18. Dezember 2012
12 km südlich von Motala liegt auf dem freien Feld auf der Gemarkung von Orlunda der einst stärkste und letzte Langwellenrundfunksender Schwedens, welcher von 1962 bis bis 1991 in Betrieb war. Er ersetzte den alten Langwellensender in Motala.
Der Sender in Orlunda war in weiten Teilen Europas zu hören und hatte eine Leistung von 2 x 300 kW. Er bestand aus zwei Senderendstufen, die entweder parallel oder einzeln betrieben werden konnten. Fiel ein Sender aus, wurde automatisch auf den anderen umgeschaltet.
Die Antenne war eine schwedische Entwicklung und bestand aus einem 240 m hohen Mittelmast, um welchen ringförmig im Abstand von 630 m fünf 200 m hohe Masten angebracht waren. Alle Masten hatten einen Fußpunktisolator und wurden am Fußpunkt gespeist. Das Erdnetz bestand aus 500 km Kupferdraht, welches mit einem Spezialpflug so tief eingegraben wurde, dass die Fläche weiterhin für den Ackerbau genutzt werden kann.
Zum Schluss nur noch 200 Hörer: Einst für die Abdeckung von 7,5 Millionen Schweden geplant, wurde der Langwellensender aus Orlunda 1991 für immer abgeschaltet. Eine Untersuchung ergab nämlich, dass Orlunda nur noch 200 Hörer hatte. Der UKW-Rundfunk hatte den Langwellenrundfunk verdrängt. Ein Langwellensender dieser Größenordnung verursacht monatliche Betriebskosten von über 200.000 Euro.
Langwelle versus UKW: Schon in der Planungsphase des Langwellensenders begann die Einführung des UKW-Rundfunks, welche eine Konkurrenz für den Langwellenrundfunk darstellte. Doch zur damaligen Zeit wusste man noch nicht, dass man auch tragbare und batteriebetriebene Transitorradios bauen konnte, welche UKW empfangen werden können. Damals gab es noch keine erschwinglichen Transistoren für den UKW-Empfang, jedoch für Lang- und Mittelwelle. Für die Bevölkerung war es aber wichtig auch bei einem Stromausfall einen im Notfall empfangbaren Rundfunkempfang zur Verfügung stellen zu können. Dies war wahrscheinlich auch einen Grund, warum Schweden in einen Langwellensender investierte, statt das Geld für den schnelleren Ausbau des UKW-Sendernetzes auszugeben. Stromausfälle waren zudem in ländlichen Gebieten nach einem Unwetter die Regel, wenn ein Baum auf eine Oberleitung fiel und sie zerstörte. Zum Teil ist dies in einigen abgelegenen Gebieten noch immer noch der Fall. Heutzutage ist das Risiko eines Stromausfalls geringer, da immer mehr oberirdisch verlegte Kabel durch ein Stahlseil geschützt sind.
Rentabilitätsüberlegungen: Vor dem Baubeginn des Senders rechnete man vor, dass sich die Baukosten schnell armortisieren würden, da der neue Sender durch einen besseren Wirkungsgrad weniger Stromkosten als der alte Sender in Motala verursachen würde. Zudem können Personalkosten eingespart werden, da der neue Sender für einen unbemannten Betrieb über eine Fernsteuerung ausgelegt war. Tatsächlich wurde aber der Sender von einer im Sendergebäude anwesenden Person im Schichtbetrieb rund um die Uhr überwacht. Dazu mussten fünf Mitarbeiter angestellt werden.
Relikt des Kalten Krieges: Untergebracht ist der Sender in einem 40 mal 40 m großen, fensterlosen Bunker mit 1,5 m dicken Wänden aus Beton. Die bombensichere Unterbringung ist ein Relikt des Kalten Krieges, als sich Schweden politisch und militärisch als ein neutrales Land darstellte.
Vom Pech verfolgt: Der Sender war von Anfang an etwas vom Pech verfolgt. Schon während der Phase des Einmessens wurde der Sender in Orlunda durch einen Ostberliner Sender gestört, welcher mit 500 kW im Abstand von 6 kHz besonders in Südschweden den Empfang von Orlunda erheblich störte. Nach politischen Interventionen wich der Sender aus Ostberlin auf eine andere Frequenz.
1970 schlug ein Blitz in den Mittelmast ein und ein mit Öl gefüllter Isolator einer Abspannung fing Feuer. Das Seil riss und der 100 Tonnen schwere Mast stürzte auf den Bunker, welcher auf Grund seiner stabilen Konstruktion ohne nenenswerte Schäden davonkam. Der Mast wurde nie wieder aufgebaut.
Aufkauf durch einen ehemaligen Mitarbeiter: Vor 12 Jahren kaufte ein ehemaliger Mitarbeiter, welcher 39 Jahre lang den Sender im Bunker überwachte, seinen ebenso geliebten wie einsamen Arbeitsplatz auf, um ihn der Nachwelt zu erhalten. Gegen Voranmeldung kann der Bunker besucht werden.
Der Langwellensender in Orlunda ist in einem Bunker untergebracht. Der Mast, welcher heute neben dem Bunker steht, ist für den Mobilfunk im Einsatz (Bildquelle: Wikipedia).
Werdegang des Langwellenrundfunksenders Orlunda:
1954: Stellung des Antrags auf den Bau eines neuen Langwellensenders
1955: Bewilligung des Antrags
1958: Baubeginn
1961: Fertigstellung und Beginn des Einmessens und Anpassens der Antenne.
1962: Reguläre Inbetriebnahme und Einweihung.
1970: Einsturz des 250 m hohen Mittelmastes, der nicht ersetzt wurde.
1987: Sprenung drei weiterer Masten im Zuge einer Militärübung (siehe Video ganz unten).
1990: Der V8-Dieselmotor mit 1100 PS des Notstromaggregats erfährt einen Kolbenschaden.
1991: Endgültige Abschaltung des Senders.
1994: Abriss eines weiteren Masts.
1995: Abriss des letzten Masts.
2000: Aufkauf des Senders durch einen ehemaligen Mitarbeiter.
Interessante Links:
– Der Langwellensender Orlunda in Wikipedia
– Umfassende Informationen über Orlundas Langwellensender auf Schwedisch
Der Bunker des Langwellensenders Orlunda (Bild-Quelle: Wikipedia).
Rückseite des Bunkers, welcher hinter 1,5 m dicken Betonwänden den Sender Orlunda beherbergt. Rechts davon eine Mobilfunkantenne (Bildquelle: Wikipedia).
Eines der Antennenhäuschen für die Antennenmasten (Bild-Quelle: Wikipedia).
Vorderseite eines Antennenhäuschen, das mit Kupferplatten abgeschirmt ist (Bildquelle: Wikipedia).
Fudament für die Befestigung eines Abspannseils (Pardune) (Bild-Quelle: Wikipedia).
Teilansicht des Senders im Innern des Bunkers (Bildquelle: Wikipedia).
Teilansicht des Senders Orlunda im Bunker (Bild-Quelle: Wikipedia).
Prinzipschaltbild des Senders mit der Speisung der 6 Antennenmasten (Bildquelle: Wikipedia).
Noch mehr Bilder von Orlunda gibt es unter http://commons.wikimedia.org/ … /orlunda.
Größere Kartenansicht Der grüne Pfeil deutet auf den Standort des Langwellensenders in Orlunda, welcher von 1962 bis 1991 in Betrieb war.
Ab 1962 wurde die Langewelle aus dem 20 km südlich gelegenen Orlunda verbreitet. Auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges erbaut, wurde der Sender in einem bombensicheren Betonbunker untergebracht. 1991 kam auch das Aus für diesen Sender. Im Jahr 2000 kaufte der ehemalige Mitarbeiter Ragnar Gustafsson den Sender und damit seinen geliebten ehemaligen Arbeitsplatz.