verwerfen. Es geht darum die Pentode so zu betreiben, dass ihr möglichst viel Leistung entnommen werden kann ohne ihre Grenzdaten zu überschreiten. Um zu kapieren, worauf es ankommt, helfen radikale Vereinfachungen. Später erkennt man dann die wirklichen Verhältnisse um so besser, die gar nicht so weit weg von der Vereinfachung liegen.

Wie Rk und Ck berechnet werden, wurde bereits unter Kathodenbasischaltung erklärt. Ebenso wurde dort die Berechnung des Koppelkondensator erklärt. Rs kann aus dem Datenblatt entnommen werden. Den Scheinwiderstand von Cs macht man dann wieder 5- bis 10-mal kleiner als Rs bezogen auf die niedrigste Frequenz. Oft darf das Schirmgitter direkt mit Anodenbetriebsspannung verbunden werden.

Warum hat der Lautsprecher eine so niedrige Eingangsimpedanz? Warum baut man nicht gleich Lautsprecher mit 5 kOhm Impedanz? Dann könnte man sich doch den Aufwand mit dem Übertrager sparen. Gute Übertrager sind teuer. Die Spule des Lautsprechers ist auf die Lautsprechermembran geklebt. Diese bewegt sich im Takt des Audiosignals im Magnetfeld eines Permanentmagneten. Für eine getreue Wiedergabe muss diese Spule eine geringe Masse haben. Deshalb kommt sie mit relativ wenigen Windungen aus, durch die relativ viel Strom geschickt werden muss. So kann die geringe Impedanz der Lautsprecher teilweise erklärt werden.

Es gibt übrigens noch eisenlose Endstufen ohne Übertrager mit Lautsprecherimpedanzen von mehreren Hundert Ohm, die aber hier nicht behandelt werden. Hier wird aber nur die Eintakt-Endstufe mit Übertrager erklärt, wie sie in Millionenstückzahlen für das klassische Mittelklasseradio gebaut wurden.

Noch in den 1940er Jahren wurden Lautsprecher verwendet, die keinen Permanentmagneten hatten. Für die Magnetisierung sorgte neben dem Eisenkern ein Spule, durch die ein Gleichstrom geschickt wurde. Dieser Gleichstrom stammt aus dem Netzteil und entspricht dem Gesamtanodenstromverbrauch des Radios. Mit dieser Spule im Lautsprecher konnte die Versorgungsspannung sogar noch zusätzlich gesiebt werden. Dieser Gleichstrom durch diese Spule hat noch einen Brummanteil. Durch richtige Polung des verbrummten Gleichstroms, der durch den Lautsprecher geht, kann eine Brummkompensation erreicht werden. Ansonsten ist das Prinzip der NF-Endstufe aber vollkommen gleich.

Vereinfachte Betrachtung der Pentode: Eine Pentode hat einen sehr hohen Innenwiderstand. Deshalb laufen die einzelnen Kurven in der Ausgangskennlinienschar fast horizontal, allerdings nur fast. Leider sind sie auch noch etwas gekrümmt:


Tatsächlicher Verlauf der Ausgangskennlinien einer EL84. Eingezeichnet ist zudem die Leistungshyperbel. Alles rechts von dieser Hyperbel ist der verbotene Bereich, in welchem das Produkt aus Anodenstrom mal Anodenspannung (= Anodenverlustleistung) zu hoch ist.

Für ein erstes Verständnis wird alles einfacher, wenn wir die Pentode als ideale Stromquelle betrachten, dessen Strom (also der Anodenstrom) über die Spannung des Steuergitter gesteuert wird. Die Pentode wird auf eine spannungsgesteuerte Stromquelle reduziert. Bei einer Stromquelle ist es egal, welcher Widerstand oder welche Spannung anliegt. Eine Stromquelle liefert immer „stur“ den gleichen Strom, der eingestellt ist. Bei einer perfekten Pentode wäre der  Anodenstrom immer unabhängig von der Anodenspannung. Eine Änderung der Anodenspannung verändert dann nicht den Anodenstrom. Nur die Gitterspannung kann den Anodenstrom verändern.


Idealisiertes Eingangs- und Ausgangskennlinienfeld einer Pentode, die sich sich wie eine spannungsgesteuerte Sromquelle verhält. Der Anodenstrom ist vollkommen unabhängig von der Anodenspannung und wird nur von der Steuergitterspannung bestimmt.

Vereinfachte Betrachtung der Ausgangslast: Die Anode, also die Stromquelle, „sieht“ hier allerdings keinen Ohmschen Widerstand, wie dies bei einem NF-Vorverstärker üblicherweise der Fall ist, sondern den Transformator mit seinem Lautsprecher als Last. In Wirklichkeit wäre das Ersatzschaltbild dafür recht kompliziert. Für eine erste Betrachtung können wir aber dieses Gebilde aus der Sichtweise der Anode stark vereinfachen, wenn wir von idealen Voraussetzungen ausgehen. Zum einen hängt an der Anode der herauf transformierte Widerstand des Lautsprechers, den wir mit 5 kOhm annehmen und den wir RLast nennen. Diesen können wir als Ohmschen Widerstand betrachten. Es muss ja ein Ohmscher Widerstand sein, weil zum Bewegen der Lautsprechermembran Arbeit verrichtet werden muss. Wir wollen ja mit dem Verstärker Leistung abgeben, um was zu bewegen. Zum anderen ist parallel zu diesem Widerstand eine Induktivität geschaltet. Sie wird als ideal angenommen. Sie lässt also Gleichspannung ungehindert durch. Außerdem ist ihr Blindwiderstand selbst bei der niedrigsten zu übertragenden Frequenz um Zehnerpotenzen höher als der Lastwiderstand RLast. In der Praxis ist das natürlich nur angenähert. Diese Spule ist die idealisierte Primärwicklung des Übertragers.


Ersatzschaltbild. Die Pentode reduziert sich zu einer spannungsgesteuerten Stromquelle und der Trafo samt Lautsprecher wird zu einer Parallelschaltung aus einer sehr hohen Induktivität (LT) und einem Ohmschen Widerstand (RA) vereinfacht. In Wirklichkeit wird der Scheinwiderstand von LT bei 50 Hz etwa so groß gemacht wie RA, also um die 15 Henry. Für reine Wechselspannungsbetrachtungen könnte LT sogar entfallen, da sein Blindwiderstand als sehr hoch angenommen wird. Für das Verständnis des Arbeitspunkts und der maximalen Aussteuerung ist LT aber wichtig.

Wahl des Arbeitspunkts: Mit so einer idealen Pentode, wenn es sie gäbe, könnten wir unendlich hohe Leistungen erzeugen und der Arbeitspunkt würde keine Rolle spielen. Deshalb müssen wir für das nachfolgende Beispiel zwei Grenzen einführen, um der  Wirklichkeit näher zu kommen. Diese Grenzwerte entsprechen ungefähr den Verhältnissen einer EL84, damit das Beispiel einigermaßen realitätsnah bleibt.

1. Die maximale Anodenverlustleistung Pmax darf niemals 12,5 Watt übersteigen. Die Anodenverlustleistung ist das Produkt aus Anodenstrom x Anodenspannung.

2. Die maximale Anodenspannung darf 500 Volt nicht überschreiten.

Wenn wir diese beiden Werte kennen, können wir den Arbeitspunkt festlegen, der für eine maximale Ausgangsleistung geeignet ist. Die Anodenspannung im Arbeitspunkt UR würde dann bei 500 Volt / 2 = 250 Volt liegen. Diese Anodenspannung entspricht auch der Anodenversorgungsspannung. Ohne Ansteuerung, also in Ruhe, fällt ja keine Spannung an der als ideal angenommen Primärwicklung des Ausgangsübertragers ab.

Nun müssen wir noch den Anoden-Ruhestrom IR festlegen IR = Pmax / UR = Maximale Anodenverlustleistung / Anodenspannung = 12,5 Watt / 250 Volt = 50 mA.

Der Arbeitspunkt liegt also bei 250 Volt Anodenspannung und 50 mA Anodenstrom. Der Arbeitspunkt wird oft in den Datenblättern der Endröhren empfohlen.

Welchen Widerstand soll die Last haben? Die niedrige Lautsprecher-Impedanz von meistens 4 bis 8 Ohm muss nun mittels des Übertragers herauftransformiert werden. Diesen Wert nennen wir RLast. Er soll Anodenruhespannung / Anodenruhestrom betragen. RLast = UR / IR = 250 Volt / 50 mA = 5 kOhm. Warum das so einfach ist, werden wir später erfahren können.

Simulation der vereinfachten Ersatzschaltung: Diese vereinfachte Schaltung können wir nun simulieren, um die Spannungs- und Stromverhältnisse zu verstehen. Die Schaltung besteht aus der Stromquelle, welche durch die Ansteuerung über das Steuergitter, einen sinusförmigen Strom liefert, dessen Momentanwerte von 0 mA bis 100 mA schwankt. Die Last besteht aus einem 5kOhm-Widerstand und einer praktisch unendlich hohen Induktivität. In der Simulation wurden 50 Henry gewählt. Die Impedanz ist so hoch, dass der Wechselstrom durch sie vernachlässigt werden kann. Dann gibt es noch die Anodenversorgungsspannung von 250 Volt, die ein Netzteil liefert.

Simulation einer Audioendstufe mit einer Pentode, um das Prinzip zu verstehen. Der Stromquelle schwankt von 0 bis 100 mA. In der Mitte davon, also bei 50 mA, liegt der Ruhestrom der Pentode.

Im obigen Bild wurde der maximale momentane Anodenstrom auf 100 mA eingestellt. Dies entspricht der maximal möglichen Ausgangsleistung, wie wir gleich sehen werden. Ohne Ansteuerung – also in Ruhe – würde die Stromquelle 50 mA liefern. Die Anodenspannung – also die Spannung an der Stromquelle – wäre dann gleich der Anodenversorgungsspannung, denn am Lastwiderstand R1 fällt keine Gleichspannung ab, weil diese durch die Spule kurzgeschlossen wird.

Jetzt betrachten wir die Ströme und Spannungen der Anode, also am oberen Anschluss der Stromquelle:


Ströme und Spannungen an der Anode beziehungsweise an der Stromquelle. Sie sind natürlich wie bei der Kathodenbasisschaltung phasenverschoben, beim Maximalwert des Anodenstroms (rote Kurve, 100 mA) sinkt die Anodenspannung auf 0 Volt ab

Dank der Speicherwirkung der Spule steigt die Anodenspannung auf 500  Volt an, dem maximal zulässigen Spitzenwert der Röhre. Ohne die Spule würde schon beim Ruhestrom von 50 mA die Anodenspannung auf 0  Volt sinken, was in der Praxis nicht möglich ist. In der Simulation könnten dann an der Stromquelle negative Spannungen abfallen. Eine Pentode kann das in Wirklichkeit aber abgesehen durch einem minimalen Reststrom, den wir vernachlässigen können, aber nicht.


Spannungverlauf am Lastwiderstand.

Die maximale Spannungsdifferenz am Lastwiderstand beträgt ebenfalls 500 Volt. Es fließen durch die Stromquelle und den Widerstand der selbe Strom, weil durch die Spule praktisch kein Wechselstrom fließt.


Die momentane Spitzenleistung beträgt etwa 12 Watt. Das entpricht einer effektiven Leistung von der Hälfte, also etwa 6 Watt.

Die Simulation zeigt, dass durch den Lastwiderstand 100 mAss fließen, während 500 Vss abfallen. Das entspricht einer Leistung von (100 mA * 500 V) / 8 = 6,25 Watt. Das ist die Hälfte der maximalen Anodenverlustleistung.

Oder in Effektivwerten gerechnet: (100 mAss / (2 *1,414)) * (500 Vss / (2 *1,414)) = 6,25  Watt.

Leider schaffen wir die 6,25 Watt in Wirklichkeit nicht. Wegen der gekrümmten Ausgangskennlinien können wir die Pentode nicht voll aussteuern. Dies würde zu hörbaren Verzerrungen führen.

Bestimmung des Arbeitspunkts und Eintragen der Arbeitskennlinie: Wir belassen die idealisierte Last aus der Spule und der Parallelschaltung des Widerstands. Jetzt setzen wir aber eine wirkliche Pentode ein, nämlich die EL84. Dazu tragen wir eine Arbeitskennlinie in das Ausgangskennlinienfeld ein:


1. Schritt. Das blaue Kreuz ist der vom Datenblatt der EL84 empfohlene Arbeitspunkt bei 250 Volt und 48 mA. Die 250 Volt sind gleichzeitig die Betriebsspannung.


2. Schritt. Eintragen der Arbeitskennlinie für eine Ohmsche Last von 500 Volt / 90 mA = 5 kOhm. Das entspricht im Prinzip den 250  Volt / 48 mA = 5,2 kOhm. Dazu nehmen wir die Betriebsspannung von 250 Volt * 2 = 500  Volt. Wir ziehen also die Arbeitsgerade durch die 500 Volt auf der x-Achse und den Arbeitspunkt.

Hier sehen wir, dass der Lastwiderstand – also die transformierte Impedanz des Lautsprechers – gleich Anodenruhespannung / Anodenruhestrom sein muss, wenn wir eine maximale Leistung erstreben. Bei niedrigeren Werten der Last gelangen wir in den verbortenen Bereich oberhalb der Leistungshyperbel. Zudem würde ein zu hoher Anodenstrom fließen. Bei höheren Werten des Lastwiderstands, also wenn die Arbeitskennlinie flacher verläuft, verändert sich kaum der Strom in Abhängigkeit zur Spannung.  Dies bedeutet weniger Leistung.


3. Schritt: Wir überlegen uns eine noch vetretbare Auslenkung der Anodenströme und Anodenspannung, die hier durch die blauen Linien gekennzeichnet sind.

Laut den blauen Begrenzungslinien des oberen Bildes schwankt die Anodenspannung um 380 Vss, wobei der Strom um 90 mAss schwankt. Dies entspricht einer Leistung von (380 V * 0,07 A) / 8 = 3.3 Watt. Die theoretischen 5,6 Watt = (500 Voltss * 90 mAss) / 8 erreichen wir natürlich wegen der Verzerrungen nicht.

Tetrode: Die hier genannten Überlegungen gelten übrigens auch für eine Tetrode. Da bei einer Tetrode aber das Bremsgitter noch nicht erfunden wurde, ist die Tetrode unterhalb der Schirmgitterspannung instabil. Deshalb darf die momentane Anodenspannung nicht unterhalb der Schirmgitterspannung fallen. In der Praxis darf bei einer Tetrode die Anodenspannung oft niemals unter 70 bis 90 fallen, da sonst Verzerrungen auftreten. Dies bedeutet eine geringere Ausgangsleistung und einen schlechteren Wirkungsgrad gegenüber der Pentode.

Eingangswechselspannung: Vom Ausgangsdiagramm können wir auch die notwendige Eingangswechselspannung abschätzen. Dazu muss die Steuergitterspannung zwischen etwa -11 und – 4 Volt schwanken. Das sind 7 Vss.

Wie stelle ich bei der NF-Endstufe einen beliebigen Arbeitspunkt ein? Das ist bei einer Pentode, die sich quasi wie eine Stromquelle verhält, denkbar einfach. Die Anodenspannung im Arbeitspunkt wird durch die Anodenbetriebsspannung bestimmt. Der Andodenruhestrom im Arbeitspunkt wird über die Gittervorspannung eingestellt, die ich in der Eingangs- oder Ausgangskennlinie ablese.

Berechnung des Kathodenwiderstands: Durch ihn fließt der Kathodenstrom, der sich aus dem Andodenruhestrom von 48 mA plus dem Schirmgitterstrom von 5,5 mA zusammensetzt, des Datenblattes angegeben ist. Das sind dann insgesamt 53,5 mA. Laut einem Blick in die Eingangskennlinie des Datenblatts ist die negative Gitterspannung dabei 7,3 Volt. Also muss der Kathodenwiderstand R=U/I = 7,3 Volt / 53,5 mA = 136 Ohm groß sein. Wegen des hohen Innenwiderstands Ri muss zwischen einer statischen und dynamischen Eingangskennlinie nicht unterschieden werden.

Was passiert bei Fehlanpassung? Was passiert, wenn ich an Stelle eines 8-0hm-Lautsprechers einen 4-0hm-Lautsprecher einsetze und umgekehrt? Anders betrachtet wäre dies der Einsatz eines Übertragers mit einem zu hohen oder niedrigen Übersetzungsverhältnis. In allen Fällen bleibt der Arbeitspunkt gleich, aber die Steilheit der Arbeitskennlinie ändert sich. Je höher der Lastwiderstand, desto flacher verläuft die Arbeitskennlinie.

1. Fall: Für einen Verstärker sind 4 Ohm vorgesehen und ich schließe einen Lautsprecher mit 8 Ohm an:


Rot die vorgeschriebene Arbeitskennlinie bei 4 Ohm. Violett die Arbeitskennlinie für einen 8-Ohm-Lautsprecher, wenn 4 Ohm vergesehen sind. Die Arbeitskennlinie kommt knapp in den verbotenen Bereich oberhalb der Leistungshyperbel.

Die Arbeitskennlinie wird flacher und hat nun 10000 Ohm statt 5000 Ohm. Die maximale Ausangsleistung beträgt nun ungefähr (360 Volt * 30 mA) / 8 = 1,35 Watt.

2. Fall: Ein Verstärker ist für 8 Ohm dimensioniert und es wird ein 4-0hm-Lautsprecher eingesetzt:


Der Verstärker ist für 8 Ohm ausgelegt (rote Linie). Angeschlossen ist aber ein Lautsprecher mit 4 Ohm (grün). Die Arbeitskennlinie für 4 Ohm, welche als 2500 Ohm auf der Primärseite des Trafos erscheint, ist grün eingezeichnet.

Die Arbeitskennlinie für 2500-Ohm verläuft steiler. Auch hier wird die Leistungshyperbel knapp überschritten. Die maximale Ausgangsleistung beträgt nun ungefähr (180 Volt * 70 mA) / 8 = 1,57 Watt.

Wird die EL84 nicht bei 250 Volt betrieben, sondern wie sehr oft in den Radios nur bei 230 Volt Anodenspannung, dann wird bei beiden Fehlanpassungen die Leistungshyperbel nicht überschritten. Die Ausgangsleistung sind auf die Hälfte. Das macht einen Unterschied von -3 dB aus, den man kaum bemerken wird. Ausgangsleistungen von über einem Watt lassen sich mit mäßigen Verzerrungen auf jeden Fall noch erreichen, was für mehr als Zimmerlautstärke ausreichend ist. Die Überlegungen erklären auch, warum bei vielen Radios noch ein Zusatzlautsprecher parallel zum vorhanden geschaltet werden darf. Zudem ist wegen der Gegenkopplungsmaßnahmen, welche die Verzerrungen reduzieren, in der Praxis noch mehr Ausgangsleistung möglich.

Das Beispiel erklärt auch, dass man es bei der Wahl eines Ersatz-Übertragers hinsichtlich des Übersetzungsverhältnisses relativ großzügig sein darf. Impedanzen zwischen 4000 bis 8000 Ohm stellen nach grober Schätzung bei der EL84 offenbar kein Problem dar.

Was außerdem noch zu berücksichtigen wäre, ist die frequenzabhängige Impedanz des Lautsprechers. Für jede Tonfrequenz verläuft in Wirklichkeit die Arbeitsgerade etwas flacher oder steiler, wobei sie immer durch den Arbeitspunkt verläuft.

Was passiert, wenn die Anodenspannung zu klein ist? Durch einen verbrauchten Selengleichrichter oder eine verbrauchte Gleichrichterröhre kann die Betriebsspannung um 10% oder mehr sinken. Im nachfolgenden Beispiel habe ich die Betriebsspannung von 250 Volt auf 200 Volt abgesenkt, damit der Effekt deutlich zu sehen ist. Das sind sogar 20% weniger. Zudem ist die Betriebsspannung in alten Radios nicht stabilisiert. Sie schwankt also in Abhängigkeit von der Lautstärke und von der Netzspannung, die in manchen Gegenden starken Schwankungen ausgesetzt war.


Absenkung der Betriebsspannung um 20% durch Verschleiß des Selenbrückengleichrichters oder der Gleichrichterröhre(n). Rote Arbeitsgerade bei 250 Volt, grüne Arbeitsgerade bei 200 Volt.

Da es sich bei der Pentode um eine Konstantstromquelle handelt, muss der Arbeitspunkt einfach um 50 Volt nach links verschoben werden.  Der Anodenstrom bleibt ja fast gleich. In Wirklichkeit würde er wegen des endlichen Innenwiderstand Ri um einige mA geringer ausfallen, was aber im Prinzip keine Rolle spielt. Die Arbeitsgerade muss nur parallel auf den neuen Arbeitspunkt verschoben werden, denn Steigung der Arbeitsgerade ist nur vom Arbeitswiderstand abhängig, der sich ja nicht ändert. Wie man sieht, sind die Unterschiede so gering, dass selbst bei voller Lautstärke wahrscheinlich kein Unterschied zu bemerken wäre.

Das Beispiel zeigt auch, dass der Aufwand für eine elektronische Spannungsstabilisierung bei einer Röhrenendstufe keinen großen Sinn machen würde. Es reicht ein genügend großer Ladeelko im Netzteil, um die Anodenstromspitzen aufzufangen. Hat ein Radio einen Selengleichrichter, dann liegt am Ladelko kurz nach dem Einschalten die Betriebsspannung von etwa 380 Volt an, weil auf Grund der noch kalten Kathode kein Anodenstrom fließt. Der Ladeelko und der Siebelko müssen also für 380 Volt bemessen werden. Für die EL84 stellen diese Bedingungen aber kein Problem dar, denn der Arbeitspunkt liegt für einen kurzen Moment bei 380 Volt, wobei der Ruhestrom dabei nur 0 bis wenige mA beträgt. Wenn die Kathode kalt ist, kann noch kein nennenswerter Anodenstrom fließen.

Was passiert bei sehr niedrigen Anodenspannungen? Bei Anodenspannungen unter etwa 50 Volt und Anodenströmen über 50 mA kommt die Arbeitsgerade in einen Bereich hinein, in der der Innenwiderstand Ri der Pentode niedriger wird und sich bemerkbar macht. Ri muss dann rechnerisch der Ausgangslast RLast parallel geschaltet werden. Der gesamte Arbeitswiderstand wird dann in diesem Bereich niedriger. Die Arbeitsgerade wäre keine Gerade mehr, sondern in den linken 10% ihres Verlaufs nach oben verbogen. Verzerrungen wären die Folge. Eine EL84 braucht also hohe Spannungen für eine gute Leistungsverstärkung.

Windungsverhältnis des Ausgangsübertragers: Der Ausgangsübertrager soll die 8 Ohm des Lautsprechers auf auf die 5000 Ohm des Arbeitswiderstands transformieren. Dies entspricht einen Widerstandsverhältnis von 5000 / 8 = 625. Um auf das Windungsverhältnis zu kommen, müssen wir daraus noch die Wurzel ziehen. Die Wurzel aus 625 ist 25. Das Windungsverhältnis ist also 1:25. Die Primärwicklung hat 25-mal so viele Windungen wie die Sekundärwicklung.

Bemessung des Übertragers und der Windungszahlen: Dies ist unter http://www.mikrocontroller.net articles Transformatoren und Spulen ganz allgemein für Trafos und unter http://www.radiomuseum.org Ausgangsuebertrager_v11.pdf für NF-Ausgangsübertrager jeweils auf leicht verständliche Art beschrieben.

Der nichtideale Transformator: Der NF-Übertrager ist leider nicht ideal. Es gibt Wirbelstromverluste im Eisenmaterial, die den Wirkungsgrad herabsetzen. Die Kopplung zwischen den Wicklungen ist nicht 100%ig. Ein Teil der Wicklungsinduktivität kann dann deshalb als in Reihe zu den Anschlüssen des Trafos betrachtet werden. Diese Induktivitäten werden Streuinduktivitäten genannt. Sie setzen die obere Grenzfrequenz herab. Die Wicklungen selbst haben einen Ohmschen Widerstand durch den Widerstand des  Kuperdrahts, der ebenfalls in Reihe zu den Streuinduktivitäten gesetzt werden kann. Die endliche Wicklungsinduktivität dämpft die tiefen Frequenzen. Der Gleichstromanteil auf Grund des Anodenruhestoms, welcher durch den Transformator fließt, setzt diese Induktivität ebenfalls herab. Dies hängt von den Eigenschaften des Kernmaterials ab. Je höher also der Anodenruhestrom, desto weniger kommen die Bässe durch. Der Trafo muss deshalb größer gemacht werden. Günstiger ist in diesem Zusammenhang eine Gegentaktendstufe, denn bei ihr kompensieren sich die Ruheströme der beiden Endröhren. Schließlich kann bei hoher Aussteuerung eines zu klein bemessenen Transformators das Kernmaterial in die magnetische Sättigung geraten, wodurch nichtlineare Verzerrungen entstehen. Deshalb ist es in der Praxis nicht so einfach einen gut klingenden Ausgangsübertrager zu bauen. Mit der  Suche nach „Ersatzschaltbild Transformator“ finden sich sehr viele Beispiele und Erklärungen.

Können Netztrafos als NF-Ausgangsübertrager missbraucht werden? Ja, das geht. Allerdings ist die Klangqualität nicht immer brauchbar, weil die Höhen und Bässe nicht gut übertragen werden. Unter http://www.b-kainka.de/roehren/trafos.htm sind die Erfahrungen mit Netztrafos beschrieben.

Brummschleifen und sinnvolle Erdung: Dieses Thema wird unter http://www.valvewizard.co.uk/Grounding.pdf behandelt. Hier wird gezeigt, wie die Schaltungen zu erden sind und wie die Masseleitungen zu führen sind, damit es nicht aus dem Lautsprecher brummt.

Typische NF-Endstufe mit Gegenkopplung: Nachfolgend eine typische EL84-Endstufe mit den üblichen Gegenkopplungsmaßnahmen.


Typische NF-Endstufe eines Radios mit einer EL84. Im Prinzip einfach, aber das Schaltbild ist unübersichtlich gezeichnet.

Beschreibung: R28 am Steuergitter verhindert Schwingneigung im UKW-Bereich. R28 bildet zusammen mit der Elektrodenkapazität zwischen Steuergitter und Kathode ein Tiefpass.

R19 sorgt dafür, dass das Steuergitter durch die hochohmige Verbindung zur Masse (dicke Linie) eine Gleichspannung von 0 Volt „sieht“ und nicht in der Luft hängt. Selbst bei Gitteremission und anderen unerwünschen Ursachen für Gitterströme wird das Steuergitter auf Null gezwungen, wenn sich diese Gitterströme in Grenzen halten.

C67 ist der Koppelkondensator zum Steuergitter. Er gehört immer ausgetausscht, da an im meistens die Anodenspannung der Vorröhre anliegt. Ein eventuell hoher Leckstrom kann den Arbeitspunkt der Pentode unzulässig weit nach oben treiben.

R31: Durch ihn fließt der gesamte Kathodenstrom. Sein Spannungsabfall sorgt für eine negative Steuergittervorspannung. Durch den Spannungsabfall liegt die Kathode meistens auf etwa +7 Volt bei der EL84. Das Steuergitter liegt auf 0  Volt. Deshalb ist das Steuergitter um 7 Volt negativer als die Kathode.

C63 liegt parallel zum R31 und glättet die Spannung an der Kathode. Ohne C63 würde die Spannung an der Kathode im Takt des NF-Signal gegenläufig schwanken und der Eingangsspannung entgegenwirken. Ohne C63 würde eine Gegenkopplung durch den Kathodenstrom entstehen. Ist C63, der ein Elko ist, ausgetrocknet, weil er an Kapazität eingebüßt hat, dann werden die Bässe schwächer verstärkt.

C43 liegt parallel zur Primärwicklung des Ausgangsübertrager. C43 kompensiert den zunehmenden Blindwiderstand der Primärwicklung mit höher werdenden Frequenzen.

C65 ist zusammen mit dem rechten der beiden C64 der Ladeelko. Ihre Pluspole sind mit dem Pluspol des Netzgleichrichters verbunden. Hier liegt die Betriebsspannung von 230 bis 250 Volt für die Anode der EL84 an.

C64, linke Seite: Das ist der Siebelko. An seinem Pluspol ist das Schirmgitter angeschlossen und die restliche Anodenstromversorgung der übrigen Röhren des Empfängers.

R36 ist über eine Anzapfung mit der Primärwicklung des Ausgangsübertragers verbunden. Dadurch tritt eine Gegenkopplung und Brummkompensation ein. Über R63 fließt der gesamte Strom für die übrigen Anoden des Empfängers und der Schirmgitterstrom von etwa 5 mA der EL84 Dies sind zusammen etwa 30 mA.  Es fallen also etwa 30 Volt an R36 ab. R36 hat also 900 mW Verlustleistung.

R34 liegt zwischen Masse und der Kathode der Vorröhre. Von dieser Kathode führen R39, R41 und C44 zum Lautsprecher. Dadurch entsteht eine Gegenkopplung. Einerseits kann diese Gegenkopplung Verzerrungen des Ausgangsübertragers teilweise ausgleichen. Anderseits ist diese Gegenkopplung in vielen Schaltungen von der Stellung des Lautstärkeeinstellers abhängig und hebt bei leiser Einstellung etwas die Bässe an.

Klangqualität des Röhrenverstärkes: Mit Sicherheit sind diese frequenzabhängigen Gegenkopplungs-Maßnahmen von den damaligen Entwicklern durch Experimente dimensioniert worden. Für den Klang ist neben dem Lautsprecher und dem Übertrager noch das Gehäuse des Radios oder der Lautsprecherbox verantwortlich. Diese Einheit lässt sich kaum ohne Computerhilfe berechnen. Der Schwachpunkt eines Röhrenverstärkers ist der Ausgangsübertrager. Für den guten Klang sind die Lautsprecher natürlich auch noch entscheidend. Beides ist teuer. Zudem ist das subjektive Klangempfinden kaum mit mathematischen Formeln zu beschreiben, da selbst kulturelle Aspekte ein Rolle spielen. Japaner mögen zum Beispiel eine weniger starke Betonung der Bässe als Europäer. Dies alles bietet für Spekulationen darüber, was einen guten Röhrenverstärker ausmacht, einen weiten Raum für teilweise unsinnige Diskussionen, da jeder einen etwas anderen Hörgeschmack und eine andere Hörkurve hat. Einbildung kommt auch noch dazu. In der Verkaufspsychologie weiß man schon lange, dass genau der gleiche Wein mit einem höherem Verkauspreis vielen besser schmeckt als der billiger verkaufte. So ist es mit den Röhren auch, wenn sie teurer verkauft werden. Das eine hat mit dem anderen aber überhaupt nichts zu tun. Wenn man das aber weiß, kann man sich viel Geld sparen.