19.10.2016
Meine 40 Jahre alten Stereoanlage, die übrigens einen einwandfreien Klang besitzt, soll sich per Bluetooth mit meinem Smartphone verbinden können. Die auf dem Smartphone gespeicherte und die über das Smartphone gestreamte Musik kann dann die Stereoanlage drahtlos per Bluethooth-Verbindung wiedergeben.
Fast alle modernen Smartphones ermöglichen eine Bluetooth-Verbindung. Der alten Stereoanlage fehlt nur noch ein Bluetooth-Empfänger, der sich per Audiokabel mit der Stereoanlage verbinden lässt. Diese „Bluetooth-Music-Receiver“ findet man in der Bucht für weniger als 2 Euro, wenn sie ihre Stromversorgung über eine USB-Buchse beziehen. Die einzige Funktion des USB-Anschlusses besteht darin die 5 Volt für den Betrieb zu beschaffen.
Solche Bluetooth-Music-Receiver kosten inzwischen nur noch ein paar Euro. Der Preis ist inzwischen auf unter zwei Euro gefallen.
Kernstück meines Bauprojektes ist ein solcher Bluetooth-Music-Receiver, dem ich noch stabilisierte 5 Volt und ein Anti-RIAA-Filter spendierte, um den noch freien Plattenspielereingang verwenden zu können. Wer den Bluetooth-Audio-Receiver an den Tonbandeingang anschließt, braucht dieses Filter naürlich nicht.
Als Gehäuse diente das eines ausgedienten Telefonmodems. Da das Bastelprojekt im Wohnzimmer zu sehen ist, soll es ansprechend aussehen. Die Umsetzung des Aufbaus erfolgte mit der Manhattan-Style-Technik und viel Heißkleber, um die mechanischen Arbeiten so gering wie möglich zu halten.
Bluetooth-Receiver im Röhrenradio: Wer will, kann dieses Projekt auch in einem Röhrenradio realisieren und die 5 Volt aus der 6,3 Volt Heizspannung mit Hilfe einer Einweggleichrichtung und einer 5-Volt-Spannungstabilisierung verwirklichen. Dabei ist zu beachten, dass die Heizspannung einseitig mit der Masse verbunden ist. Parallel zur Gleichrichterdiode empfehle ich noch einen Entbrummkondensator von etwa 10 nF. Bei Monobetrieb sind die beiden Stereokanäle über zwei 100-Ohm-Widerstände zu verbinden. Für den Plattenspielereingang reicht dann das Anti-RIAA-Filter in Monoausführung.
Eine weitere Idee wäre die Kombination eines Bluetooth-Receivers mit einem nachgeschaltetem kleinen AM-Sender geringer Reichweite im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten der jeweiligen Länder, um die die alten Radios auf den AM-Bändern wieder zum Leben zu verhelfen. Der Vorteil liegt wieder darin, dass sich die Auswahl der Sender und der Musik vom Smartphone aus erfolgen kann.
Lohnt sich der Selbstbau: Nach meiner Recherche werden fast alle angebotenen Bluetooth-Audio-Receiver weder mit einem Netzteil noch mit den passenden Audiokabeln geliefert. Viele Bluetooth-Audio-Receiver besitzen einen eingebauten Akku, welcher sich über einen USB-Anschluss laden lässt. Die Standzeit beträgt meistens 7 bis 8 Stunden. Da alle auf dem Markt erhältlichen 5-Volt-Netzteile mit USB-Anschluss als Schaltnetzteile ausgeführt sind, können sie stören und während des Ladens durch Pfeifgeräusche die Bluetooth-Übertragung stören. Deshalb habe ich mich beim Selbstbau für ein analoges Netzteil entschieden, weil es nicht stören kann und ich mir keine Gedanken mehr über die Akkulaufzeit machen muss. Mehr dazu steht weiter unten im Artikel.
Bluetooth-Audio-Receiver mit einem Anti-RIAA-Filter habe ich vergeblich gesucht. Ein Anti-RIAA-Filter als Kaufobjekt habe nicht gefunden. Der Selbstbau scheint sich trotz des vielfältigen Angebots hier zu lohnen, wenn man eine Lösung nach den eigenen Vorstellungen umsetzen möchte. Zum Beispiel möchte ich den Kippschalter und die Leuchtdiode nicht missen. Abgesehen davon ist dieses Projekt eine Vorstudio für den Einbau von Bluetooth-Empfängern in Röhrenradios mit Plattenspieler-Eingang.
Klangqualität: An einer Stereoanlage mit relativ großen Boxen ist der Klang für meine Ohren einfach wunderbar und etwa mit der Qualität von Audio-CDs zu vergleichen, wenn die Bitrate der MP3-Files entsprechend hoch ist. Auf jeden Fall ist die Übertragungsqualität besser als bei einem UKW-Transmitter. Die Stereokanaltrennung ist im Gegensatz zu UKW perfekt. Es ist auch kein Rauschen zu vernehmen.
Nachfolgend ist der Werdegang des Bauprojekts in kommentierten Bildern festgehalten:
Das Gehäuse liefert ein defektes Telefon-Modem aus den 90er-Jahren, das über 10 Jahre in der Schrottkiste überlebte. Mit Bremsenreiniger lassen sich die Klebereste entfernen. Danach erfolgte eine Grundreinigung der Kunststoffteile mit Glasreiniger oder Spüli. Danach sieht das Gehäuse wieder wie neu aus.
Die Platine des Modems bewahren wir natürlich auf. Alleine schon der Audio-Übertrager ist interessant.
Der Deckel ist innen mit einer elektrisch leitenden Schicht zur Abschirmung versehen. Damals legte man noch Wert auf die elektromagnetische Verträglichkeit. Wir müssen diese Schicht abschaben, da sonst die Bluetooth-Verbindung schon nach einem Meter abbricht. Nach der Kratzerei ließen sich 7 Meter mühelos überbrücken.
Die alte Frontplatte dient als Schablone für eine Front aus Aluminiumblech.
Die neue Front aus poliertem Aluminium. Es fehlen noch die zwei Bohrungen für den Kippschalter und die Leuchtdiode.
Der Bluetooth-Empfänger kann zu Testzwecken auch an einem USB-Steckernetzteil seine 5 Volt erhalten. Allerdings war dann immer ein Pfeifton zu hören. Zum Ausprobieren kann auch ein Headset an der 3,5 mm Klinkenbuchse für den Ton sorgen.
Probleme mit der Spannungsversorgung durch Schaltnetzteile: Bei der Suche im Internet nach solchen und ähnlichen Bluetooth-Audio-Receivern ist mir aufgefallen, dass ich keine kostengünstigen Modelle unter 20 Euro gefunden habe, die mit einem Netzteil angeboten werden. Die etwas hochpreisigeren Modelle enthalten einen kleinen Akku, der einen Betrieb von 7 bis 10 Stunden erlaubt. Danach muss der Akku an einer USB-Schnittstelle wieder geladen werden. Nur die Modelle der „Oberklasse“ ab etwa 30 Euro kommen mit einem Netzteil daher. Warum diese Umständlichkeit mit einem eingebauten Akku? An einem Bluetooth-Kopfhörer macht der Akku natürlich Sinn, jedoch nicht für den Betrieb an stationären Geräten.
Durch den Akkubetrieb lassen sich zum einem Brummschleifen und Brummeinstreuungen vermeiden. Ein Netzteil hat trotz guter galvanischer Trennung immer noch eine kapazitive Verkopplung zum Stromnetz, die im ungünstigen Fall für einen Brumm verantwortlich sein kann.
Zum anderen gibt es fast nur noch 5-Volt-USB-Steckernetzteile, die als Schaltnetzteile ausgeführt sind. Diese Schaltnetzteile stören nach meinem Experimenten sehr oft die Elektronik des Bluetooth-Tranceivers, was sich durch einen etwa 6 bis 10 kHz hohen Pfeifton in den Lautsprechern bemerkbar machen kann. Dieser Pfeifton macht sich nach meinen Erfahrungen auch recht oft bemerkbar, wenn die USB-Buchse von PCs und Notebooks als Stromversorgung zum Einsatz kommt. Der Pfeifton ist für all jene störend, die die hohen Frequenzanteile noch wahrnehmen können. Da die USB-Schnittstelle oder das eingesetzte USB-Steckernetzteil ansonsten gut funktioniert und den Akku des Smartphones auflädt, gibt der Laie aller Wahrscheinlichkeit nach dem Bluetooth-Receiver die Schuld. Der Käufer wird eventuell einen Garantie-Anpruch geltend machen können.
Damit es garantiert nicht mehr pfeift, müsste die Industrie die Bluetooth-Receiver mit einer aufwendigen Filterung der Spannungsversorung nachrüsten oder mit einem relativ teuren Steckernetzteil anbieten. Dies würde den Preis auf jeden Fall deutlich in die Höhe treiben. Man bedenke, dass die eigentlich einwandfrei klingenden USB-Bluetooth-Receiver bereits für 2,5 Euro im Angebot sind. Bei solchen Preisen ist kein Spielraum mehr für ein einziges zusätzliches Bauteil. Gewickelte Spulen sind verhältnismäßig teuer.
Für den Bastler gibt es eine einfache Lösung. Abhilfe leistet der Einsatz eines kleinen Steckernetzteils, das noch einen Trafo enthält und einer nachgeschalteten längsgeregelten Stabilisierung für die 5 Volt, wie dies ganz einfach mit einem 7805 oder 78L05 und ein paar Kondensatoren umzusetzen ist. Hier sieht man, dass der Selbstbau in diesem Fall sehr zur Verbesserung eines an sich guten Produkts beiträgt.
Der Bluetooth-Empfänger befindet sich in zwei Halbschalen.
Die Bestückungsseite der Bluetooth-Receiver-Platine. Rechts ist die mäanderförmige Antenne in fraktaler Bauweise zu sehen. Sie muss natürlich nach oben zeigend angebracht sein.
Großansicht der Bestückungsseite des Bluetooth-Music-Receivers.
Hier sind die Anschlüsse zu erkennen. Der Masse-Anschluss erfolgt direkt am Metallkäfig des USB-Steckers, wobei der dicke Draht gleichzeitig für die mechanische Befestigung sorgt. Rotes Kabel: 5-Volt-Strom-Versorgung. Grünes und Gelbes Kabel: Die beiden Stereo-Ausgänge.
Der fertige Aufbau. Zwei Bohrungen auf der Frontplatte waren nötig. Ansonsten kommt keine einzige Schraubverbindung zum Einsatz, wenn man von der Schraubbefestigung des Kippschalters und den beiden Schrauben des Gehäuses absieht.
Ungeschönte Bastelpraxis bei der Suche nach einem Verdrahtungsfehler, weil nur ein Kanal zu hören war.
Nahaufnahme der Platine in der Manhattan-Style-Technik.
Das Netzteil für die stabilisierten 5 Volt.
Das Netzteil setzt die unstabiliserten 13 Volt (9 Volt steht drauf) Gleichspannung eines Steckernetzteils in stabilisierte 5 Volt um. Am Eingang und Ausgang des 7805 sind jeweils 100 uF und 100 nF anzubringen. Die rote LED erhält für den Betrieb an 5 Volt einen Vorwiderstand von etwa 390 Ohm. Mit dem kleinen Kippschalter lässt sich die Stromzuführung unterbrechen.
Die Rückseite mit dem analogen Steckernetzteil aus der Bastelkiste. Das Steckernetzteil liefert 300 mA.
Der Bluetooth-Empfänger ist so auf der Platine angebracht, dass seine Antenne nach oben zeigt.
Im Vordergrund das Anti-RIAA-Filter.
Die Schaltung eines Anti-RIAA-Filters für einen Kanal. Dieses Filter passt sowohl den Pegel als auch den Frequenzgang an den Plattenspieler-Eingang an.
Eine Zugentlastung für die Kabel darf keinesfalls fehlen. Dafür löte man auf die Platine einfach Drahtstücke, die man dann nach dem Abkühlen mit der Zange um die Kabel verzwirbelt. Für weniger robuste Ansprüche reicht das. Bei einem Netzkabel wäre ich vorsichtiger und zu einem Kabelbinder greifen.
Der fertige Bluetooth-Audio-Empfänger.
Praktischer Betrieb mit VLC: Als App auf meinem Smartphone setze ich VLC von Videolan ein. Mit VLC kann ich Musik streamen. VLC dient auch als Folder Player für MP3-Files und spielt alle MP3-Files eines Ordners der Reihe nach ab. Die Ordner befinden sich entweder auf dem Smartphone selbst oder auf einem anderen Rechner meines Netzwerks, welches VLC ebenfalls erkennt. Die Lautstärke lässt sich über das Smartphone einstellen. Für Videos, die ich über Youtube streame oder über VLC abspiele, funktioniert Bluetooth ebenfalls.
Klingelt das Telefon, schaltet sich die Musik automatisch ab. Eingehende Mails kündigen sich durch einen Hinweiston an.
Verschiedene Screenshots von VLC. Oben Links: VLC als Folder Player, oben Mitte: Webstreaming, oben Rechts: Auswahlmenü, unten: Webstreaming im Querformat. VLC für Android gibt es im Google Playstore kostenlos und werbefrei.